Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.Jahrhundertes die Bahn des Zweckmäßigen, technisch Begrün- Doch nur in dieser einen Beziehung unterliegt die äußere ken und den Erfindungsgeist der Künstler ganz in Anspruch nimmt.
Daher ist die Nachahmung des Vortrefflichen in der Baukunst Pflicht; ich möchte hinzufügen: in der Bildnerkunst möglich und bisweilen wünschenswerth; in der Malerey unmöglich und ver- derblich. Jahrhundertes die Bahn des Zweckmaͤßigen, techniſch Begruͤn- Doch nur in dieſer einen Beziehung unterliegt die aͤußere ken und den Erfindungsgeiſt der Kuͤnſtler ganz in Anſpruch nimmt.
Daher iſt die Nachahmung des Vortrefflichen in der Baukunſt Pflicht; ich moͤchte hinzufuͤgen: in der Bildnerkunſt moͤglich und bisweilen wuͤnſchenswerth; in der Malerey unmoͤglich und ver- derblich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0430" n="412"/> Jahrhundertes die Bahn des Zweckmaͤßigen, techniſch Begruͤn-<lb/> deten und nothwendig Schoͤnen verließ, um dem Auffallenden,<lb/> Seltſamen, Luftigen nachzugehn, nahm ſie allerdings die bil-<lb/> denden Kuͤnſte auf alle Weiſe in Anſpruch, ward denſelben<lb/> jedoch nur um ſo verderblicher, indem ſie Bildner, wie<lb/> Maler mehr und mehr an Verwirrung und Regelloſigkeit ge-<lb/> woͤhnte. Es wuͤrde zu weit fuͤhren, wenn wir hier an Bey-<lb/> ſpielen nachweiſen wollten, wie die Stylloſigkeit der modernſten<lb/> Zeiten unmittelbar und nothwendig aus den Mißverhaͤltniſſen<lb/> und Seltſamkeiten der ſie begleitenden Bauart hervorgegangen<lb/> ſind. Wird es doch jedem unterrichteten Kunſtfreunde erin-<lb/> nerlich ſeyn, wie dieſe Verirrung vornehmlich in ſolchen Kunſt-<lb/> werken hervortritt, welche unmittelbar an modern barbariſche<lb/> Bauwerke geknuͤpft ſind, gleich den maleriſchen Kuppelverzie-<lb/> rungen, gleich den Statuen an den Vorſeiten neuerer Kirchen<lb/> und Aehnlichem; wie andererſeits alle das Stylgefuͤhl minder<lb/> verletzende Kunſtwerke derſelben Zeit entweder in ſich ſelbſt<lb/> abgeſchloſſen und von umgebenden Dingen unabhaͤngig ſind,<lb/> oder den Eintheilungen aͤlterer und gediegener Bauwerke nach-<lb/> gehn, welche ſichtlich das Stylgefuͤhl der Kuͤnſtler voruͤberge-<lb/> hend wieder angeregt haben.</p><lb/> <p>Doch nur in dieſer einen Beziehung unterliegt die aͤußere<lb/> Entwickelung der bildenden Kuͤnſte dem Einfluſſe der Baukunſt;<lb/> aus anderen Urſachen werden wir demnach jene um die Mitte<lb/><note xml:id="fn44f" prev="#fn44i" place="foot" n="*)">ken und den Erfindungsgeiſt der Kuͤnſtler ganz in Anſpruch nimmt.<lb/> Daher iſt die Nachahmung des Vortrefflichen in der Baukunſt<lb/> Pflicht; ich moͤchte hinzufuͤgen: in der Bildnerkunſt moͤglich und<lb/> bisweilen wuͤnſchenswerth; in der Malerey unmoͤglich und ver-<lb/> derblich.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [412/0430]
Jahrhundertes die Bahn des Zweckmaͤßigen, techniſch Begruͤn-
deten und nothwendig Schoͤnen verließ, um dem Auffallenden,
Seltſamen, Luftigen nachzugehn, nahm ſie allerdings die bil-
denden Kuͤnſte auf alle Weiſe in Anſpruch, ward denſelben
jedoch nur um ſo verderblicher, indem ſie Bildner, wie
Maler mehr und mehr an Verwirrung und Regelloſigkeit ge-
woͤhnte. Es wuͤrde zu weit fuͤhren, wenn wir hier an Bey-
ſpielen nachweiſen wollten, wie die Stylloſigkeit der modernſten
Zeiten unmittelbar und nothwendig aus den Mißverhaͤltniſſen
und Seltſamkeiten der ſie begleitenden Bauart hervorgegangen
ſind. Wird es doch jedem unterrichteten Kunſtfreunde erin-
nerlich ſeyn, wie dieſe Verirrung vornehmlich in ſolchen Kunſt-
werken hervortritt, welche unmittelbar an modern barbariſche
Bauwerke geknuͤpft ſind, gleich den maleriſchen Kuppelverzie-
rungen, gleich den Statuen an den Vorſeiten neuerer Kirchen
und Aehnlichem; wie andererſeits alle das Stylgefuͤhl minder
verletzende Kunſtwerke derſelben Zeit entweder in ſich ſelbſt
abgeſchloſſen und von umgebenden Dingen unabhaͤngig ſind,
oder den Eintheilungen aͤlterer und gediegener Bauwerke nach-
gehn, welche ſichtlich das Stylgefuͤhl der Kuͤnſtler voruͤberge-
hend wieder angeregt haben.
Doch nur in dieſer einen Beziehung unterliegt die aͤußere
Entwickelung der bildenden Kuͤnſte dem Einfluſſe der Baukunſt;
aus anderen Urſachen werden wir demnach jene um die Mitte
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*) ken und den Erfindungsgeiſt der Kuͤnſtler ganz in Anſpruch nimmt.
Daher iſt die Nachahmung des Vortrefflichen in der Baukunſt
Pflicht; ich moͤchte hinzufuͤgen: in der Bildnerkunſt moͤglich und
bisweilen wuͤnſchenswerth; in der Malerey unmoͤglich und ver-
derblich.
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