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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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nete sich's, daß ein ungebildeter Handwerksmann, welcher
wahrscheinlich ein Amt antreten sollte *) und auf den Ein-
fall gekommen war, sein Wappenschild malen zu lassen,
gradezu mit Einem, der ihm das leere Schild nachtrug, in
die Werkstätte des Giotto eintrat. Grüß Dich Gott, Meister,
sagte er zu Giotto, den er angetroffen; ich möchte, Du mal-
test meine Wappen. Giotto, der sich den Mann und die Manie-
ren ansah, antwortete rund: wann soll die Arbeit fertig seyn?
und sagte, als er die Zeit erfahren: laß mich nur machen;
worauf jener fortging.

Giotto dachte nun bey sich selbst: hat man mir den
Burschen zugeschickt, um mich zu foppen? in meinem Leben
ist mir noch kein Wappenschild zugetragen worden. -- Hier-
auf bemalt er ihm das Schild mit allerley Wappenstücken,
Helm, Küraß, Schwerdt und Lanze, geräth darüber mit Jenem
in Streit und gewinnt, weil er besser bey Worte, den Pro-
ceß. Dieser Scherz, der auf dem Doppelsinne des Wortes,
arme, beruhet, zeigt uns den Giotto etwas eifersüchtiger auf
seine Malerehre, als Boccaccio ihn sich dachte; übrigens er-
scheint er auch hier, wie dort, gewandt und weltverständig,
des Ausdruckes mächtig und schnell im sich Besinnen und
Beschließen. Diese Charakterzüge steigern sich in einer zwey-
ten Novelle bis zum Leichtfertigen und Vermessenen.

"Wer in Florenz bekannt ist, erzählt derselbe Novellist, **)
weiß, daß man den ersten Sonntag jedes Mondes nach san

*) Das. -- per andar in Castellaneria. -- In dieser Andeu-
tung liegt einige Bitterkeit. Sacchetti haßte die Theilnahme an
den öffentlichen Geschäften, welche dazumal in vielen Städten Ita-
liens
den niederen, minder gebildeten Volksclassen zugefallen war.
**) Nov. LXXV.
II. 4

nete ſich’s, daß ein ungebildeter Handwerksmann, welcher
wahrſcheinlich ein Amt antreten ſollte *) und auf den Ein-
fall gekommen war, ſein Wappenſchild malen zu laſſen,
gradezu mit Einem, der ihm das leere Schild nachtrug, in
die Werkſtaͤtte des Giotto eintrat. Gruͤß Dich Gott, Meiſter,
ſagte er zu Giotto, den er angetroffen; ich moͤchte, Du mal-
teſt meine Wappen. Giotto, der ſich den Mann und die Manie-
ren anſah, antwortete rund: wann ſoll die Arbeit fertig ſeyn?
und ſagte, als er die Zeit erfahren: laß mich nur machen;
worauf jener fortging.

Giotto dachte nun bey ſich ſelbſt: hat man mir den
Burſchen zugeſchickt, um mich zu foppen? in meinem Leben
iſt mir noch kein Wappenſchild zugetragen worden. — Hier-
auf bemalt er ihm das Schild mit allerley Wappenſtuͤcken,
Helm, Kuͤraß, Schwerdt und Lanze, geraͤth daruͤber mit Jenem
in Streit und gewinnt, weil er beſſer bey Worte, den Pro-
ceß. Dieſer Scherz, der auf dem Doppelſinne des Wortes,
arme, beruhet, zeigt uns den Giotto etwas eiferſuͤchtiger auf
ſeine Malerehre, als Boccaccio ihn ſich dachte; uͤbrigens er-
ſcheint er auch hier, wie dort, gewandt und weltverſtaͤndig,
des Ausdruckes maͤchtig und ſchnell im ſich Beſinnen und
Beſchließen. Dieſe Charakterzuͤge ſteigern ſich in einer zwey-
ten Novelle bis zum Leichtfertigen und Vermeſſenen.

„Wer in Florenz bekannt iſt, erzaͤhlt derſelbe Novelliſt, **)
weiß, daß man den erſten Sonntag jedes Mondes nach ſan

*) Daſ. — per andar in Castellaneria. — In dieſer Andeu-
tung liegt einige Bitterkeit. Sacchetti haßte die Theilnahme an
den oͤffentlichen Geſchaͤften, welche dazumal in vielen Staͤdten Ita-
liens
den niederen, minder gebildeten Volksclaſſen zugefallen war.
**) Nov. LXXV.
II. 4
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[49/0067] nete ſich’s, daß ein ungebildeter Handwerksmann, welcher wahrſcheinlich ein Amt antreten ſollte *) und auf den Ein- fall gekommen war, ſein Wappenſchild malen zu laſſen, gradezu mit Einem, der ihm das leere Schild nachtrug, in die Werkſtaͤtte des Giotto eintrat. Gruͤß Dich Gott, Meiſter, ſagte er zu Giotto, den er angetroffen; ich moͤchte, Du mal- teſt meine Wappen. Giotto, der ſich den Mann und die Manie- ren anſah, antwortete rund: wann ſoll die Arbeit fertig ſeyn? und ſagte, als er die Zeit erfahren: laß mich nur machen; worauf jener fortging. Giotto dachte nun bey ſich ſelbſt: hat man mir den Burſchen zugeſchickt, um mich zu foppen? in meinem Leben iſt mir noch kein Wappenſchild zugetragen worden. — Hier- auf bemalt er ihm das Schild mit allerley Wappenſtuͤcken, Helm, Kuͤraß, Schwerdt und Lanze, geraͤth daruͤber mit Jenem in Streit und gewinnt, weil er beſſer bey Worte, den Pro- ceß. Dieſer Scherz, der auf dem Doppelſinne des Wortes, arme, beruhet, zeigt uns den Giotto etwas eiferſuͤchtiger auf ſeine Malerehre, als Boccaccio ihn ſich dachte; uͤbrigens er- ſcheint er auch hier, wie dort, gewandt und weltverſtaͤndig, des Ausdruckes maͤchtig und ſchnell im ſich Beſinnen und Beſchließen. Dieſe Charakterzuͤge ſteigern ſich in einer zwey- ten Novelle bis zum Leichtfertigen und Vermeſſenen. „Wer in Florenz bekannt iſt, erzaͤhlt derſelbe Novelliſt, **) weiß, daß man den erſten Sonntag jedes Mondes nach ſan *) Daſ. — per andar in Castellaneria. — In dieſer Andeu- tung liegt einige Bitterkeit. Sacchetti haßte die Theilnahme an den oͤffentlichen Geſchaͤften, welche dazumal in vielen Staͤdten Ita- liens den niederen, minder gebildeten Volksclaſſen zugefallen war. **) Nov. LXXV. II. 4

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/67>, abgerufen am 24.11.2024.