geln (den meist ausgeladenen Theilen) eine gewisse kantige Schärfe. Dieses musterhafte Werk hat man vor einigen Jah- ren bey Reinigung der Brunnenröhren leider der schönen Pa- tina beraubt, mit welcher die Zeit dasselbe überzogen hatte, wodurch Härten entstanden sind, welche künftige Beschauer nicht dem Künstler, sondern der künstlerischen Barbarey unse- rer Tage beymessen wollen.
Vasari giebt in dem Leben des Andrea umständliche Nachricht von den mancherley Hülfswegen, welche dieser Künst- ler eingeschlagen hat, um den Bildungsgesetzen der Natur auf die Spur zu kommen. Er habe, meldet er, zuerst versucht Theile von lebenden Menschen und Leichnamen in Gyps abzu- formen, und diese Model auszugießen; da das Andenken des Verocchio vermöge seiner Schüler Lorenzo di Credi und Lio- nardo da Vinci zu Anfang des sechzehnten Jahrhundertes noch lebendig seyn mußte; da ferner seine Werke überall den Aufdruck einer ängstlichen, unfreyen Berücksichtigung des sinn- lich Vorliegenden zu tragen scheinen; so wird jenem Schriftstel- ler hierin zu trauen seyn. Denselben Sinn trug er aber auch in seine malerischen Versuche hinüber, deren einer, die Taufe Christi, gegenwärtig in der Gallerie der florentinischen Akade- mie zu sehn ist; ein dürftiges Bild, welches jenen Engel ent- hält, den, nach Vasari, Lionardo als Knabe gemalt und hie- durch, da solcher für sein junges Alter wohlgelungen war, den Meister von ferneren Versuchen in dieser Kunstart abge- schreckt hat.
Dieser große Schüler giebt dem Andrea eine allgemeinere Wichtigkeit, als seine eigenen, obwohl durchhin beachtenswer- then, bisweilen herrlichen Arbeiten. Einem geringeren, zu be- schränkten Talente, dem Maler Lorenzo di Credi, hatte Andrea
eben-
geln (den meiſt ausgeladenen Theilen) eine gewiſſe kantige Schaͤrfe. Dieſes muſterhafte Werk hat man vor einigen Jah- ren bey Reinigung der Brunnenroͤhren leider der ſchoͤnen Pa- tina beraubt, mit welcher die Zeit daſſelbe uͤberzogen hatte, wodurch Haͤrten entſtanden ſind, welche kuͤnftige Beſchauer nicht dem Kuͤnſtler, ſondern der kuͤnſtleriſchen Barbarey unſe- rer Tage beymeſſen wollen.
Vaſari giebt in dem Leben des Andrea umſtaͤndliche Nachricht von den mancherley Huͤlfswegen, welche dieſer Kuͤnſt- ler eingeſchlagen hat, um den Bildungsgeſetzen der Natur auf die Spur zu kommen. Er habe, meldet er, zuerſt verſucht Theile von lebenden Menſchen und Leichnamen in Gyps abzu- formen, und dieſe Model auszugießen; da das Andenken des Verocchio vermoͤge ſeiner Schuͤler Lorenzo di Credi und Lio- nardo da Vinci zu Anfang des ſechzehnten Jahrhundertes noch lebendig ſeyn mußte; da ferner ſeine Werke uͤberall den Aufdruck einer aͤngſtlichen, unfreyen Beruͤckſichtigung des ſinn- lich Vorliegenden zu tragen ſcheinen; ſo wird jenem Schriftſtel- ler hierin zu trauen ſeyn. Denſelben Sinn trug er aber auch in ſeine maleriſchen Verſuche hinuͤber, deren einer, die Taufe Chriſti, gegenwaͤrtig in der Gallerie der florentiniſchen Akade- mie zu ſehn iſt; ein duͤrftiges Bild, welches jenen Engel ent- haͤlt, den, nach Vaſari, Lionardo als Knabe gemalt und hie- durch, da ſolcher fuͤr ſein junges Alter wohlgelungen war, den Meiſter von ferneren Verſuchen in dieſer Kunſtart abge- ſchreckt hat.
Dieſer große Schuͤler giebt dem Andrea eine allgemeinere Wichtigkeit, als ſeine eigenen, obwohl durchhin beachtenswer- then, bisweilen herrlichen Arbeiten. Einem geringeren, zu be- ſchraͤnkten Talente, dem Maler Lorenzo di Credi, hatte Andrea
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geln (den meiſt ausgeladenen Theilen) eine gewiſſe kantige
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ren bey Reinigung der Brunnenroͤhren leider der ſchoͤnen Pa-
tina beraubt, mit welcher die Zeit daſſelbe uͤberzogen hatte,
wodurch Haͤrten entſtanden ſind, welche kuͤnftige Beſchauer
nicht dem Kuͤnſtler, ſondern der kuͤnſtleriſchen Barbarey unſe-
rer Tage beymeſſen wollen.
Vaſari giebt in dem Leben des Andrea umſtaͤndliche
Nachricht von den mancherley Huͤlfswegen, welche dieſer Kuͤnſt-
ler eingeſchlagen hat, um den Bildungsgeſetzen der Natur auf
die Spur zu kommen. Er habe, meldet er, zuerſt verſucht
Theile von lebenden Menſchen und Leichnamen in Gyps abzu-
formen, und dieſe Model auszugießen; da das Andenken des
Verocchio vermoͤge ſeiner Schuͤler Lorenzo di Credi und Lio-
nardo da Vinci zu Anfang des ſechzehnten Jahrhundertes
noch lebendig ſeyn mußte; da ferner ſeine Werke uͤberall den
Aufdruck einer aͤngſtlichen, unfreyen Beruͤckſichtigung des ſinn-
lich Vorliegenden zu tragen ſcheinen; ſo wird jenem Schriftſtel-
ler hierin zu trauen ſeyn. Denſelben Sinn trug er aber auch
in ſeine maleriſchen Verſuche hinuͤber, deren einer, die Taufe
Chriſti, gegenwaͤrtig in der Gallerie der florentiniſchen Akade-
mie zu ſehn iſt; ein duͤrftiges Bild, welches jenen Engel ent-
haͤlt, den, nach Vaſari, Lionardo als Knabe gemalt und hie-
durch, da ſolcher fuͤr ſein junges Alter wohlgelungen war,
den Meiſter von ferneren Verſuchen in dieſer Kunſtart abge-
ſchreckt hat.
Dieſer große Schuͤler giebt dem Andrea eine allgemeinere
Wichtigkeit, als ſeine eigenen, obwohl durchhin beachtenswer-
then, bisweilen herrlichen Arbeiten. Einem geringeren, zu be-
ſchraͤnkten Talente, dem Maler Lorenzo di Credi, hatte Andrea
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/322>, abgerufen am 25.11.2024.
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