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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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Geschichtschreiber, *) zu allgemein, um ein bestimmteres Kenn-
zeichen darzubieten. Hingegen zeigen uns einige Novellen des
Boccaz und Sacchetti den Giotto als einen anstelligen Mann,
von hellem, nüchternem Verstande, dem die Gegenwart klar
vor Augen lag.

"Messer Forese da Rabatta, erzählt Boccaz, besaß, bey
kleinem, mißgestaltetem Körper, plattem und hündischem Ge-
sichte, eine ganz ungemeine Rechtsgelehrsamkeit. Bey gleicher
Häßlichkeit besaß Giotto einen so ausgezeichneten Geist, daß
die Natur nichts hervorbringt, was er nicht mit dem Stifte,
oder mit der Feder, oder mit dem Pinsel so ähnlich nachzu-
bilden gewußt, daß Solches nicht sowohl dem Wirklichen
ähnlich, als das Wirkliche selbst zu seyn schien. Und häufig
hat es sich ereignet, daß man bey Wahrnehmung seiner Werke
geglaubt, daß solches, so nur gemalt war, wirklich sey. **)
Da nun zudem jene Kunst, nachdem sie so viel Jahrhunderte
unter den Mißgriffen derer, welche nur zur Befriedigung un-
wissender Menschen gemalt hatten, gleich wie begraben gele-
gen, ***) von Giotto von Neuem war an das Licht gezogen,
worden: so dürfen wir ihn mit Recht zu denen zählen, welche

*) Z. B. Buoninsegni, Mr. Piero, Hist. Fiorentina. Fior. 1581.
4. Lib. II. p. 273. -- si comincio a fondare il campanile di sta Li-
parata -- e funne fatto capo maestro Giotto, cittadino Fior. e di-
pintore maraviglioso sopra tutti gli altri, il quale mori poi a di 8
di Gennajo 1336
. -- Das Lob des Giotto blieb seit Villani
ein stehender Artikel der florentinischen Geschichtschreibung.
**) Decam. g. e nov. cit. -- Vielleicht erinnerte sich der
classisch gebildete Boccaz an dieser Stelle irgend eines antiken
Malermährchens. So lebhaft Giotto die Phantasie seiner Zeit-
genossen anregen mochte, so konnte er doch schwerlich sinnliche Täu-
schungen hervorbringen.
***) Diese Stelle hat offenbar dem Vasari, zu Anfang der

Geſchichtſchreiber, *) zu allgemein, um ein beſtimmteres Kenn-
zeichen darzubieten. Hingegen zeigen uns einige Novellen des
Boccaz und Sacchetti den Giotto als einen anſtelligen Mann,
von hellem, nuͤchternem Verſtande, dem die Gegenwart klar
vor Augen lag.

Meſſer Foreſe da Rabatta, erzaͤhlt Boccaz, beſaß, bey
kleinem, mißgeſtaltetem Koͤrper, plattem und huͤndiſchem Ge-
ſichte, eine ganz ungemeine Rechtsgelehrſamkeit. Bey gleicher
Haͤßlichkeit beſaß Giotto einen ſo ausgezeichneten Geiſt, daß
die Natur nichts hervorbringt, was er nicht mit dem Stifte,
oder mit der Feder, oder mit dem Pinſel ſo aͤhnlich nachzu-
bilden gewußt, daß Solches nicht ſowohl dem Wirklichen
aͤhnlich, als das Wirkliche ſelbſt zu ſeyn ſchien. Und haͤufig
hat es ſich ereignet, daß man bey Wahrnehmung ſeiner Werke
geglaubt, daß ſolches, ſo nur gemalt war, wirklich ſey. **)
Da nun zudem jene Kunſt, nachdem ſie ſo viel Jahrhunderte
unter den Mißgriffen derer, welche nur zur Befriedigung un-
wiſſender Menſchen gemalt hatten, gleich wie begraben gele-
gen, ***) von Giotto von Neuem war an das Licht gezogen,
worden: ſo duͤrfen wir ihn mit Recht zu denen zaͤhlen, welche

*) Z. B. Buoninsegni, Mr. Piero, Hist. Fiorentina. Fior. 1581.
4. Lib. II. p. 273. — si cominciò a fondare il campanile di sta Li-
parata — e funne fatto capo maestro Giotto, cittadino Fior. e di-
pintore maraviglioso sopra tutti gli altri, il quale mori poi a di 8
di Gennajo 1336
. — Das Lob des Giotto blieb ſeit Villani
ein ſtehender Artikel der florentiniſchen Geſchichtſchreibung.
**) Decam. g. e nov. cit. — Vielleicht erinnerte ſich der
claſſiſch gebildete Boccaz an dieſer Stelle irgend eines antiken
Malermaͤhrchens. So lebhaft Giotto die Phantaſie ſeiner Zeit-
genoſſen anregen mochte, ſo konnte er doch ſchwerlich ſinnliche Taͤu-
ſchungen hervorbringen.
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[46/0064] Geſchichtſchreiber, *) zu allgemein, um ein beſtimmteres Kenn- zeichen darzubieten. Hingegen zeigen uns einige Novellen des Boccaz und Sacchetti den Giotto als einen anſtelligen Mann, von hellem, nuͤchternem Verſtande, dem die Gegenwart klar vor Augen lag. „Meſſer Foreſe da Rabatta, erzaͤhlt Boccaz, beſaß, bey kleinem, mißgeſtaltetem Koͤrper, plattem und huͤndiſchem Ge- ſichte, eine ganz ungemeine Rechtsgelehrſamkeit. Bey gleicher Haͤßlichkeit beſaß Giotto einen ſo ausgezeichneten Geiſt, daß die Natur nichts hervorbringt, was er nicht mit dem Stifte, oder mit der Feder, oder mit dem Pinſel ſo aͤhnlich nachzu- bilden gewußt, daß Solches nicht ſowohl dem Wirklichen aͤhnlich, als das Wirkliche ſelbſt zu ſeyn ſchien. Und haͤufig hat es ſich ereignet, daß man bey Wahrnehmung ſeiner Werke geglaubt, daß ſolches, ſo nur gemalt war, wirklich ſey. **) Da nun zudem jene Kunſt, nachdem ſie ſo viel Jahrhunderte unter den Mißgriffen derer, welche nur zur Befriedigung un- wiſſender Menſchen gemalt hatten, gleich wie begraben gele- gen, ***) von Giotto von Neuem war an das Licht gezogen, worden: ſo duͤrfen wir ihn mit Recht zu denen zaͤhlen, welche *) Z. B. Buoninsegni, Mr. Piero, Hist. Fiorentina. Fior. 1581. 4. Lib. II. p. 273. — si cominciò a fondare il campanile di sta Li- parata — e funne fatto capo maestro Giotto, cittadino Fior. e di- pintore maraviglioso sopra tutti gli altri, il quale mori poi a di 8 di Gennajo 1336. — Das Lob des Giotto blieb ſeit Villani ein ſtehender Artikel der florentiniſchen Geſchichtſchreibung. **) Decam. g. e nov. cit. — Vielleicht erinnerte ſich der claſſiſch gebildete Boccaz an dieſer Stelle irgend eines antiken Malermaͤhrchens. So lebhaft Giotto die Phantaſie ſeiner Zeit- genoſſen anregen mochte, ſo konnte er doch ſchwerlich ſinnliche Taͤu- ſchungen hervorbringen. ***) Dieſe Stelle hat offenbar dem Vaſari, zu Anfang der

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/64>, abgerufen am 24.11.2024.