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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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hat, für die besten Arbeiten unseres Malers. Gewiß sind sie
nicht eben die schlechtesten. Ein lachender, bäurisch derber Hirt
in der Geburt des Heilands, das Bildniß des Künstlers, so
wie einiges Andere aus der Gegenwart gegriffene, ist wirklich
trefflich. Uebrigens verräth sich schon hier, obwohl noch nicht
in dem Maße, als in jenem Altargemälde der Minoriten zu
s. Andrea, fortschreitende Abnahme des Antheils an der Idee
seiner Aufgaben; Unvermögen, die Umrisse der großgehaltenen
Figuren ganz auszufüllen.

Ich übergehe hier den Piero della Francesca, den Einige
unter die Lehrer des Perugino versetzen, obwohl Keiner der
italienischen Geschichtschreiber und Topographen recht eigentlich
anzugeben weiß, welche Richtung dieser Künstler verfolgt, in
welcher Manier er gemalt habe *); um zu dem Künstler zu-
rückzukehren, dessen Ableitung so viele Abschweifungen und
Vorbereitungen unumgänglich machte.

Pietro di Christofano, nach seinem Geburtsorte, Castello
della Pieve
, späterhin von Perugia genannt, wo er gegen das
Jahr 1500 sich niedergelassen, den man daher gemeinhin den

*) Vasari ertheilt ihm jene noch immer vorhandenen Male-
reyen an den Wänden der Chorkappelle in s. Francesco zu Arezzo,
worin ich ihm nicht zu folgen wage, da anderweitige Zeugnisse
noch ersehnt werden. Diese Gemälde sind mit Fertigkeit gemalt,
doch sehr maniert. Der schwächliche Geist, welcher darin sich aus-
spricht, kann weder auf den Perugino, noch überhaupt auf die da-
malige Kunstentwickelung eingewirkt haben. Im Kunsthandel sah
ich verschiedentlich unbedeutende, meist sienesische Bilder, welche
speculirende Unternehmer, die Neigung zum Seltenen benutzend,
willkührlich zu Arbeiten des Piero della Francesca gestempelt
hatten.

hat, fuͤr die beſten Arbeiten unſeres Malers. Gewiß ſind ſie
nicht eben die ſchlechteſten. Ein lachender, baͤuriſch derber Hirt
in der Geburt des Heilands, das Bildniß des Kuͤnſtlers, ſo
wie einiges Andere aus der Gegenwart gegriffene, iſt wirklich
trefflich. Uebrigens verraͤth ſich ſchon hier, obwohl noch nicht
in dem Maße, als in jenem Altargemaͤlde der Minoriten zu
ſ. Andrea, fortſchreitende Abnahme des Antheils an der Idee
ſeiner Aufgaben; Unvermoͤgen, die Umriſſe der großgehaltenen
Figuren ganz auszufuͤllen.

Ich uͤbergehe hier den Piero della Francesca, den Einige
unter die Lehrer des Perugino verſetzen, obwohl Keiner der
italieniſchen Geſchichtſchreiber und Topographen recht eigentlich
anzugeben weiß, welche Richtung dieſer Kuͤnſtler verfolgt, in
welcher Manier er gemalt habe *); um zu dem Kuͤnſtler zu-
ruͤckzukehren, deſſen Ableitung ſo viele Abſchweifungen und
Vorbereitungen unumgaͤnglich machte.

Pietro di Chriſtofano, nach ſeinem Geburtsorte, Caſtello
della Pieve
, ſpaͤterhin von Perugia genannt, wo er gegen das
Jahr 1500 ſich niedergelaſſen, den man daher gemeinhin den

*) Vaſari ertheilt ihm jene noch immer vorhandenen Male-
reyen an den Waͤnden der Chorkappelle in ſ. Francesco zu Arezzo,
worin ich ihm nicht zu folgen wage, da anderweitige Zeugniſſe
noch erſehnt werden. Dieſe Gemaͤlde ſind mit Fertigkeit gemalt,
doch ſehr maniert. Der ſchwaͤchliche Geiſt, welcher darin ſich aus-
ſpricht, kann weder auf den Perugino, noch uͤberhaupt auf die da-
malige Kunſtentwickelung eingewirkt haben. Im Kunſthandel ſah
ich verſchiedentlich unbedeutende, meiſt ſieneſiſche Bilder, welche
ſpeculirende Unternehmer, die Neigung zum Seltenen benutzend,
willkuͤhrlich zu Arbeiten des Piero della Francesca geſtempelt
hatten.
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[336/0354] hat, fuͤr die beſten Arbeiten unſeres Malers. Gewiß ſind ſie nicht eben die ſchlechteſten. Ein lachender, baͤuriſch derber Hirt in der Geburt des Heilands, das Bildniß des Kuͤnſtlers, ſo wie einiges Andere aus der Gegenwart gegriffene, iſt wirklich trefflich. Uebrigens verraͤth ſich ſchon hier, obwohl noch nicht in dem Maße, als in jenem Altargemaͤlde der Minoriten zu ſ. Andrea, fortſchreitende Abnahme des Antheils an der Idee ſeiner Aufgaben; Unvermoͤgen, die Umriſſe der großgehaltenen Figuren ganz auszufuͤllen. Ich uͤbergehe hier den Piero della Francesca, den Einige unter die Lehrer des Perugino verſetzen, obwohl Keiner der italieniſchen Geſchichtſchreiber und Topographen recht eigentlich anzugeben weiß, welche Richtung dieſer Kuͤnſtler verfolgt, in welcher Manier er gemalt habe *); um zu dem Kuͤnſtler zu- ruͤckzukehren, deſſen Ableitung ſo viele Abſchweifungen und Vorbereitungen unumgaͤnglich machte. Pietro di Chriſtofano, nach ſeinem Geburtsorte, Caſtello della Pieve, ſpaͤterhin von Perugia genannt, wo er gegen das Jahr 1500 ſich niedergelaſſen, den man daher gemeinhin den Pietro *) Vaſari ertheilt ihm jene noch immer vorhandenen Male- reyen an den Waͤnden der Chorkappelle in ſ. Francesco zu Arezzo, worin ich ihm nicht zu folgen wage, da anderweitige Zeugniſſe noch erſehnt werden. Dieſe Gemaͤlde ſind mit Fertigkeit gemalt, doch ſehr maniert. Der ſchwaͤchliche Geiſt, welcher darin ſich aus- ſpricht, kann weder auf den Perugino, noch uͤberhaupt auf die da- malige Kunſtentwickelung eingewirkt haben. Im Kunſthandel ſah ich verſchiedentlich unbedeutende, meiſt ſieneſiſche Bilder, welche ſpeculirende Unternehmer, die Neigung zum Seltenen benutzend, willkuͤhrlich zu Arbeiten des Piero della Francesca geſtempelt hatten.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/354>, abgerufen am 22.11.2024.