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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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welche ihre Reize unter religiösen Verzuckungen zur Schau le-
gen. Also dürfte, höherer Forderungen nicht zu gedenken *),
schon der gute Geschmack innerhalb des Gebietes der künstle-
rischen Beziehungen eine Absonderung begehren, jener ähnlich,
welche in der Poesie und Musik längst eingetreten ist, oder
doch angenommen wird. Allein nur um so mehr werden wir
dem Reize, dem phantasiereichen Muthwillen, der Allegorie,
ihr eigenthümliches Feld zu sichern haben.

Schon die frühesten Künstler der neuen und christlichen
Welt fühlten den allgemeinen Werth der Symbole und Per-
sonificationen des classischen Alterthumes, deren sie gar Manche
in die neue Kunst hinübernahmen. Auch während des dunk-
leren Mittelalters erhielt sich ein Theil dieser Sinngebilde
vornehmlich in den Malereyen der Byzantiner, doch auch in
barbarisch italienischen und fränkischen Denkmalen **). Giotto
scheint sie nebst anderen aus dem höchsten Alterthume über-
lieferten, aus der florentinischen Schule verdrängt zu haben;
hingegen entdeckten wir in den Personificationen des Ambruo-
gio Lorenzetti
im öffentlichen Palaste zu Siena einige Zeichen
der Bekanntschaft mit den antiken Kunstgestaltungen ***).
Diese über das ganze Mittelalter verbreitete Hinneigung, ge-
dieh freylich erst um die Mitte des funfzehnten Jahrhunder-
tes zur entschiedenen, ihrer selbst deutlich sich bewußten Be-
strebung.


*) S. die vielleicht zu weit getriebenen Bedenklichkeiten des
alten Ammanati, in seinem Briefe an die florentinischen Akade-
miker, Raccolta di lett. sulla pitt. etc. To. III. Lett. 223. p. 364.
**) S. Thl. I. Abh. III. ff.
***) S. Thl. II. Abh. X.

welche ihre Reize unter religioͤſen Verzuckungen zur Schau le-
gen. Alſo duͤrfte, hoͤherer Forderungen nicht zu gedenken *),
ſchon der gute Geſchmack innerhalb des Gebietes der kuͤnſtle-
riſchen Beziehungen eine Abſonderung begehren, jener aͤhnlich,
welche in der Poeſie und Muſik laͤngſt eingetreten iſt, oder
doch angenommen wird. Allein nur um ſo mehr werden wir
dem Reize, dem phantaſiereichen Muthwillen, der Allegorie,
ihr eigenthuͤmliches Feld zu ſichern haben.

Schon die fruͤheſten Kuͤnſtler der neuen und chriſtlichen
Welt fuͤhlten den allgemeinen Werth der Symbole und Per-
ſonificationen des claſſiſchen Alterthumes, deren ſie gar Manche
in die neue Kunſt hinuͤbernahmen. Auch waͤhrend des dunk-
leren Mittelalters erhielt ſich ein Theil dieſer Sinngebilde
vornehmlich in den Malereyen der Byzantiner, doch auch in
barbariſch italieniſchen und fraͤnkiſchen Denkmalen **). Giotto
ſcheint ſie nebſt anderen aus dem hoͤchſten Alterthume uͤber-
lieferten, aus der florentiniſchen Schule verdraͤngt zu haben;
hingegen entdeckten wir in den Perſonificationen des Ambruo-
gio Lorenzetti
im oͤffentlichen Palaſte zu Siena einige Zeichen
der Bekanntſchaft mit den antiken Kunſtgeſtaltungen ***).
Dieſe uͤber das ganze Mittelalter verbreitete Hinneigung, ge-
dieh freylich erſt um die Mitte des funfzehnten Jahrhunder-
tes zur entſchiedenen, ihrer ſelbſt deutlich ſich bewußten Be-
ſtrebung.


*) S. die vielleicht zu weit getriebenen Bedenklichkeiten des
alten Ammanati, in ſeinem Briefe an die florentiniſchen Akade-
miker, Raccolta di lett. sulla pitt. etc. To. III. Lett. 223. p. 364.
**) S. Thl. I. Abh. III. ff.
***) S. Thl. II. Abh. X.
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[393/0411] welche ihre Reize unter religioͤſen Verzuckungen zur Schau le- gen. Alſo duͤrfte, hoͤherer Forderungen nicht zu gedenken *), ſchon der gute Geſchmack innerhalb des Gebietes der kuͤnſtle- riſchen Beziehungen eine Abſonderung begehren, jener aͤhnlich, welche in der Poeſie und Muſik laͤngſt eingetreten iſt, oder doch angenommen wird. Allein nur um ſo mehr werden wir dem Reize, dem phantaſiereichen Muthwillen, der Allegorie, ihr eigenthuͤmliches Feld zu ſichern haben. Schon die fruͤheſten Kuͤnſtler der neuen und chriſtlichen Welt fuͤhlten den allgemeinen Werth der Symbole und Per- ſonificationen des claſſiſchen Alterthumes, deren ſie gar Manche in die neue Kunſt hinuͤbernahmen. Auch waͤhrend des dunk- leren Mittelalters erhielt ſich ein Theil dieſer Sinngebilde vornehmlich in den Malereyen der Byzantiner, doch auch in barbariſch italieniſchen und fraͤnkiſchen Denkmalen **). Giotto ſcheint ſie nebſt anderen aus dem hoͤchſten Alterthume uͤber- lieferten, aus der florentiniſchen Schule verdraͤngt zu haben; hingegen entdeckten wir in den Perſonificationen des Ambruo- gio Lorenzetti im oͤffentlichen Palaſte zu Siena einige Zeichen der Bekanntſchaft mit den antiken Kunſtgeſtaltungen ***). Dieſe uͤber das ganze Mittelalter verbreitete Hinneigung, ge- dieh freylich erſt um die Mitte des funfzehnten Jahrhunder- tes zur entſchiedenen, ihrer ſelbſt deutlich ſich bewußten Be- ſtrebung. *) S. die vielleicht zu weit getriebenen Bedenklichkeiten des alten Ammanati, in ſeinem Briefe an die florentiniſchen Akade- miker, Raccolta di lett. sulla pitt. etc. To. III. Lett. 223. p. 364. **) S. Thl. I. Abh. III. ff. ***) S. Thl. II. Abh. X.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/411>, abgerufen am 24.11.2024.