Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

gorius Lolli den Grund. Der erste von Allen war der Car-
dinal von Pavia; dieser erbaute ein schönes und wohlbelege-
nes Haus, welches ein Viereck bildete und von allen Seiten
frey war. Der Cardinal von Mantua kaufte einen Bauplatz.
Auch Thomas, der päbstliche Kämmerer und Bewahrer des
bleyernen Siegels, selbst einige Eigenthümer, warfen die alten
Häuser ab, um neue aufzurichten; so daß allenthalben die vo-
rige Gestalt des Ortes verschwand. Darauf, am Feste des
heil. Johonnes, weihte der Pabst die Kirche, und versetzte da-
hin den Bischof von Chiusi, Johannes Cinughi. Er sicherte
die Kirche gegen verstellende Aenderungen durch eine Verord-
nung, welche den Bannfluch gegen Alle ausspricht, die ihr ent-
gegenhandeln. Sie ist gegen allen Gebrauch bis auf den heu-
tigen Tag befolgt worden, eben wie überhaupt alle obener-
wähnte Gebäude, wenigstens an den Außenseiten, noch immer
ihre alte Gestalt bewahren.

Wir haben gesehen, daß Pius seinen Baumeister einen
Bernhard aus Florenz nennt; Niemand konnte in der
That wohl besser, als der Bauherr selbst, den Namen und das
Vaterland seines Architecten angeben. Vasari *) hingegen
mißt den ganzen Bau dem Francesco di Giorgio bey,
einem Maler, Bildner und Baumeister aus Siena, und hierin
sind ihm, wie gewöhnlich, die meisten, ja vielleicht alle **)
neueren Kunstbücher gefolgt. Wäre Vasari ein durchgehend

**) Z. B. Milizia, vite degli Architetti, und Della Valle, lettere
Senesi T. III.
in der Hauptschrift über Francesco di G. Diese ist
jedoch ein unreifes Gemisch von Auszügen und gewagten Urtheilen,
aus dem kein einziges Resultat hervorgeht. Aus einigen Nachwei-
sungen habe ich indeß Nutzen gezogen.

gorius Lolli den Grund. Der erſte von Allen war der Car-
dinal von Pavia; dieſer erbaute ein ſchoͤnes und wohlbelege-
nes Haus, welches ein Viereck bildete und von allen Seiten
frey war. Der Cardinal von Mantua kaufte einen Bauplatz.
Auch Thomas, der paͤbſtliche Kaͤmmerer und Bewahrer des
bleyernen Siegels, ſelbſt einige Eigenthuͤmer, warfen die alten
Haͤuſer ab, um neue aufzurichten; ſo daß allenthalben die vo-
rige Geſtalt des Ortes verſchwand. Darauf, am Feſte des
heil. Johonnes, weihte der Pabſt die Kirche, und verſetzte da-
hin den Biſchof von Chiuſi, Johannes Cinughi. Er ſicherte
die Kirche gegen verſtellende Aenderungen durch eine Verord-
nung, welche den Bannfluch gegen Alle ausſpricht, die ihr ent-
gegenhandeln. Sie iſt gegen allen Gebrauch bis auf den heu-
tigen Tag befolgt worden, eben wie uͤberhaupt alle obener-
waͤhnte Gebaͤude, wenigſtens an den Außenſeiten, noch immer
ihre alte Geſtalt bewahren.

Wir haben geſehen, daß Pius ſeinen Baumeiſter einen
Bernhard aus Florenz nennt; Niemand konnte in der
That wohl beſſer, als der Bauherr ſelbſt, den Namen und das
Vaterland ſeines Architecten angeben. Vaſari *) hingegen
mißt den ganzen Bau dem Francesco di Giorgio bey,
einem Maler, Bildner und Baumeiſter aus Siena, und hierin
ſind ihm, wie gewoͤhnlich, die meiſten, ja vielleicht alle **)
neueren Kunſtbuͤcher gefolgt. Waͤre Vaſari ein durchgehend

**) Z. B. Milizia, vite degli Architetti, und Della Valle, lettere
Senesi T. III.
in der Hauptſchrift uͤber Francesco di G. Dieſe iſt
jedoch ein unreifes Gemiſch von Auszuͤgen und gewagten Urtheilen,
aus dem kein einziges Reſultat hervorgeht. Aus einigen Nachwei-
ſungen habe ich indeß Nutzen gezogen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0200" n="182"/><persName xml:id="pn4b" prev="#pn4a">gorius Lolli</persName> den Grund. Der er&#x017F;te von Allen war der Car-<lb/>
dinal von <placeName>Pavia</placeName>; die&#x017F;er erbaute ein &#x017F;cho&#x0364;nes und wohlbelege-<lb/>
nes Haus, welches ein Viereck bildete und von allen Seiten<lb/>
frey war. Der Cardinal von <placeName>Mantua</placeName> kaufte einen Bauplatz.<lb/>
Auch Thomas, der pa&#x0364;b&#x017F;tliche Ka&#x0364;mmerer und Bewahrer des<lb/>
bleyernen Siegels, &#x017F;elb&#x017F;t einige Eigenthu&#x0364;mer, warfen die alten<lb/>
Ha&#x0364;u&#x017F;er ab, um neue aufzurichten; &#x017F;o daß allenthalben die vo-<lb/>
rige Ge&#x017F;talt des Ortes ver&#x017F;chwand. Darauf, am Fe&#x017F;te des<lb/>
heil. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118557858">Johonnes</persName>, weihte der Pab&#x017F;t die Kirche, und ver&#x017F;etzte da-<lb/>
hin den Bi&#x017F;chof von <placeName>Chiu&#x017F;i</placeName>, <persName ref="nognd">Johannes Cinughi</persName>. Er &#x017F;icherte<lb/>
die Kirche gegen ver&#x017F;tellende Aenderungen durch eine Verord-<lb/>
nung, welche den Bannfluch gegen Alle aus&#x017F;pricht, die ihr ent-<lb/>
gegenhandeln. Sie i&#x017F;t gegen allen Gebrauch bis auf den heu-<lb/>
tigen Tag befolgt worden, eben wie u&#x0364;berhaupt alle obener-<lb/>
wa&#x0364;hnte Geba&#x0364;ude, wenig&#x017F;tens an den Außen&#x017F;eiten, noch immer<lb/>
ihre alte Ge&#x017F;talt bewahren.</p><lb/>
            <p>Wir haben ge&#x017F;ehen, daß <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118594702">Pius</persName> &#x017F;einen Baumei&#x017F;ter einen<lb/><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118791214">Bernhard</persName> aus <placeName>Florenz</placeName></hi> nennt; Niemand konnte in der<lb/>
That wohl be&#x017F;&#x017F;er, als der Bauherr &#x017F;elb&#x017F;t, den Namen und das<lb/>
Vaterland &#x017F;eines Architecten angeben. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Va&#x017F;ari</persName> <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Vita di <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118782339">Francesco di Giorgio</persName>.</hi></note> hingegen<lb/>
mißt den ganzen Bau dem <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118782339">Francesco di Giorgio</persName></hi> bey,<lb/>
einem Maler, Bildner und Baumei&#x017F;ter aus <placeName>Siena</placeName>, und hierin<lb/>
&#x017F;ind ihm, wie gewo&#x0364;hnlich, die mei&#x017F;ten, ja vielleicht alle <note place="foot" n="**)">Z. B. <hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118783947">Milizia</persName>, vite degli Architetti,</hi> und <hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/100103405">Della Valle</persName>, lettere<lb/><placeName>Senesi</placeName> T. III.</hi> in der Haupt&#x017F;chrift u&#x0364;ber <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118782339">Francesco di G.</persName> Die&#x017F;e i&#x017F;t<lb/>
jedoch ein unreifes Gemi&#x017F;ch von Auszu&#x0364;gen und gewagten Urtheilen,<lb/>
aus dem kein einziges Re&#x017F;ultat hervorgeht. Aus einigen Nachwei-<lb/>
&#x017F;ungen habe ich indeß Nutzen gezogen.</note><lb/>
neueren Kun&#x017F;tbu&#x0364;cher gefolgt. Wa&#x0364;re <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Va&#x017F;ari</persName> ein durchgehend<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0200] gorius Lolli den Grund. Der erſte von Allen war der Car- dinal von Pavia; dieſer erbaute ein ſchoͤnes und wohlbelege- nes Haus, welches ein Viereck bildete und von allen Seiten frey war. Der Cardinal von Mantua kaufte einen Bauplatz. Auch Thomas, der paͤbſtliche Kaͤmmerer und Bewahrer des bleyernen Siegels, ſelbſt einige Eigenthuͤmer, warfen die alten Haͤuſer ab, um neue aufzurichten; ſo daß allenthalben die vo- rige Geſtalt des Ortes verſchwand. Darauf, am Feſte des heil. Johonnes, weihte der Pabſt die Kirche, und verſetzte da- hin den Biſchof von Chiuſi, Johannes Cinughi. Er ſicherte die Kirche gegen verſtellende Aenderungen durch eine Verord- nung, welche den Bannfluch gegen Alle ausſpricht, die ihr ent- gegenhandeln. Sie iſt gegen allen Gebrauch bis auf den heu- tigen Tag befolgt worden, eben wie uͤberhaupt alle obener- waͤhnte Gebaͤude, wenigſtens an den Außenſeiten, noch immer ihre alte Geſtalt bewahren. Wir haben geſehen, daß Pius ſeinen Baumeiſter einen Bernhard aus Florenz nennt; Niemand konnte in der That wohl beſſer, als der Bauherr ſelbſt, den Namen und das Vaterland ſeines Architecten angeben. Vaſari *) hingegen mißt den ganzen Bau dem Francesco di Giorgio bey, einem Maler, Bildner und Baumeiſter aus Siena, und hierin ſind ihm, wie gewoͤhnlich, die meiſten, ja vielleicht alle **) neueren Kunſtbuͤcher gefolgt. Waͤre Vaſari ein durchgehend *) Vita di Francesco di Giorgio. **) Z. B. Milizia, vite degli Architetti, und Della Valle, lettere Senesi T. III. in der Hauptſchrift uͤber Francesco di G. Dieſe iſt jedoch ein unreifes Gemiſch von Auszuͤgen und gewagten Urtheilen, aus dem kein einziges Reſultat hervorgeht. Aus einigen Nachwei- ſungen habe ich indeß Nutzen gezogen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/200
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/200>, abgerufen am 27.11.2024.