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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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durchaus unnachahmlich: daß in ihnen ein malerischer Geist
im bildnerischen Stoffe, malerisch vortrefflich, bildnerisch ge-
nügend, wenigstens nicht verletzend, sich ausgedrückt hat. Für
Gemälde, nicht für Bildnerarbeit sind sie anzusehn, wenn man
anders ihren vollen Werth und Sinn auffassen, sie ungetrübt
genießen will. Als Gemälde erscheinen sie, wenn man sie
an einem hellen Vormittage scharf vom schräg einfallenden
Sonnenlichte beleuchtet, ungestört von bildnerischen Stylanfor-
derungen, betrachtet; als Gemälde hatte sie der Künstler
selbst *) sich gedacht, und, was er bestrebte, vornehmlich durch
absichtliche Unterordnung der Form, Hervorheben der Linie,
oder der Umrisse, so glücklich erreicht, als wir sehn. Indeß
ist dieser unerhörte Sieg des Genius über die unerbittlichen
Foderungen des Stoffes der erste und einzige. Wer ihn er-
neuen wollte, würde nur die Niederlage so vieler Nachfolger

*) Lor. Ghib. tratt. cod. cit. fo. 11. -- Cominciai detto lavo-
rio in quadri, i quali erano di grandeza d'uno braccio e terzo. Le
quali istorie, molto copiose di figure, erano istorie del testamento
vecchio: nelle quali mi ingegnai, con ogni misura osser-
vare, in essa cercare imitare la natura, quanto a me
fosse possibile et con tutti lineamenti, che in essa po-
tessi produrre, et con egregij componimenti et dovi-
ziosi con moltissime figure
. Missi in alcuna istoria circa
di figure cento
; in quale istoria meno et in qual piu. Condussi
detta opera con grandissima diligenzia et con grandissimo amore.
Tuttii casamenti colla ragione, che l'occhio gli mi-
sura e (i) veri, in modo tale (che) stando rimoti da
essi, appariscono rilevati
. Hanno pochissimo rilievo, et in
su e (i) piani si veggono le figure, che sono propinque
apparire maggiori, et le rimote minori
. -- Es ist merk-
würdig, daß ein Bildner von Beruf damals die malerische Bestre-
bungen weiter hinaus verfolgte, als seinerzeit irgend ein Maler
von Beruf.

durchaus unnachahmlich: daß in ihnen ein maleriſcher Geiſt
im bildneriſchen Stoffe, maleriſch vortrefflich, bildneriſch ge-
nuͤgend, wenigſtens nicht verletzend, ſich ausgedruͤckt hat. Fuͤr
Gemaͤlde, nicht fuͤr Bildnerarbeit ſind ſie anzuſehn, wenn man
anders ihren vollen Werth und Sinn auffaſſen, ſie ungetruͤbt
genießen will. Als Gemaͤlde erſcheinen ſie, wenn man ſie
an einem hellen Vormittage ſcharf vom ſchraͤg einfallenden
Sonnenlichte beleuchtet, ungeſtoͤrt von bildneriſchen Stylanfor-
derungen, betrachtet; als Gemaͤlde hatte ſie der Kuͤnſtler
ſelbſt *) ſich gedacht, und, was er beſtrebte, vornehmlich durch
abſichtliche Unterordnung der Form, Hervorheben der Linie,
oder der Umriſſe, ſo gluͤcklich erreicht, als wir ſehn. Indeß
iſt dieſer unerhoͤrte Sieg des Genius uͤber die unerbittlichen
Foderungen des Stoffes der erſte und einzige. Wer ihn er-
neuen wollte, wuͤrde nur die Niederlage ſo vieler Nachfolger

*) Lor. Ghib. tratt. cod. cit. fo. 11. — Cominciai detto lavo-
rio in quadri, i quali erano di grandeza d’uno braccio e terzo. Le
quali istorie, molto copiose di figure, erano istorie del testamento
vecchio: nelle quali mi ingegnai, con ogni misura osser-
vare, in essa cercare imitare la natura, quanto a me
fosse possibile et con tutti lineamenti, che in essa po-
tessi produrre, et con egregij componimenti et dovi-
ziosi con moltissime figure
. Missi in alcuna istoria circa
di figure cento
; in quale istoria meno et in qual più. Condussi
detta opera con grandissima diligenzia et con grandissimo amore.
Tuttii casamenti colla ragione, che l’occhio gli mi-
sura e (i) veri, in modo tale (che) stando rimoti da
essi, appariscono rilevati
. Hanno pochissimo rilievo, et in
su e (i) piani si veggono le figure, che sono propinque
apparire maggiori, et le rimote minori
. — Es iſt merk-
wuͤrdig, daß ein Bildner von Beruf damals die maleriſche Beſtre-
bungen weiter hinaus verfolgte, als ſeinerzeit irgend ein Maler
von Beruf.
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[234/0252] durchaus unnachahmlich: daß in ihnen ein maleriſcher Geiſt im bildneriſchen Stoffe, maleriſch vortrefflich, bildneriſch ge- nuͤgend, wenigſtens nicht verletzend, ſich ausgedruͤckt hat. Fuͤr Gemaͤlde, nicht fuͤr Bildnerarbeit ſind ſie anzuſehn, wenn man anders ihren vollen Werth und Sinn auffaſſen, ſie ungetruͤbt genießen will. Als Gemaͤlde erſcheinen ſie, wenn man ſie an einem hellen Vormittage ſcharf vom ſchraͤg einfallenden Sonnenlichte beleuchtet, ungeſtoͤrt von bildneriſchen Stylanfor- derungen, betrachtet; als Gemaͤlde hatte ſie der Kuͤnſtler ſelbſt *) ſich gedacht, und, was er beſtrebte, vornehmlich durch abſichtliche Unterordnung der Form, Hervorheben der Linie, oder der Umriſſe, ſo gluͤcklich erreicht, als wir ſehn. Indeß iſt dieſer unerhoͤrte Sieg des Genius uͤber die unerbittlichen Foderungen des Stoffes der erſte und einzige. Wer ihn er- neuen wollte, wuͤrde nur die Niederlage ſo vieler Nachfolger *) Lor. Ghib. tratt. cod. cit. fo. 11. — Cominciai detto lavo- rio in quadri, i quali erano di grandeza d’uno braccio e terzo. Le quali istorie, molto copiose di figure, erano istorie del testamento vecchio: nelle quali mi ingegnai, con ogni misura osser- vare, in essa cercare imitare la natura, quanto a me fosse possibile et con tutti lineamenti, che in essa po- tessi produrre, et con egregij componimenti et dovi- ziosi con moltissime figure. Missi in alcuna istoria circa di figure cento; in quale istoria meno et in qual più. Condussi detta opera con grandissima diligenzia et con grandissimo amore. Tuttii casamenti colla ragione, che l’occhio gli mi- sura e (i) veri, in modo tale (che) stando rimoti da essi, appariscono rilevati. Hanno pochissimo rilievo, et in su e (i) piani si veggono le figure, che sono propinque apparire maggiori, et le rimote minori. — Es iſt merk- wuͤrdig, daß ein Bildner von Beruf damals die maleriſche Beſtre- bungen weiter hinaus verfolgte, als ſeinerzeit irgend ein Maler von Beruf.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/252>, abgerufen am 22.11.2024.