bibliothek *), welche sichtlich noch in der ersten Hälfte des funfzehnten Jahrhundertes beendet sind. Das zweyte Blatt dieses Buches enthält ein jüngstes Gericht von guter und ei- genthümlicher Erfindung und feiner, gefühlvoller Beendigung der Köpfe. Die Darstellung des Kindermordes, auf der Rück- seite des Blattes 101., ist ebenfalls beachtenswerth; ein einzi- ger Scherge schlachtet die Unschuldigen, welche vor ihm aufge- häuft liegen; Soldaten im Hintergrunde, Weibergruppen zu beiden Seiten. Der Künstler war hier, wie auf der Rück- seite des Blattes 123., wo eine sehr einfach geordnete Anbe- tung der Könige, auf Oekonomie des Raumes angewiesen.
Entschiedener meldet sich der Einfluß jenes ausgezeichne- ten Sienesers zu Asisi, wo an der äußeren Wand des Hos- pitales ss. Giacomo ed Antonio Abbate, anders, s. Giovan- nino di Via superba, ein Madonnenbild, daneben s. Jacob und s. Anton, unterhalb welcher Figuren vier Pilger in kleineren Ausmessungen die Jungfrau knieend verehren. Im Schnitte der Gesichtsformen, im bräunlichen Haupttone und anderen Dingen erinnert dieses Gemälde lebhaft an das Eigenthüm- liche des Thaddeo di Bartolo. Die verstümmelte Aufschrift am Sockel enthielt noch im Jahre 1819. folgende lesbare Worte:
.... opus factum fuit M. CCCC. XXII. tp. .......... die XXVI. mensis ....
Gegenüber und scheinbar von derselben Hand gemalt ein engli- scher Gruß, der Engel halb weggebrochen; daneben wiederum s. Jacob. Unter diesem zweyten Bilde las ich:
dcs. (dictus) Martinellus M. CCCC. XXII. die XXVI. mensis octubris.
*)Bibl. de' Canonici del Duomo di Perugia, No. 43.
bibliothek *), welche ſichtlich noch in der erſten Haͤlfte des funfzehnten Jahrhundertes beendet ſind. Das zweyte Blatt dieſes Buches enthaͤlt ein juͤngſtes Gericht von guter und ei- genthuͤmlicher Erfindung und feiner, gefuͤhlvoller Beendigung der Koͤpfe. Die Darſtellung des Kindermordes, auf der Ruͤck- ſeite des Blattes 101., iſt ebenfalls beachtenswerth; ein einzi- ger Scherge ſchlachtet die Unſchuldigen, welche vor ihm aufge- haͤuft liegen; Soldaten im Hintergrunde, Weibergruppen zu beiden Seiten. Der Kuͤnſtler war hier, wie auf der Ruͤck- ſeite des Blattes 123., wo eine ſehr einfach geordnete Anbe- tung der Koͤnige, auf Oekonomie des Raumes angewieſen.
Entſchiedener meldet ſich der Einfluß jenes ausgezeichne- ten Sieneſers zu Aſiſi, wo an der aͤußeren Wand des Hos- pitales ſſ. Giacomo ed Antonio Abbate, anders, ſ. Giovan- nino di Via ſuperba, ein Madonnenbild, daneben ſ. Jacob und ſ. Anton, unterhalb welcher Figuren vier Pilger in kleineren Ausmeſſungen die Jungfrau knieend verehren. Im Schnitte der Geſichtsformen, im braͤunlichen Haupttone und anderen Dingen erinnert dieſes Gemaͤlde lebhaft an das Eigenthuͤm- liche des Thaddeo di Bartolo. Die verſtuͤmmelte Aufſchrift am Sockel enthielt noch im Jahre 1819. folgende lesbare Worte:
.... opus factum fuit M. CCCC. XXII. tp. .......... die XXVI. mensis ....
Gegenuͤber und ſcheinbar von derſelben Hand gemalt ein engli- ſcher Gruß, der Engel halb weggebrochen; daneben wiederum ſ. Jacob. Unter dieſem zweyten Bilde las ich:
dcs. (dictus) Martinellus M. CCCC. XXII. die XXVI. mensis octubris.
*)Bibl. de’ Canonici del Duomo di Perugia, No. 43.
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bibliothek *), welche ſichtlich noch in der erſten Haͤlfte des
funfzehnten Jahrhundertes beendet ſind. Das zweyte Blatt
dieſes Buches enthaͤlt ein juͤngſtes Gericht von guter und ei-
genthuͤmlicher Erfindung und feiner, gefuͤhlvoller Beendigung
der Koͤpfe. Die Darſtellung des Kindermordes, auf der Ruͤck-
ſeite des Blattes 101., iſt ebenfalls beachtenswerth; ein einzi-
ger Scherge ſchlachtet die Unſchuldigen, welche vor ihm aufge-
haͤuft liegen; Soldaten im Hintergrunde, Weibergruppen zu
beiden Seiten. Der Kuͤnſtler war hier, wie auf der Ruͤck-
ſeite des Blattes 123., wo eine ſehr einfach geordnete Anbe-
tung der Koͤnige, auf Oekonomie des Raumes angewieſen.
Entſchiedener meldet ſich der Einfluß jenes ausgezeichne-
ten Sieneſers zu Aſiſi, wo an der aͤußeren Wand des Hos-
pitales ſſ. Giacomo ed Antonio Abbate, anders, ſ. Giovan-
nino di Via ſuperba, ein Madonnenbild, daneben ſ. Jacob
und ſ. Anton, unterhalb welcher Figuren vier Pilger in kleineren
Ausmeſſungen die Jungfrau knieend verehren. Im Schnitte
der Geſichtsformen, im braͤunlichen Haupttone und anderen
Dingen erinnert dieſes Gemaͤlde lebhaft an das Eigenthuͤm-
liche des Thaddeo di Bartolo. Die verſtuͤmmelte Aufſchrift am
Sockel enthielt noch im Jahre 1819. folgende lesbare Worte:
.... opus factum fuit M. CCCC. XXII. tp.
.......... die XXVI. mensis ....
Gegenuͤber und ſcheinbar von derſelben Hand gemalt ein engli-
ſcher Gruß, der Engel halb weggebrochen; daneben wiederum
ſ. Jacob. Unter dieſem zweyten Bilde las ich:
dcs. (dictus) Martinellus M. CCCC. XXII. die
XXVI. mensis octubris.
*) Bibl. de’ Canonici del Duomo di Perugia, No. 43.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/330>, abgerufen am 22.11.2024.
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