Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.wagt. Freylich besaß er wenig gelehrte Bildung; allein Ge- Hingegen war der Günstling der Literärgeschichte, Leo X., Nachdem Raphael die Unternehmung Julius II. im wagt. Freylich beſaß er wenig gelehrte Bildung; allein Ge- Hingegen war der Guͤnſtling der Literaͤrgeſchichte, Leo X., Nachdem Raphael die Unternehmung Julius II. im <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0145" n="123"/> wagt. Freylich beſaß er wenig gelehrte Bildung; allein Ge-<lb/> nialitaͤt und Energie des Willens brachte dafuͤr in ſein Ver-<lb/> haͤltniß zu <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName>, zum <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118582143">Buonarota</persName>: Vorausſicht deſſen, was<lb/> ihrem Talent erreichbar, Glauben an die Moͤglichkeit des noch<lb/> Unerprobten, Muth zu den groͤßten Unternehmungen, endlich<lb/> die Kraft, vor Zerſplitterungen ſich zu bewahren, welche fuͤr<lb/> das Große ſchwachen Charakteren die Mittel entziehn.</p><lb/> <p>Hingegen war der Guͤnſtling der Literaͤrgeſchichte, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118640437">Leo <hi rendition="#aq">X.</hi></persName>,<lb/> zwar ein vielſeitig gebildeter Herr, allein weder, gleich jenem,<lb/> ein politiſcher, noch uͤberhaupt ein Charakter <note place="foot" n="*)">S. ſeine Lobredner, den <hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/123353483">Ammirato</persName>, opuscoli, vita dì <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118640437">Leone X.</persName>,</hi><lb/> oder <hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117594261">Roscoe </persName>, life of <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118640437">Leo X.</persName></hi></note>. Neben ge-<lb/> lehrten Forſchungen, Muſik und bildender Kunſt ergoͤtzte ihn<lb/> gelegentlich auch die Thorheit; in dem Gedraͤnge der fuͤr die<lb/> kirchliche Stiftung erfolgreichſten Begebenheiten behielt das<lb/> beſchraͤnkte Intereſſe ſeines Hauſes fuͤr ihn mehr Wichtigkeit,<lb/> als mit den Pflichten ſeiner Stellung, mit Gerechtigkeit und<lb/> Dankbarkeit vertraͤglich war. Die Zerſplitterung ſeiner Theil-<lb/> nahme, mit daraus hervorgehender Vergeudung ſeiner uner-<lb/> meßlichen Huͤlfsquellen, hinderte ihn, ſeinen kuͤnſtleriſchen Un-<lb/> nehmungen in der Anlage Großartigkeit, in der Ausfuͤhrung<lb/> Nachdruck zu geben. Wenn daher Julius die Zeit und Pro-<lb/> ductionskraft <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphaels</persName>, wie wir geſehen haben, ganz in An-<lb/> ſpruch genommen, fuͤr kleinere Arbeiten ihm wenig Muße ge-<lb/> laſſen hatte, verwendete hingegen der Kuͤnſtler unter <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118640437">Leo</persName> ſeine<lb/> beſten Kraͤfte ganz an untergeordnete Werke fuͤr entlegene<lb/> Kirchen und beguͤterte Einzelne.</p><lb/> <p>Nachdem <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> die Unternehmung <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118714090">Julius <hi rendition="#aq">II.</hi></persName> im<lb/> Sinne der erſten Anlage ergaͤnzt hatte, malte er bis zu ſei-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0145]
wagt. Freylich beſaß er wenig gelehrte Bildung; allein Ge-
nialitaͤt und Energie des Willens brachte dafuͤr in ſein Ver-
haͤltniß zu Raphael, zum Buonarota: Vorausſicht deſſen, was
ihrem Talent erreichbar, Glauben an die Moͤglichkeit des noch
Unerprobten, Muth zu den groͤßten Unternehmungen, endlich
die Kraft, vor Zerſplitterungen ſich zu bewahren, welche fuͤr
das Große ſchwachen Charakteren die Mittel entziehn.
Hingegen war der Guͤnſtling der Literaͤrgeſchichte, Leo X.,
zwar ein vielſeitig gebildeter Herr, allein weder, gleich jenem,
ein politiſcher, noch uͤberhaupt ein Charakter *). Neben ge-
lehrten Forſchungen, Muſik und bildender Kunſt ergoͤtzte ihn
gelegentlich auch die Thorheit; in dem Gedraͤnge der fuͤr die
kirchliche Stiftung erfolgreichſten Begebenheiten behielt das
beſchraͤnkte Intereſſe ſeines Hauſes fuͤr ihn mehr Wichtigkeit,
als mit den Pflichten ſeiner Stellung, mit Gerechtigkeit und
Dankbarkeit vertraͤglich war. Die Zerſplitterung ſeiner Theil-
nahme, mit daraus hervorgehender Vergeudung ſeiner uner-
meßlichen Huͤlfsquellen, hinderte ihn, ſeinen kuͤnſtleriſchen Un-
nehmungen in der Anlage Großartigkeit, in der Ausfuͤhrung
Nachdruck zu geben. Wenn daher Julius die Zeit und Pro-
ductionskraft Raphaels, wie wir geſehen haben, ganz in An-
ſpruch genommen, fuͤr kleinere Arbeiten ihm wenig Muße ge-
laſſen hatte, verwendete hingegen der Kuͤnſtler unter Leo ſeine
beſten Kraͤfte ganz an untergeordnete Werke fuͤr entlegene
Kirchen und beguͤterte Einzelne.
Nachdem Raphael die Unternehmung Julius II. im
Sinne der erſten Anlage ergaͤnzt hatte, malte er bis zu ſei-
*) S. ſeine Lobredner, den Ammirato, opuscoli, vita dì Leone X.,
oder Roscoe , life of Leo X.
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