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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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auf den Weg. Als sie darauf eine Weile geritten und recht
durchgeweicht, auch durch die Fußtritte der Pferde reichlich mit
Koth besprützt waren, welches Alles den Leuten kein schöneres
Ansehn zu geben pflegt, so erhellte sich allgemach der Himmel,
was ihnen, nach längerem Schweigen, endlich wiederum die
Zunge lösete. Und indem Messer Forese dahinritt und dem
Giotto zuhörte, welcher sehr gut zu reden wußte, konnte er
nicht umhin, ihn von allen Seiten und von Kopf zu Fuß zu
betrachten, und, uneingedenk seiner eigenen Persönlichkeit, über
dessen übles und unscheinbares Ansehn zu lachen, indem er
sagte: o Giotto, wenn uns jetzt ein ganz fremder Mensch be-
gegnete, der Dich nie gesehn hätte, würde er glauben können,
daß Du der erste Maler der Welt bist? Hierauf erwie-
derte Giotto unverzüglich: allerdings, Messere, vorausgesetzt,
daß er, Euch anblickend, glauben würde, daß Ihr das A. B. C.
wisset. -- Messer Forese erkannte sein Versehn und fühlte,
daß er mit gleicher Münze bezahlt sey.

In dieser Erzählung, deren Ausgang, wie es mir scheint,
ziemlich nahe lag und mehr Geistesgegenwart und gesunden
Mutterwitz, als ungewöhnlichen Geist bezeugt, erscheint unser
Künstler als ein gewandter und practischer Mann, der von
seinen Ersparnissen Güter angeschafft, seiner Wirthschaft die
nöthige Aufmerksamkeit zuwendet, mit Leuten aller Art zu leben
und sich in Achtung zu erhalten weiß. Dieses Bild werden
wir aus den Novellen des Franco Sacchetti ergänzen können.

"Wer wüßte nicht, sagt Sacchetti, *) wie weit Giotto
in der Malerey jeden Anderen übertroffen hat. Nun ereig-

nete
*) Novelle To. 1. Fir. 1724. novella LXIII.

auf den Weg. Als ſie darauf eine Weile geritten und recht
durchgeweicht, auch durch die Fußtritte der Pferde reichlich mit
Koth beſpruͤtzt waren, welches Alles den Leuten kein ſchoͤneres
Anſehn zu geben pflegt, ſo erhellte ſich allgemach der Himmel,
was ihnen, nach laͤngerem Schweigen, endlich wiederum die
Zunge loͤſete. Und indem Meſſer Foreſe dahinritt und dem
Giotto zuhoͤrte, welcher ſehr gut zu reden wußte, konnte er
nicht umhin, ihn von allen Seiten und von Kopf zu Fuß zu
betrachten, und, uneingedenk ſeiner eigenen Perſoͤnlichkeit, uͤber
deſſen uͤbles und unſcheinbares Anſehn zu lachen, indem er
ſagte: o Giotto, wenn uns jetzt ein ganz fremder Menſch be-
gegnete, der Dich nie geſehn haͤtte, wuͤrde er glauben koͤnnen,
daß Du der erſte Maler der Welt biſt? Hierauf erwie-
derte Giotto unverzuͤglich: allerdings, Meſſere, vorausgeſetzt,
daß er, Euch anblickend, glauben wuͤrde, daß Ihr das A. B. C.
wiſſet. — Meſſer Foreſe erkannte ſein Verſehn und fuͤhlte,
daß er mit gleicher Muͤnze bezahlt ſey.

In dieſer Erzaͤhlung, deren Ausgang, wie es mir ſcheint,
ziemlich nahe lag und mehr Geiſtesgegenwart und geſunden
Mutterwitz, als ungewoͤhnlichen Geiſt bezeugt, erſcheint unſer
Kuͤnſtler als ein gewandter und practiſcher Mann, der von
ſeinen Erſparniſſen Guͤter angeſchafft, ſeiner Wirthſchaft die
noͤthige Aufmerkſamkeit zuwendet, mit Leuten aller Art zu leben
und ſich in Achtung zu erhalten weiß. Dieſes Bild werden
wir aus den Novellen des Franco Sacchetti ergaͤnzen koͤnnen.

„Wer wuͤßte nicht, ſagt Sacchetti, *) wie weit Giotto
in der Malerey jeden Anderen uͤbertroffen hat. Nun ereig-

nete
*) Novelle To. 1. Fir. 1724. novella LXIII.
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[48/0066] auf den Weg. Als ſie darauf eine Weile geritten und recht durchgeweicht, auch durch die Fußtritte der Pferde reichlich mit Koth beſpruͤtzt waren, welches Alles den Leuten kein ſchoͤneres Anſehn zu geben pflegt, ſo erhellte ſich allgemach der Himmel, was ihnen, nach laͤngerem Schweigen, endlich wiederum die Zunge loͤſete. Und indem Meſſer Foreſe dahinritt und dem Giotto zuhoͤrte, welcher ſehr gut zu reden wußte, konnte er nicht umhin, ihn von allen Seiten und von Kopf zu Fuß zu betrachten, und, uneingedenk ſeiner eigenen Perſoͤnlichkeit, uͤber deſſen uͤbles und unſcheinbares Anſehn zu lachen, indem er ſagte: o Giotto, wenn uns jetzt ein ganz fremder Menſch be- gegnete, der Dich nie geſehn haͤtte, wuͤrde er glauben koͤnnen, daß Du der erſte Maler der Welt biſt? Hierauf erwie- derte Giotto unverzuͤglich: allerdings, Meſſere, vorausgeſetzt, daß er, Euch anblickend, glauben wuͤrde, daß Ihr das A. B. C. wiſſet. — Meſſer Foreſe erkannte ſein Verſehn und fuͤhlte, daß er mit gleicher Muͤnze bezahlt ſey. In dieſer Erzaͤhlung, deren Ausgang, wie es mir ſcheint, ziemlich nahe lag und mehr Geiſtesgegenwart und geſunden Mutterwitz, als ungewoͤhnlichen Geiſt bezeugt, erſcheint unſer Kuͤnſtler als ein gewandter und practiſcher Mann, der von ſeinen Erſparniſſen Guͤter angeſchafft, ſeiner Wirthſchaft die noͤthige Aufmerkſamkeit zuwendet, mit Leuten aller Art zu leben und ſich in Achtung zu erhalten weiß. Dieſes Bild werden wir aus den Novellen des Franco Sacchetti ergaͤnzen koͤnnen. „Wer wuͤßte nicht, ſagt Sacchetti, *) wie weit Giotto in der Malerey jeden Anderen uͤbertroffen hat. Nun ereig- nete *) Novelle To. 1. Fir. 1724. novella LXIII.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/66>, abgerufen am 24.11.2024.