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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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diese Tafel, wenn wir Vasari hören, mit Recht für eines sei-
ner besten Werke; wie viel Fleiß er daran aufgewendet, zei-
gen die trefflichen, ausführlichen Naturstudien in der Zeich-
nungssammlung der Gallerie der Uffizj zu Florenz *). Sie
trägt die Inschrift:
PETRVS. PERVSINVS.
PINXIT. A. D. M. CCCC.
LXXXXV.

fällt demnach in die Zeit der männlichen Reife des Künstlers,
in dessen Leben sie einen Wendepunct zu bezeichnen scheint, da
Pietro bald darauf sich in Perugia niedergelassen und aufge-
hört hat, mit Ernst und Strenge dem Vortrefflichen nachzu-
streben.

Wie so viele seiner Zeitgenossen ward endlich auch dieser
große Künstler vom Handwerke hingerissen. Allerdings herrscht
schon in seinen früheren Arbeiten eine gewisse Gleichförmigkeit;
doch ist solche dort noch keinesweges Folge einer angenomme-
nen Manier, vielmehr nur seiner durchhin edlen Auffassung
ihm dargebotener Aufgaben, seiner durchhin reinen Gemüths-
stimmung. Erst in der Folge, etwa um das Jahr 1500.
ergab er sich der Fertigkeit und einem zu weit getriebenen
Erwerbsgeiste. Die Bilder, welche er von dieser Zeit an voll-

*) Gall. degli Uffizj, disegni, cartella di Pietro Perugino. No.
1. 7. 8. -- Diese Studien sind in schwarzer und rother Kreide,
mit etwas Tusche, Zinnober und Deckweiß mit größtem Fleiße
ausgeführt. -- Die Hand, welche das Leichentuch anzieht, in grö-
ßerem Maßstabe mit vielem Gefühle nach dem Leben. -- Daselbst,
No. 5. die schmerzhafte Mutter, Studium zu jenem Wandgemälde
in sta Maria Maddalena de' Pazzi. -- No. 4. Bildniß, zurückge-
worfener jugendlicher Kopf, welcher an Peters eigene Züge er-
innert.

dieſe Tafel, wenn wir Vaſari hoͤren, mit Recht fuͤr eines ſei-
ner beſten Werke; wie viel Fleiß er daran aufgewendet, zei-
gen die trefflichen, ausfuͤhrlichen Naturſtudien in der Zeich-
nungsſammlung der Gallerie der Uffizj zu Florenz *). Sie
traͤgt die Inſchrift:
PETRVS. PERVSINVS.
PINXIT. A. D. M. CCCC.
LXXXXV.

faͤllt demnach in die Zeit der maͤnnlichen Reife des Kuͤnſtlers,
in deſſen Leben ſie einen Wendepunct zu bezeichnen ſcheint, da
Pietro bald darauf ſich in Perugia niedergelaſſen und aufge-
hoͤrt hat, mit Ernſt und Strenge dem Vortrefflichen nachzu-
ſtreben.

Wie ſo viele ſeiner Zeitgenoſſen ward endlich auch dieſer
große Kuͤnſtler vom Handwerke hingeriſſen. Allerdings herrſcht
ſchon in ſeinen fruͤheren Arbeiten eine gewiſſe Gleichfoͤrmigkeit;
doch iſt ſolche dort noch keinesweges Folge einer angenomme-
nen Manier, vielmehr nur ſeiner durchhin edlen Auffaſſung
ihm dargebotener Aufgaben, ſeiner durchhin reinen Gemuͤths-
ſtimmung. Erſt in der Folge, etwa um das Jahr 1500.
ergab er ſich der Fertigkeit und einem zu weit getriebenen
Erwerbsgeiſte. Die Bilder, welche er von dieſer Zeit an voll-

*) Gall. degli Uffizj, disegni, cartella di Pietro Perugino. No.
1. 7. 8. — Dieſe Studien ſind in ſchwarzer und rother Kreide,
mit etwas Tuſche, Zinnober und Deckweiß mit groͤßtem Fleiße
ausgefuͤhrt. — Die Hand, welche das Leichentuch anzieht, in groͤ-
ßerem Maßſtabe mit vielem Gefuͤhle nach dem Leben. — Daſelbſt,
No. 5. die ſchmerzhafte Mutter, Studium zu jenem Wandgemaͤlde
in ſta Maria Maddalena de’ Pazzi. — No. 4. Bildniß, zuruͤckge-
worfener jugendlicher Kopf, welcher an Peters eigene Zuͤge er-
innert.
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[345/0363] dieſe Tafel, wenn wir Vaſari hoͤren, mit Recht fuͤr eines ſei- ner beſten Werke; wie viel Fleiß er daran aufgewendet, zei- gen die trefflichen, ausfuͤhrlichen Naturſtudien in der Zeich- nungsſammlung der Gallerie der Uffizj zu Florenz *). Sie traͤgt die Inſchrift: PETRVS. PERVSINVS. PINXIT. A. D. M. CCCC. LXXXXV. faͤllt demnach in die Zeit der maͤnnlichen Reife des Kuͤnſtlers, in deſſen Leben ſie einen Wendepunct zu bezeichnen ſcheint, da Pietro bald darauf ſich in Perugia niedergelaſſen und aufge- hoͤrt hat, mit Ernſt und Strenge dem Vortrefflichen nachzu- ſtreben. Wie ſo viele ſeiner Zeitgenoſſen ward endlich auch dieſer große Kuͤnſtler vom Handwerke hingeriſſen. Allerdings herrſcht ſchon in ſeinen fruͤheren Arbeiten eine gewiſſe Gleichfoͤrmigkeit; doch iſt ſolche dort noch keinesweges Folge einer angenomme- nen Manier, vielmehr nur ſeiner durchhin edlen Auffaſſung ihm dargebotener Aufgaben, ſeiner durchhin reinen Gemuͤths- ſtimmung. Erſt in der Folge, etwa um das Jahr 1500. ergab er ſich der Fertigkeit und einem zu weit getriebenen Erwerbsgeiſte. Die Bilder, welche er von dieſer Zeit an voll- *) Gall. degli Uffizj, disegni, cartella di Pietro Perugino. No. 1. 7. 8. — Dieſe Studien ſind in ſchwarzer und rother Kreide, mit etwas Tuſche, Zinnober und Deckweiß mit groͤßtem Fleiße ausgefuͤhrt. — Die Hand, welche das Leichentuch anzieht, in groͤ- ßerem Maßſtabe mit vielem Gefuͤhle nach dem Leben. — Daſelbſt, No. 5. die ſchmerzhafte Mutter, Studium zu jenem Wandgemaͤlde in ſta Maria Maddalena de’ Pazzi. — No. 4. Bildniß, zuruͤckge- worfener jugendlicher Kopf, welcher an Peters eigene Zuͤge er- innert.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/363>, abgerufen am 25.11.2024.