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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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weder, mit Einigen, das schöne Talent des Pinturicchio nach
solchen Lohnarbeiten abmessen und verdammen, noch, mit An-
deren, solche fabrikartig beschaffte Verzierungen für Geist und
Gemüth-volle Dinge erklären wollen. Denn, was Pinturic-
chio
als Künstler bestrebt und vermocht, liegt nur in seinen
frischeren Werken zu Tage; aus jenen späteren aber erhellet
nur etwa so viel, daß auch das schönste Talent dem Erwerbs-
und Handelsgeiste unterliegen könne, welcher übrigens, als
untergeordnetes Element der bürgerlichen und häuslichen Be-
gründung des Künstlerlebens freylich ganz unentbehrlich ist. --
Daß Pinturicchio in dieser Richtung unwiderbringlich unterge-
gangen war, bewährt eine seiner spätesten Arbeiten, das Altar-
gemälde in einer Kappelle der Kirche s. Andrea zu Spello, ei-
nem Landstädtchen an der Straße von Fuligno nach Spoleti,
auf welchem der Maler einen Brief d. d. XXIIII. April.
MCCCCC. VIII.,
angebracht, ich denke zur Bezeichnung des
Jahres, in welchem er diese Arbeit beendigte. Im Dome
desselben Städtchens malte er eine Kappelle in welcher sein
Bildniß und darunter in besonderen Abtheilungen: Bernardi-
nus Pictoricius Perusinus
; M° CCCCC°I°.
Lanzi hält
diese Wandgemälde, welche Pinelli in Umrissen ausgegeben

das große, ebenfalls unbeendigte Gemälde für Pescia und Anderes,
so weniger zur Hand liegt. Er strebte damals über die Abhängig-
keit von einzelnen Modellen hinauszukommen, ohne jene feste Be-
gründung zu besitzen, welche er bald darauf erreichte; und gewiß gren-
zen die bezeichneten Gemälde hie und da an das Leichtfertige und
Manierte. In dieser Epoche durfte er, wenn das eben beschriebene
Gemälde wirklich dem Pinturicchio verdungen worden, diesem die
Arbeit in Rückverdingung gemacht haben. -- Ein Blick auf den
von Lazur entblößten Kopf des Hl. Hieronymus, dürfte Kennern
meine Vermuthung mehr, als wahrscheinlich machen.

weder, mit Einigen, das ſchoͤne Talent des Pinturicchio nach
ſolchen Lohnarbeiten abmeſſen und verdammen, noch, mit An-
deren, ſolche fabrikartig beſchaffte Verzierungen fuͤr Geiſt und
Gemuͤth-volle Dinge erklaͤren wollen. Denn, was Pinturic-
chio
als Kuͤnſtler beſtrebt und vermocht, liegt nur in ſeinen
friſcheren Werken zu Tage; aus jenen ſpaͤteren aber erhellet
nur etwa ſo viel, daß auch das ſchoͤnſte Talent dem Erwerbs-
und Handelsgeiſte unterliegen koͤnne, welcher uͤbrigens, als
untergeordnetes Element der buͤrgerlichen und haͤuslichen Be-
gruͤndung des Kuͤnſtlerlebens freylich ganz unentbehrlich iſt. —
Daß Pinturicchio in dieſer Richtung unwiderbringlich unterge-
gangen war, bewaͤhrt eine ſeiner ſpaͤteſten Arbeiten, das Altar-
gemaͤlde in einer Kappelle der Kirche ſ. Andrea zu Spello, ei-
nem Landſtaͤdtchen an der Straße von Fuligno nach Spoleti,
auf welchem der Maler einen Brief d. d. XXIIII. April.
MCCCCC. VIII.,
angebracht, ich denke zur Bezeichnung des
Jahres, in welchem er dieſe Arbeit beendigte. Im Dome
deſſelben Staͤdtchens malte er eine Kappelle in welcher ſein
Bildniß und darunter in beſonderen Abtheilungen: Bernardi-
nus Pictoricius Perusinus
; M° CCCCC°I°.
Lanzi haͤlt
dieſe Wandgemaͤlde, welche Pinelli in Umriſſen ausgegeben

das große, ebenfalls unbeendigte Gemaͤlde fuͤr Peſcia und Anderes,
ſo weniger zur Hand liegt. Er ſtrebte damals uͤber die Abhaͤngig-
keit von einzelnen Modellen hinauszukommen, ohne jene feſte Be-
gruͤndung zu beſitzen, welche er bald darauf erreichte; und gewiß gren-
zen die bezeichneten Gemaͤlde hie und da an das Leichtfertige und
Manierte. In dieſer Epoche durfte er, wenn das eben beſchriebene
Gemaͤlde wirklich dem Pinturicchio verdungen worden, dieſem die
Arbeit in Ruͤckverdingung gemacht haben. — Ein Blick auf den
von Lazur entbloͤßten Kopf des Hl. Hieronymus, duͤrfte Kennern
meine Vermuthung mehr, als wahrſcheinlich machen.
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[290[335]/0353] weder, mit Einigen, das ſchoͤne Talent des Pinturicchio nach ſolchen Lohnarbeiten abmeſſen und verdammen, noch, mit An- deren, ſolche fabrikartig beſchaffte Verzierungen fuͤr Geiſt und Gemuͤth-volle Dinge erklaͤren wollen. Denn, was Pinturic- chio als Kuͤnſtler beſtrebt und vermocht, liegt nur in ſeinen friſcheren Werken zu Tage; aus jenen ſpaͤteren aber erhellet nur etwa ſo viel, daß auch das ſchoͤnſte Talent dem Erwerbs- und Handelsgeiſte unterliegen koͤnne, welcher uͤbrigens, als untergeordnetes Element der buͤrgerlichen und haͤuslichen Be- gruͤndung des Kuͤnſtlerlebens freylich ganz unentbehrlich iſt. — Daß Pinturicchio in dieſer Richtung unwiderbringlich unterge- gangen war, bewaͤhrt eine ſeiner ſpaͤteſten Arbeiten, das Altar- gemaͤlde in einer Kappelle der Kirche ſ. Andrea zu Spello, ei- nem Landſtaͤdtchen an der Straße von Fuligno nach Spoleti, auf welchem der Maler einen Brief d. d. XXIIII. April. MCCCCC. VIII., angebracht, ich denke zur Bezeichnung des Jahres, in welchem er dieſe Arbeit beendigte. Im Dome deſſelben Staͤdtchens malte er eine Kappelle in welcher ſein Bildniß und darunter in beſonderen Abtheilungen: Bernardi- nus Pictoricius Perusinus; M° CCCCC°I°. Lanzi haͤlt dieſe Wandgemaͤlde, welche Pinelli in Umriſſen ausgegeben *) *) das große, ebenfalls unbeendigte Gemaͤlde fuͤr Peſcia und Anderes, ſo weniger zur Hand liegt. Er ſtrebte damals uͤber die Abhaͤngig- keit von einzelnen Modellen hinauszukommen, ohne jene feſte Be- gruͤndung zu beſitzen, welche er bald darauf erreichte; und gewiß gren- zen die bezeichneten Gemaͤlde hie und da an das Leichtfertige und Manierte. In dieſer Epoche durfte er, wenn das eben beſchriebene Gemaͤlde wirklich dem Pinturicchio verdungen worden, dieſem die Arbeit in Ruͤckverdingung gemacht haben. — Ein Blick auf den von Lazur entbloͤßten Kopf des Hl. Hieronymus, duͤrfte Kennern meine Vermuthung mehr, als wahrſcheinlich machen.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 290[335]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/353>, abgerufen am 22.11.2024.