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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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also in seinen letzten Lebensjahren wirklich vorgestanden. Ob
nun die Erfindung, welche sicher lobenswerth und für ein
italienisches Gebäude von ziemlich reinem Gothischen ist, ganz
ihm selbst angehöre, oder in einer der Berathungen, deren
Protocolle in den Archiven italienischer Domgebäude sich vor-
finden, besprochen, abgeändert und umgegossen worden, wage
ich um so weniger zu entscheiden, da ich weder die noch un-
geordneten Pergamentrollen des florentinischen Domarchives,
noch das Archiv der Riformagioni derselben Stadt habe ein-
sehn können, an welchen Stellen die älteren Quellen der Ge-
schichte dieses Gebäudes enthalten sind. Doch leuchtet aus
dem Bekannten unter allen Umständen so viel hervor, daß
Giotto viele zur Baukunst gehörende Hülfskenntnisse besessen,
also nicht allein ein geschickter und fruchtbarer, sondern auch
ein vielseitiger Künstler gewesen ist. Wenn wir den Ghiberti
hören wollen, so verstand er sich sogar auf die Bildnerkunst.
"Die ersten Vorstellungen, sagt Ghiberti, unter denen, welche
an seinem Bauwerke, dem Thurme des Domes, angebracht
sind, hat er mit eigener Hand gemeißelt und gezeichnet." *)
Doch scheint das nachstehende, gezeichnet, entworfen, eher eine
Berichtigung des vorangehenden "gemeißelt" zu seyn, als ein
Zusatz; und es ist zu bezweifeln, daß er sich noch so spät auf
eine Arbeit verlegt habe, deren Technik dazumal um so viel
größeren Schwierigkeiten unterlag, als ihr Mechanismus noch

*) Cod. cit. fo. 8. -- "Le prime storie (che) sono nello edi-
ficio, il quale fu da lui edificato del campanile di sta Reparata,
furono di sua mano scolpite e disegnate
. -- Das. fo. 9. a. t.
von denselben Bildwerken: "Giotto, si dice, sculpi le prime due
storie."
-- Also war Ghiberti hier seiner Sache nicht so ganz
gewiß.

alſo in ſeinen letzten Lebensjahren wirklich vorgeſtanden. Ob
nun die Erfindung, welche ſicher lobenswerth und fuͤr ein
italieniſches Gebaͤude von ziemlich reinem Gothiſchen iſt, ganz
ihm ſelbſt angehoͤre, oder in einer der Berathungen, deren
Protocolle in den Archiven italieniſcher Domgebaͤude ſich vor-
finden, beſprochen, abgeaͤndert und umgegoſſen worden, wage
ich um ſo weniger zu entſcheiden, da ich weder die noch un-
geordneten Pergamentrollen des florentiniſchen Domarchives,
noch das Archiv der Riformagioni derſelben Stadt habe ein-
ſehn koͤnnen, an welchen Stellen die aͤlteren Quellen der Ge-
ſchichte dieſes Gebaͤudes enthalten ſind. Doch leuchtet aus
dem Bekannten unter allen Umſtaͤnden ſo viel hervor, daß
Giotto viele zur Baukunſt gehoͤrende Huͤlfskenntniſſe beſeſſen,
alſo nicht allein ein geſchickter und fruchtbarer, ſondern auch
ein vielſeitiger Kuͤnſtler geweſen iſt. Wenn wir den Ghiberti
hoͤren wollen, ſo verſtand er ſich ſogar auf die Bildnerkunſt.
„Die erſten Vorſtellungen, ſagt Ghiberti, unter denen, welche
an ſeinem Bauwerke, dem Thurme des Domes, angebracht
ſind, hat er mit eigener Hand gemeißelt und gezeichnet.“ *)
Doch ſcheint das nachſtehende, gezeichnet, entworfen, eher eine
Berichtigung des vorangehenden „gemeißelt“ zu ſeyn, als ein
Zuſatz; und es iſt zu bezweifeln, daß er ſich noch ſo ſpaͤt auf
eine Arbeit verlegt habe, deren Technik dazumal um ſo viel
groͤßeren Schwierigkeiten unterlag, als ihr Mechanismus noch

*) Cod. cit. fo. 8. — „Le prime storie (che) sono nello edi-
ficio, il quale fu da lui edificato del campanile di sta Reparata,
furono di sua mano scolpite e disegnate
. — Daſ. fo. 9. a. t.
von denſelben Bildwerken: Giotto, si dice, sculpi le prime due
storie.“
— Alſo war Ghiberti hier ſeiner Sache nicht ſo ganz
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[71/0089] alſo in ſeinen letzten Lebensjahren wirklich vorgeſtanden. Ob nun die Erfindung, welche ſicher lobenswerth und fuͤr ein italieniſches Gebaͤude von ziemlich reinem Gothiſchen iſt, ganz ihm ſelbſt angehoͤre, oder in einer der Berathungen, deren Protocolle in den Archiven italieniſcher Domgebaͤude ſich vor- finden, beſprochen, abgeaͤndert und umgegoſſen worden, wage ich um ſo weniger zu entſcheiden, da ich weder die noch un- geordneten Pergamentrollen des florentiniſchen Domarchives, noch das Archiv der Riformagioni derſelben Stadt habe ein- ſehn koͤnnen, an welchen Stellen die aͤlteren Quellen der Ge- ſchichte dieſes Gebaͤudes enthalten ſind. Doch leuchtet aus dem Bekannten unter allen Umſtaͤnden ſo viel hervor, daß Giotto viele zur Baukunſt gehoͤrende Huͤlfskenntniſſe beſeſſen, alſo nicht allein ein geſchickter und fruchtbarer, ſondern auch ein vielſeitiger Kuͤnſtler geweſen iſt. Wenn wir den Ghiberti hoͤren wollen, ſo verſtand er ſich ſogar auf die Bildnerkunſt. „Die erſten Vorſtellungen, ſagt Ghiberti, unter denen, welche an ſeinem Bauwerke, dem Thurme des Domes, angebracht ſind, hat er mit eigener Hand gemeißelt und gezeichnet.“ *) Doch ſcheint das nachſtehende, gezeichnet, entworfen, eher eine Berichtigung des vorangehenden „gemeißelt“ zu ſeyn, als ein Zuſatz; und es iſt zu bezweifeln, daß er ſich noch ſo ſpaͤt auf eine Arbeit verlegt habe, deren Technik dazumal um ſo viel groͤßeren Schwierigkeiten unterlag, als ihr Mechanismus noch *) Cod. cit. fo. 8. — „Le prime storie (che) sono nello edi- ficio, il quale fu da lui edificato del campanile di sta Reparata, furono di sua mano scolpite e disegnate. — Daſ. fo. 9. a. t. von denſelben Bildwerken: „Giotto, si dice, sculpi le prime due storie.“ — Alſo war Ghiberti hier ſeiner Sache nicht ſo ganz gewiß.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/89>, abgerufen am 27.11.2024.