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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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len, weil ihre Arbeiten meist in kleinen und mittleren Dimen-
sionen ausgeführt wurden. Doch nachdem man, vornehmlich
auf Anregung des Michelagnuolo, zum Colossalen übergegan-
gen war, genügte das Augenmaß und die technische Sicherheit
nicht einmal dem größesten Meister in dieser neuen Richtung,
welcher nach dem hier gewiß glaubwürdigen Berichte des Va-
sari
*) sich nicht selten so verhauen hat, daß er schon vorge-
rückte Werke aufgeben müssen, deren verschiedene noch vorhan-
den sind. Die gänzliche Ausbildung des Mechanismus der
Bildnerey und daher entstehende Abgemessenheit ihrer Werke
fällt, wie es aus Mittheilungen Winckelmanns bekannt ist,
in einen sehr vorgerückten Abschnitt des achtzehnten Jahrhun-
dertes; ein Umstand, welchen die Schriftsteller über Dinge der
Kunst nicht genug berücksichtigen.

Allein auch in anderer, architectonischer Beziehung waren
die äußeren Verhältnisse um das Jahr 1500 den Malern gün-
stiger, als den Bildnern. Die Bauart nemlich, deren erste
Anregung dem Brunellesco beygemessen wird, welche sicher
seit der Mitte des funfzehnten Jahrhundertes eine hohe Aus-
bildung erreicht hatte und allgemein in Gebrauch gekommen
war, beschäftigte sich theils mit der Errichtung von Kirchen,
theils mit der Anlage von Wohnungen der Reichen und Mäch-
tigen, welche beide, nach damaligen Verhältnissen, äußerlich
Stärke und Größe darlegen sollten und alle Anmuth und Zierde
dem Inneren vorbehielten. Das Innere der Wohnungen galt
schon im Alterthume für das eigenthümliche Feld der Male-
rey; die Begünstigung dieser Kunstart erfolgte demnach nicht
sowohl aus jener angenommenen Nothwendigkeit oder Vor-

len, weil ihre Arbeiten meiſt in kleinen und mittleren Dimen-
ſionen ausgefuͤhrt wurden. Doch nachdem man, vornehmlich
auf Anregung des Michelagnuolo, zum Coloſſalen uͤbergegan-
gen war, genuͤgte das Augenmaß und die techniſche Sicherheit
nicht einmal dem groͤßeſten Meiſter in dieſer neuen Richtung,
welcher nach dem hier gewiß glaubwuͤrdigen Berichte des Va-
ſari
*) ſich nicht ſelten ſo verhauen hat, daß er ſchon vorge-
ruͤckte Werke aufgeben muͤſſen, deren verſchiedene noch vorhan-
den ſind. Die gaͤnzliche Ausbildung des Mechanismus der
Bildnerey und daher entſtehende Abgemeſſenheit ihrer Werke
faͤllt, wie es aus Mittheilungen Winckelmanns bekannt iſt,
in einen ſehr vorgeruͤckten Abſchnitt des achtzehnten Jahrhun-
dertes; ein Umſtand, welchen die Schriftſteller uͤber Dinge der
Kunſt nicht genug beruͤckſichtigen.

Allein auch in anderer, architectoniſcher Beziehung waren
die aͤußeren Verhaͤltniſſe um das Jahr 1500 den Malern guͤn-
ſtiger, als den Bildnern. Die Bauart nemlich, deren erſte
Anregung dem Brunellesco beygemeſſen wird, welche ſicher
ſeit der Mitte des funfzehnten Jahrhundertes eine hohe Aus-
bildung erreicht hatte und allgemein in Gebrauch gekommen
war, beſchaͤftigte ſich theils mit der Errichtung von Kirchen,
theils mit der Anlage von Wohnungen der Reichen und Maͤch-
tigen, welche beide, nach damaligen Verhaͤltniſſen, aͤußerlich
Staͤrke und Groͤße darlegen ſollten und alle Anmuth und Zierde
dem Inneren vorbehielten. Das Innere der Wohnungen galt
ſchon im Alterthume fuͤr das eigenthuͤmliche Feld der Male-
rey; die Beguͤnſtigung dieſer Kunſtart erfolgte demnach nicht
ſowohl aus jener angenommenen Nothwendigkeit oder Vor-

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[410/0428] len, weil ihre Arbeiten meiſt in kleinen und mittleren Dimen- ſionen ausgefuͤhrt wurden. Doch nachdem man, vornehmlich auf Anregung des Michelagnuolo, zum Coloſſalen uͤbergegan- gen war, genuͤgte das Augenmaß und die techniſche Sicherheit nicht einmal dem groͤßeſten Meiſter in dieſer neuen Richtung, welcher nach dem hier gewiß glaubwuͤrdigen Berichte des Va- ſari *) ſich nicht ſelten ſo verhauen hat, daß er ſchon vorge- ruͤckte Werke aufgeben muͤſſen, deren verſchiedene noch vorhan- den ſind. Die gaͤnzliche Ausbildung des Mechanismus der Bildnerey und daher entſtehende Abgemeſſenheit ihrer Werke faͤllt, wie es aus Mittheilungen Winckelmanns bekannt iſt, in einen ſehr vorgeruͤckten Abſchnitt des achtzehnten Jahrhun- dertes; ein Umſtand, welchen die Schriftſteller uͤber Dinge der Kunſt nicht genug beruͤckſichtigen. Allein auch in anderer, architectoniſcher Beziehung waren die aͤußeren Verhaͤltniſſe um das Jahr 1500 den Malern guͤn- ſtiger, als den Bildnern. Die Bauart nemlich, deren erſte Anregung dem Brunellesco beygemeſſen wird, welche ſicher ſeit der Mitte des funfzehnten Jahrhundertes eine hohe Aus- bildung erreicht hatte und allgemein in Gebrauch gekommen war, beſchaͤftigte ſich theils mit der Errichtung von Kirchen, theils mit der Anlage von Wohnungen der Reichen und Maͤch- tigen, welche beide, nach damaligen Verhaͤltniſſen, aͤußerlich Staͤrke und Groͤße darlegen ſollten und alle Anmuth und Zierde dem Inneren vorbehielten. Das Innere der Wohnungen galt ſchon im Alterthume fuͤr das eigenthuͤmliche Feld der Male- rey; die Beguͤnſtigung dieſer Kunſtart erfolgte demnach nicht ſowohl aus jener angenommenen Nothwendigkeit oder Vor- *) Vita di Michelagnuolo Buonaruota.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/428>, abgerufen am 25.11.2024.