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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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zählte er in dessen erster Ausgabe *): "es sey, als Michelan-
gelo
durch die Flucht nach Florenz dem Unwillen des Pabstes
sich entzogen habe, dessen halbbeendigte Arbeit in der Sixtina
dem Raphael heimlich gezeigt worden, worauf dieser letzte so-
gleich aus dem Gesehenen für seine Kunst Vortheil gezogen."
Die Deckengemälde der sixtinischen Kappelle können indeß,
selbst nach des Vasari anderweitigen Angaben, nicht vor dem
J. 1509 in Anregung gekommen seyn; die Briefe aber, welche Ju-
lius II.
gelegentlich seines Unfriedens mit dem Buonaroti an die
florentinische Obrigkeit schreiben ließ, fallen in das J. 1506 **).
Diese Unvereinbarkeiten mögen dem Vasari mit Schärfe ge-
rügt worden seyn; denn in der zweyten Ausgabe seiner Künst-
lerleben ***) suchte er sich aus der Sache zu ziehn, indem er
zuerst die richtige, oder doch wahrscheinlichere Veranlassung
erzählt, welche er von Michelangelo selbst erfragt haben
konnte +), dann aber sein altes, unhaltbares Mährchen

*) Firenze, Torrigiani, 1550. 8. P. III. p. 964.
**) Raccolta di lettere sulla pitt. etc. ed. Milano, 1822. 8. Vol.
III. p. 472. dd. 8. Julii 1506.
***) Fir, Giunti, 1568. 4. P. III. p. 728.
+) "Wegen verweigerten freyen Zutrittes zum Pabste sey der Künst-
ler unwillig geworden und habe, dem verletzten Selbstgefühle nachgebend,
eilig nach Florenz sich zurückgezogen." Dieses stimmt auch besser mit
dem Ausdrucke der Briefe des Pabstes: Michael Angelus sculptor, qui
a nobis leviter et inconsulte discessit,
zu der Versöhnungsscene
bey Vasari (vita di Michel Agnuolo, ed. P. ce. p. 729.). In beiden
erscheint der Künstler als der Beleidigte, Schmollende; hingegen wäre
er nach jener anderen Erzählung des Vasari vielmehr selbst der Beleidi-
ger, indem er, wie es lautet, den Pabst in der Sixtina durch einen her-
abgeworfenen Balken erschreckt und um Weniges sogar erschlagen hätte.

zaͤhlte er in deſſen erſter Ausgabe *): „es ſey, als Michelan-
gelo
durch die Flucht nach Florenz dem Unwillen des Pabſtes
ſich entzogen habe, deſſen halbbeendigte Arbeit in der Sixtina
dem Raphael heimlich gezeigt worden, worauf dieſer letzte ſo-
gleich aus dem Geſehenen fuͤr ſeine Kunſt Vortheil gezogen.“
Die Deckengemaͤlde der ſixtiniſchen Kappelle koͤnnen indeß,
ſelbſt nach des Vaſari anderweitigen Angaben, nicht vor dem
J. 1509 in Anregung gekommen ſeyn; die Briefe aber, welche Ju-
lius II.
gelegentlich ſeines Unfriedens mit dem Buonaroti an die
florentiniſche Obrigkeit ſchreiben ließ, fallen in das J. 1506 **).
Dieſe Unvereinbarkeiten moͤgen dem Vaſari mit Schaͤrfe ge-
ruͤgt worden ſeyn; denn in der zweyten Ausgabe ſeiner Kuͤnſt-
lerleben ***) ſuchte er ſich aus der Sache zu ziehn, indem er
zuerſt die richtige, oder doch wahrſcheinlichere Veranlaſſung
erzaͤhlt, welche er von Michelangelo ſelbſt erfragt haben
konnte †), dann aber ſein altes, unhaltbares Maͤhrchen

*) Firenze, Torrigiani, 1550. 8. P. III. p. 964.
**) Raccolta di lettere sulla pitt. etc. ed. Milano, 1822. 8. Vol.
III. p. 472. dd. 8. Julii 1506.
***) Fir, Giunti, 1568. 4. P. III. p. 728.
†) „Wegen verweigerten freyen Zutrittes zum Pabſte ſey der Künſt-
ler unwillig geworden und habe, dem verletzten Selbſtgefühle nachgebend,
eilig nach Florenz ſich zurückgezogen.“ Dieſes ſtimmt auch beſſer mit
dem Ausdrucke der Briefe des Pabſtes: Michael Angelus sculptor, qui
a nobis leviter et inconsulte discessit,
zu der Verſöhnungsſcene
bey Vaſari (vita di Michel Agnuolo, ed. P. ce. p. 729.). In beiden
erſcheint der Künſtler als der Beleidigte, Schmollende; hingegen wäre
er nach jener anderen Erzählung des Vaſari vielmehr ſelbſt der Beleidi-
ger, indem er, wie es lautet, den Pabſt in der Sixtina durch einen her-
abgeworfenen Balken erſchreckt und um Weniges ſogar erſchlagen hätte.
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[91/0113] zaͤhlte er in deſſen erſter Ausgabe *): „es ſey, als Michelan- gelo durch die Flucht nach Florenz dem Unwillen des Pabſtes ſich entzogen habe, deſſen halbbeendigte Arbeit in der Sixtina dem Raphael heimlich gezeigt worden, worauf dieſer letzte ſo- gleich aus dem Geſehenen fuͤr ſeine Kunſt Vortheil gezogen.“ Die Deckengemaͤlde der ſixtiniſchen Kappelle koͤnnen indeß, ſelbſt nach des Vaſari anderweitigen Angaben, nicht vor dem J. 1509 in Anregung gekommen ſeyn; die Briefe aber, welche Ju- lius II. gelegentlich ſeines Unfriedens mit dem Buonaroti an die florentiniſche Obrigkeit ſchreiben ließ, fallen in das J. 1506 **). Dieſe Unvereinbarkeiten moͤgen dem Vaſari mit Schaͤrfe ge- ruͤgt worden ſeyn; denn in der zweyten Ausgabe ſeiner Kuͤnſt- lerleben ***) ſuchte er ſich aus der Sache zu ziehn, indem er zuerſt die richtige, oder doch wahrſcheinlichere Veranlaſſung erzaͤhlt, welche er von Michelangelo ſelbſt erfragt haben konnte †), dann aber ſein altes, unhaltbares Maͤhrchen *) Firenze, Torrigiani, 1550. 8. P. III. p. 964. **) Raccolta di lettere sulla pitt. etc. ed. Milano, 1822. 8. Vol. III. p. 472. dd. 8. Julii 1506. ***) Fir, Giunti, 1568. 4. P. III. p. 728. †) „Wegen verweigerten freyen Zutrittes zum Pabſte ſey der Künſt- ler unwillig geworden und habe, dem verletzten Selbſtgefühle nachgebend, eilig nach Florenz ſich zurückgezogen.“ Dieſes ſtimmt auch beſſer mit dem Ausdrucke der Briefe des Pabſtes: Michael Angelus sculptor, qui a nobis leviter et inconsulte discessit, zu der Verſöhnungsſcene bey Vaſari (vita di Michel Agnuolo, ed. P. ce. p. 729.). In beiden erſcheint der Künſtler als der Beleidigte, Schmollende; hingegen wäre er nach jener anderen Erzählung des Vaſari vielmehr ſelbſt der Beleidi- ger, indem er, wie es lautet, den Pabſt in der Sixtina durch einen her- abgeworfenen Balken erſchreckt und um Weniges ſogar erſchlagen hätte.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/113>, abgerufen am 27.11.2024.