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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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deß voll Leben, die jugendlichen anziehend, durch eben jenen
sehnsuchtsvoll-schwärmerischen Ausdruck, welcher die umbrischen
Gemälde dieser Zeit von denen anderer Schulen unterscheidet.
Aber auch die Halbkuppel der Kirche sta Croce in Gerusa-
lemme zu Rom, welche der Abbate Titi dem Pinturicchio bey-
gelegt hat, dürfte zu dessen früheren Arbeiten gehören, viel-
mehr zu seinen früheren Unternehmungen, denn, wie es scheint,
reichte ihm ein derberes Talent, vielleicht Luca Signorelli, bey
dieser Arbeit die Hand.

Dieser treffliche Künstler, dessen Arbeiten allgemein be-
kannt *) und geschätzt sind, welcher daher keiner umständlichen
Beleuchtung zu bedürfen scheint, erwarb höchst wahrscheinlich
in dem, seiner Vaterstadt Cortona benachbarten Perugia die
nöthigste Anweisung. In seiner Behandlung der Malerey a
tempera,
wie vornehmlich in seiner Formengebung, blieb er
langezeit den Peruginern, besonders dem Fiorenzo di Lorenzo,
so ähnlich, daß ich nicht bezweifle, daß er dem letzten seine
Jugendbildung verdanke. Um so näher liegt die Vermuthung,
daß er in sta Croce zu Rom dem Pinturicchio geholfen habe.

Zur mittleren Lebensstufe dieses Künstlers gehören denn
auch dessen Arbeiten in einigen Kappellen der Kirche sta Ma-

*) Seine Mauergemälde im Dome zu Orvieto, durch das
Kupferwerk des Della Valle. Seine trefflichen Arbeiten im Kloster
Monte Uliveto maggiore werde ich späterhin berühren. Viele sei-
ner Staffeleygemälde vereinigt das Chor des Domes zu Cortona,
einige andere eine ihm gegenüberliegende Brüderschaft. Schöner,
als diese, meist spätesten Arbeiten des Künstlers, sind einige Ge-
mälde der Sacristey zu Volterra; schätzenswerth einige andere in
der Gallerie der Uffizj zu Florenz, besonders die schönen Seiten-
flügel mit stehenden Heiligen in der ehmals solly'schen, gegenwär-
tig Kön. preußischen Sammlung zu Berlin.

deß voll Leben, die jugendlichen anziehend, durch eben jenen
ſehnſuchtsvoll-ſchwaͤrmeriſchen Ausdruck, welcher die umbriſchen
Gemaͤlde dieſer Zeit von denen anderer Schulen unterſcheidet.
Aber auch die Halbkuppel der Kirche ſta Croce in Geruſa-
lemme zu Rom, welche der Abbate Titi dem Pinturicchio bey-
gelegt hat, duͤrfte zu deſſen fruͤheren Arbeiten gehoͤren, viel-
mehr zu ſeinen fruͤheren Unternehmungen, denn, wie es ſcheint,
reichte ihm ein derberes Talent, vielleicht Luca Signorelli, bey
dieſer Arbeit die Hand.

Dieſer treffliche Kuͤnſtler, deſſen Arbeiten allgemein be-
kannt *) und geſchaͤtzt ſind, welcher daher keiner umſtaͤndlichen
Beleuchtung zu beduͤrfen ſcheint, erwarb hoͤchſt wahrſcheinlich
in dem, ſeiner Vaterſtadt Cortona benachbarten Perugia die
noͤthigſte Anweiſung. In ſeiner Behandlung der Malerey a
tempera,
wie vornehmlich in ſeiner Formengebung, blieb er
langezeit den Peruginern, beſonders dem Fiorenzo di Lorenzo,
ſo aͤhnlich, daß ich nicht bezweifle, daß er dem letzten ſeine
Jugendbildung verdanke. Um ſo naͤher liegt die Vermuthung,
daß er in ſta Croce zu Rom dem Pinturicchio geholfen habe.

Zur mittleren Lebensſtufe dieſes Kuͤnſtlers gehoͤren denn
auch deſſen Arbeiten in einigen Kappellen der Kirche ſta Ma-

*) Seine Mauergemaͤlde im Dome zu Orvieto, durch das
Kupferwerk des Della Valle. Seine trefflichen Arbeiten im Kloſter
Monte Uliveto maggiore werde ich ſpaͤterhin beruͤhren. Viele ſei-
ner Staffeleygemaͤlde vereinigt das Chor des Domes zu Cortona,
einige andere eine ihm gegenuͤberliegende Bruͤderſchaft. Schoͤner,
als dieſe, meiſt ſpaͤteſten Arbeiten des Kuͤnſtlers, ſind einige Ge-
maͤlde der Sacriſtey zu Volterra; ſchaͤtzenswerth einige andere in
der Gallerie der Uffizj zu Florenz, beſonders die ſchoͤnen Seiten-
fluͤgel mit ſtehenden Heiligen in der ehmals ſolly’ſchen, gegenwaͤr-
tig Koͤn. preußiſchen Sammlung zu Berlin.
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[333/0351] deß voll Leben, die jugendlichen anziehend, durch eben jenen ſehnſuchtsvoll-ſchwaͤrmeriſchen Ausdruck, welcher die umbriſchen Gemaͤlde dieſer Zeit von denen anderer Schulen unterſcheidet. Aber auch die Halbkuppel der Kirche ſta Croce in Geruſa- lemme zu Rom, welche der Abbate Titi dem Pinturicchio bey- gelegt hat, duͤrfte zu deſſen fruͤheren Arbeiten gehoͤren, viel- mehr zu ſeinen fruͤheren Unternehmungen, denn, wie es ſcheint, reichte ihm ein derberes Talent, vielleicht Luca Signorelli, bey dieſer Arbeit die Hand. Dieſer treffliche Kuͤnſtler, deſſen Arbeiten allgemein be- kannt *) und geſchaͤtzt ſind, welcher daher keiner umſtaͤndlichen Beleuchtung zu beduͤrfen ſcheint, erwarb hoͤchſt wahrſcheinlich in dem, ſeiner Vaterſtadt Cortona benachbarten Perugia die noͤthigſte Anweiſung. In ſeiner Behandlung der Malerey a tempera, wie vornehmlich in ſeiner Formengebung, blieb er langezeit den Peruginern, beſonders dem Fiorenzo di Lorenzo, ſo aͤhnlich, daß ich nicht bezweifle, daß er dem letzten ſeine Jugendbildung verdanke. Um ſo naͤher liegt die Vermuthung, daß er in ſta Croce zu Rom dem Pinturicchio geholfen habe. Zur mittleren Lebensſtufe dieſes Kuͤnſtlers gehoͤren denn auch deſſen Arbeiten in einigen Kappellen der Kirche ſta Ma- *) Seine Mauergemaͤlde im Dome zu Orvieto, durch das Kupferwerk des Della Valle. Seine trefflichen Arbeiten im Kloſter Monte Uliveto maggiore werde ich ſpaͤterhin beruͤhren. Viele ſei- ner Staffeleygemaͤlde vereinigt das Chor des Domes zu Cortona, einige andere eine ihm gegenuͤberliegende Bruͤderſchaft. Schoͤner, als dieſe, meiſt ſpaͤteſten Arbeiten des Kuͤnſtlers, ſind einige Ge- maͤlde der Sacriſtey zu Volterra; ſchaͤtzenswerth einige andere in der Gallerie der Uffizj zu Florenz, beſonders die ſchoͤnen Seiten- fluͤgel mit ſtehenden Heiligen in der ehmals ſolly’ſchen, gegenwaͤr- tig Koͤn. preußiſchen Sammlung zu Berlin.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/351>, abgerufen am 22.11.2024.