Hingegen entdeckte ich Spuren alter Technik an den Ruinen einer anderen, von jener nur eine Miglie entfernten Kirche, S. Giulia, deren Gründung Lupi mit viel größerer Zuversicht in die Zeit der Königin Theodolinda versetzt. *) Auch dieses Gebäude ist im vorgerückteren Mittelalter mit unregelmäßiger Vermischung alter Werkstücke und schlechter Bruchsteine erneuert, erhöht, und erweitert worden. Allein demungeachtet zeigt sie auswärts am Sockel der drey Tri- bunen verschiedene Reihen schön behauener und trefflich ge- fügter Werkstücke von bedeutender Größe, denen man ein- räumen darf, daß sie der alten longobardischen Construction angehören. **)
Spuren derselben technischen Behandlung zeigen sich in den unteren Theilen verschiedener theils erweislich longobar- discher Anlagen. So zu Brescia im Kloster S. Giulia, wel- ches gegenwärtig zur Kaserne eingerichtet ist, an einer alten, nur gegen die Seitenstraße hin offenen, sonst rings von dem neuen Bau eingeschlossenen Kappelle. Ihr Grundriß bildet ein Quadrat, dessen Winkel nach oben abgestutzt sind, um zu der neueren Kuppel den Uebergang zu bilden. Von der Straße her sieht man bis auf drei Viertheile der ganzen Höhe viele antike Werkstücke von bedeutender Größe, darun- ter eins mit einem Bruchstücke römischer Inschrift. Sie sind indeß genau auf einander gepaßt, unterscheiden sich hierdurch von jenem Uebergange zum Gewölbe der Kuppel, welcher um
*) S. ders. das. Nr. 204.
**) S. das. Tab. I. et II. In dieser übrigens ziemlich genauen Abbildung sondert sich indeß die alte Construction nicht hinreichend von der neueren.
Hingegen entdeckte ich Spuren alter Technik an den Ruinen einer anderen, von jener nur eine Miglie entfernten Kirche, S. Giulia, deren Gruͤndung Lupi mit viel groͤßerer Zuverſicht in die Zeit der Koͤnigin Theodolinda verſetzt. *) Auch dieſes Gebaͤude iſt im vorgeruͤckteren Mittelalter mit unregelmaͤßiger Vermiſchung alter Werkſtuͤcke und ſchlechter Bruchſteine erneuert, erhoͤht, und erweitert worden. Allein demungeachtet zeigt ſie auswaͤrts am Sockel der drey Tri- bunen verſchiedene Reihen ſchoͤn behauener und trefflich ge- fuͤgter Werkſtuͤcke von bedeutender Groͤße, denen man ein- raͤumen darf, daß ſie der alten longobardiſchen Conſtruction angehoͤren. **)
Spuren derſelben techniſchen Behandlung zeigen ſich in den unteren Theilen verſchiedener theils erweislich longobar- diſcher Anlagen. So zu Breſcia im Kloſter S. Giulia, wel- ches gegenwaͤrtig zur Kaſerne eingerichtet iſt, an einer alten, nur gegen die Seitenſtraße hin offenen, ſonſt rings von dem neuen Bau eingeſchloſſenen Kappelle. Ihr Grundriß bildet ein Quadrat, deſſen Winkel nach oben abgeſtutzt ſind, um zu der neueren Kuppel den Uebergang zu bilden. Von der Straße her ſieht man bis auf drei Viertheile der ganzen Hoͤhe viele antike Werkſtuͤcke von bedeutender Groͤße, darun- ter eins mit einem Bruchſtuͤcke roͤmiſcher Inſchrift. Sie ſind indeß genau auf einander gepaßt, unterſcheiden ſich hierdurch von jenem Uebergange zum Gewoͤlbe der Kuppel, welcher um
*) S. derſ. daſ. Nr. 204.
**) S. daſ. Tab. I. et II. In dieſer übrigens ziemlich genauen Abbildung ſondert ſich indeß die alte Conſtruction nicht hinreichend von der neueren.
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Hingegen entdeckte ich Spuren alter Technik an den
Ruinen einer anderen, von jener nur eine Miglie entfernten
Kirche, S. Giulia, deren Gruͤndung Lupi mit viel groͤßerer
Zuverſicht in die Zeit der Koͤnigin Theodolinda verſetzt. *)
Auch dieſes Gebaͤude iſt im vorgeruͤckteren Mittelalter mit
unregelmaͤßiger Vermiſchung alter Werkſtuͤcke und ſchlechter
Bruchſteine erneuert, erhoͤht, und erweitert worden. Allein
demungeachtet zeigt ſie auswaͤrts am Sockel der drey Tri-
bunen verſchiedene Reihen ſchoͤn behauener und trefflich ge-
fuͤgter Werkſtuͤcke von bedeutender Groͤße, denen man ein-
raͤumen darf, daß ſie der alten longobardiſchen Conſtruction
angehoͤren. **)
Spuren derſelben techniſchen Behandlung zeigen ſich in
den unteren Theilen verſchiedener theils erweislich longobar-
diſcher Anlagen. So zu Breſcia im Kloſter S. Giulia, wel-
ches gegenwaͤrtig zur Kaſerne eingerichtet iſt, an einer alten,
nur gegen die Seitenſtraße hin offenen, ſonſt rings von dem
neuen Bau eingeſchloſſenen Kappelle. Ihr Grundriß bildet
ein Quadrat, deſſen Winkel nach oben abgeſtutzt ſind, um zu
der neueren Kuppel den Uebergang zu bilden. Von der
Straße her ſieht man bis auf drei Viertheile der ganzen
Hoͤhe viele antike Werkſtuͤcke von bedeutender Groͤße, darun-
ter eins mit einem Bruchſtuͤcke roͤmiſcher Inſchrift. Sie ſind
indeß genau auf einander gepaßt, unterſcheiden ſich hierdurch
von jenem Uebergange zum Gewoͤlbe der Kuppel, welcher um
*) S. derſ. daſ. Nr. 204.
**) S. daſ. Tab. I. et II. In dieſer übrigens ziemlich genauen
Abbildung ſondert ſich indeß die alte Conſtruction nicht hinreichend
von der neueren.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/196>, abgerufen am 29.07.2024.
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