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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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des Materiales, aus welchem die Kuppel construirt worden,
erkennt man die römische, in der Verarbeitung des Backstei-
nes unerreichte Bauschule. Auch entspringt Alles, was in
der Anlage des Ganzen als neu, oder als abweichend vom
Alterthümlichen erscheint, ganz offenbar aus der Aufgabe, je-
nen äußeren Anforderungen zu genügen, welche die Umstände
eben damals herbeygeführt hatten.

Unter veränderten Umständen konnten diese Anforderun-
gen, welche langezeit in Kraft geblieben, doch nicht mehr so
ganz dasselbe Resultat herbeyführen. Schon um Vieles klei-
ner war die Rotunde des Kaisers Basilius, im vorgerückten
Mittelalter die einzige, welche, in so fern, als sie den vor-
herrschenden Theil des Ganzen bildete, der Sophienkirche wohl
noch zu vergleichen stand. *) Aus der Beschreibung des Pho-
tius
wird indeß nicht klar, ob sie, gleich der Sophienkirche,
Seitengallerieen besaß; doch erwähnt er der Apsis und der
Vorhalle. Nach dem Reichthum der Incrustationen und mu-
sivischen Malereyen, war das Ganze mehr auf eine glänzende
Ausbildung verzierender Theile angelegt, als auf Größe in
den Dimensionen.

Ueberhaupt fehlte es dem späteren Mittelalter nothwen-
dig sowohl an der Kunst, als selbst an den Mitteln, Rotun-
den zu erbauen, welche in der Größe der Sophienkirche ver-
gleichbar wären. Die Ausdehnung der, als symbolisch, er-
forderlichen Rotunda mußte nach Maßgabe der Umstände im-
mer mehr sich verengen, hingegen die früher untergeordneten
Seitentheile anwachsen, bis endlich, was in der Sophienkirche

*) S. Photii, novae SS. Dei genitricis in palatio a Basilio Ma-
cedone extructae descriptio. ap. Bandur. Imp. or. T. I.

des Materiales, aus welchem die Kuppel conſtruirt worden,
erkennt man die roͤmiſche, in der Verarbeitung des Backſtei-
nes unerreichte Bauſchule. Auch entſpringt Alles, was in
der Anlage des Ganzen als neu, oder als abweichend vom
Alterthuͤmlichen erſcheint, ganz offenbar aus der Aufgabe, je-
nen aͤußeren Anforderungen zu genuͤgen, welche die Umſtaͤnde
eben damals herbeygefuͤhrt hatten.

Unter veraͤnderten Umſtaͤnden konnten dieſe Anforderun-
gen, welche langezeit in Kraft geblieben, doch nicht mehr ſo
ganz daſſelbe Reſultat herbeyfuͤhren. Schon um Vieles klei-
ner war die Rotunde des Kaiſers Baſilius, im vorgeruͤckten
Mittelalter die einzige, welche, in ſo fern, als ſie den vor-
herrſchenden Theil des Ganzen bildete, der Sophienkirche wohl
noch zu vergleichen ſtand. *) Aus der Beſchreibung des Pho-
tius
wird indeß nicht klar, ob ſie, gleich der Sophienkirche,
Seitengallerieen beſaß; doch erwaͤhnt er der Apſis und der
Vorhalle. Nach dem Reichthum der Incruſtationen und mu-
ſiviſchen Malereyen, war das Ganze mehr auf eine glaͤnzende
Ausbildung verzierender Theile angelegt, als auf Groͤße in
den Dimenſionen.

Ueberhaupt fehlte es dem ſpaͤteren Mittelalter nothwen-
dig ſowohl an der Kunſt, als ſelbſt an den Mitteln, Rotun-
den zu erbauen, welche in der Groͤße der Sophienkirche ver-
gleichbar waͤren. Die Ausdehnung der, als ſymboliſch, er-
forderlichen Rotunda mußte nach Maßgabe der Umſtaͤnde im-
mer mehr ſich verengen, hingegen die fruͤher untergeordneten
Seitentheile anwachſen, bis endlich, was in der Sophienkirche

*) S. Photii, novae SS. Dei genitricis in palatio a Basilio Ma-
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[194/0216] des Materiales, aus welchem die Kuppel conſtruirt worden, erkennt man die roͤmiſche, in der Verarbeitung des Backſtei- nes unerreichte Bauſchule. Auch entſpringt Alles, was in der Anlage des Ganzen als neu, oder als abweichend vom Alterthuͤmlichen erſcheint, ganz offenbar aus der Aufgabe, je- nen aͤußeren Anforderungen zu genuͤgen, welche die Umſtaͤnde eben damals herbeygefuͤhrt hatten. Unter veraͤnderten Umſtaͤnden konnten dieſe Anforderun- gen, welche langezeit in Kraft geblieben, doch nicht mehr ſo ganz daſſelbe Reſultat herbeyfuͤhren. Schon um Vieles klei- ner war die Rotunde des Kaiſers Baſilius, im vorgeruͤckten Mittelalter die einzige, welche, in ſo fern, als ſie den vor- herrſchenden Theil des Ganzen bildete, der Sophienkirche wohl noch zu vergleichen ſtand. *) Aus der Beſchreibung des Pho- tius wird indeß nicht klar, ob ſie, gleich der Sophienkirche, Seitengallerieen beſaß; doch erwaͤhnt er der Apſis und der Vorhalle. Nach dem Reichthum der Incruſtationen und mu- ſiviſchen Malereyen, war das Ganze mehr auf eine glaͤnzende Ausbildung verzierender Theile angelegt, als auf Groͤße in den Dimenſionen. Ueberhaupt fehlte es dem ſpaͤteren Mittelalter nothwen- dig ſowohl an der Kunſt, als ſelbſt an den Mitteln, Rotun- den zu erbauen, welche in der Groͤße der Sophienkirche ver- gleichbar waͤren. Die Ausdehnung der, als ſymboliſch, er- forderlichen Rotunda mußte nach Maßgabe der Umſtaͤnde im- mer mehr ſich verengen, hingegen die fruͤher untergeordneten Seitentheile anwachſen, bis endlich, was in der Sophienkirche *) S. Photii, novae SS. Dei genitricis in palatio a Basilio Ma- cedone extructae descriptio. ap. Bandur. Imp. or. T. I.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/216>, abgerufen am 30.11.2024.