Mantua für Giulio Romano und Tizian, der Medi- zeer zu Florenz für die Regierungen Leo X. und Cle- mens VII., endlich einige Handschriften besonders der florentinischen Bibliotheken. Nicht ohne Hoffnung war ich, auch in dem Hause Baglioni, selbst in Rom, ei- niges noch Ungenutzte aufzufinden. Ich kehrte in der Absicht, diese Quellen zu benutzen, nach Italien zu- rück. In den ersten Monaten meines neuen Aufent- haltes fesselten mich Unfälle; in der Folge verwickelte ich mich in verschiedene Besorgungen für das König- liche Museum zu Berlin, welche mich früher, als ich anfänglich bestimmt hatte, an die deutsche Grenze und in die Heimath zurückführten.
Der Wunsch, die Geschichte Raphaels und seiner großen Zeitgenossen durch bisher unbeachtete That- sachen zu bereichern, das Ungewisse und Irrige aus Quellen erster Hand festzustellen und zu berichtigen, mußte demnach, da zur Rückkehr in meine andere Hei- math wenig Hoffnung ist, vielleicht für immer aufgege- ben werden. Doch belehrten mich verschiedene Werke, welche über Raphael auch ohne Zuziehung noch un- benutzter Quellen verfaßt worden sind, daß es so vie- ler Vorarbeiten nicht bedürfe, daß Jeder aus seinem Gesichtspunkte über den allgemeinen Charakter und die besonderen Werke Raphaels viel Neues auffassen und aussagen könne.
Unter diesen Werken ist das älteste: Braun, G. Chr., Raphaels Leben und Werke, Wies-
Mantua für Giulio Romano und Tizian, der Medi- zeer zu Florenz für die Regierungen Leo X. und Cle- mens VII., endlich einige Handſchriften beſonders der florentiniſchen Bibliotheken. Nicht ohne Hoffnung war ich, auch in dem Hauſe Baglioni, ſelbſt in Rom, ei- niges noch Ungenutzte aufzufinden. Ich kehrte in der Abſicht, dieſe Quellen zu benutzen, nach Italien zu- rück. In den erſten Monaten meines neuen Aufent- haltes feſſelten mich Unfälle; in der Folge verwickelte ich mich in verſchiedene Beſorgungen für das König- liche Muſeum zu Berlin, welche mich früher, als ich anfänglich beſtimmt hatte, an die deutſche Grenze und in die Heimath zurückführten.
Der Wunſch, die Geſchichte Raphaels und ſeiner großen Zeitgenoſſen durch bisher unbeachtete That- ſachen zu bereichern, das Ungewiſſe und Irrige aus Quellen erſter Hand feſtzuſtellen und zu berichtigen, mußte demnach, da zur Rückkehr in meine andere Hei- math wenig Hoffnung iſt, vielleicht für immer aufgege- ben werden. Doch belehrten mich verſchiedene Werke, welche über Raphael auch ohne Zuziehung noch un- benutzter Quellen verfaßt worden ſind, daß es ſo vie- ler Vorarbeiten nicht bedürfe, daß Jeder aus ſeinem Geſichtspunkte über den allgemeinen Charakter und die beſonderen Werke Raphaels viel Neues auffaſſen und ausſagen könne.
Unter dieſen Werken iſt das älteſte: Braun, G. Chr., Raphaels Leben und Werke, Wies-
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[V/0011]
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florentiniſchen Bibliotheken. Nicht ohne Hoffnung war
ich, auch in dem Hauſe Baglioni, ſelbſt in Rom, ei-
niges noch Ungenutzte aufzufinden. Ich kehrte in der
Abſicht, dieſe Quellen zu benutzen, nach Italien zu-
rück. In den erſten Monaten meines neuen Aufent-
haltes feſſelten mich Unfälle; in der Folge verwickelte
ich mich in verſchiedene Beſorgungen für das König-
liche Muſeum zu Berlin, welche mich früher, als ich
anfänglich beſtimmt hatte, an die deutſche Grenze und
in die Heimath zurückführten.
Der Wunſch, die Geſchichte Raphaels und ſeiner
großen Zeitgenoſſen durch bisher unbeachtete That-
ſachen zu bereichern, das Ungewiſſe und Irrige aus
Quellen erſter Hand feſtzuſtellen und zu berichtigen,
mußte demnach, da zur Rückkehr in meine andere Hei-
math wenig Hoffnung iſt, vielleicht für immer aufgege-
ben werden. Doch belehrten mich verſchiedene Werke,
welche über Raphael auch ohne Zuziehung noch un-
benutzter Quellen verfaßt worden ſind, daß es ſo vie-
ler Vorarbeiten nicht bedürfe, daß Jeder aus ſeinem
Geſichtspunkte über den allgemeinen Charakter und die
beſonderen Werke Raphaels viel Neues auffaſſen und
ausſagen könne.
Unter dieſen Werken iſt das älteſte: Braun,
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. V. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/11>, abgerufen am 29.07.2024.
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