Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

Obwohl nun so viel Gründe vorhanden sind, dieses nicht
unbeträchtliche Guthaben auf die ganze, nicht sehr ausgedehnte
Vorseite des Hauses zu, beziehn, so hat dennoch bey den
florentinischen Topographen seit längerer Zeit das Vorurtheil
sich festgesetzt, daß die oberen Abtheilungen der Mauer schon
ungleich früher gemalt seyn müssen. Richa *) hat diese, in
den Zwischenräumen der Fenster des oberen Stockes ange-
brachten Gemälde, ohne seine Gründe anzugeben, dem Tad-
deo di Gaddo
beygemessen; er folgt hierin nicht einmal dem
Vasari. Andere, besonders Lami, verlegen dieselben Male-
reyen in das dreyzehnte Jahrhundert, was schon in Ansehung
der Manier, in welcher sie ausgeführt worden, auf keine
Weise einzuräumen ist.

Die florentinischen Topographen scheinen davon auszu-
gehn, daß der Gegenstand jener oberen Wandgemälde des Bi-
gallo (Begebenheiten aus der Legende des Hl. Petrus Martyr)
nothwendig von der Gesellschaft der Misericordia müssen an-
geordnet seyn, welche nicht früher, als im Jahre 1425. mit
der jüngeren Gesellschaft des Bigallo sich verschmolzen hat.
Doch weßhalb sollte das Andenken der Stiftung jener ersten
Gesellschaft für die spätere, vereinigte, so allen Werth verlo-
ren haben, daß man unumgänglich annehmen müßte, sie habe
nichts anordnen können, was auf jene Bezug hat? -- Ließ

Fortsetzung der Berechnung mit dem Maler in obigem libro 23. fo.
cit.
und fo. 192. 193. 195. 199. -- Bemerken wir, daß der Vaters-
name häufiger, Chelini, geschrieben wird; wahrscheinlich ist er
aus Michelino abgekürzt worden. -- Im Archiv della gen. Biccherna
di Siena
fand ich, B. 121. anno 1319. 31. Dec. Item -- Chelino
Choletti operario comunis Senarum etc.
*) Delle chiese di Fir. To. cit. p. 289. §. XVII.

Obwohl nun ſo viel Gruͤnde vorhanden ſind, dieſes nicht
unbetraͤchtliche Guthaben auf die ganze, nicht ſehr ausgedehnte
Vorſeite des Hauſes zu, beziehn, ſo hat dennoch bey den
florentiniſchen Topographen ſeit laͤngerer Zeit das Vorurtheil
ſich feſtgeſetzt, daß die oberen Abtheilungen der Mauer ſchon
ungleich fruͤher gemalt ſeyn muͤſſen. Richa *) hat dieſe, in
den Zwiſchenraͤumen der Fenſter des oberen Stockes ange-
brachten Gemaͤlde, ohne ſeine Gruͤnde anzugeben, dem Tad-
deo di Gaddo
beygemeſſen; er folgt hierin nicht einmal dem
Vaſari. Andere, beſonders Lami, verlegen dieſelben Male-
reyen in das dreyzehnte Jahrhundert, was ſchon in Anſehung
der Manier, in welcher ſie ausgefuͤhrt worden, auf keine
Weiſe einzuraͤumen iſt.

Die florentiniſchen Topographen ſcheinen davon auszu-
gehn, daß der Gegenſtand jener oberen Wandgemaͤlde des Bi-
gallo (Begebenheiten aus der Legende des Hl. Petrus Martyr)
nothwendig von der Geſellſchaft der Miſericordia muͤſſen an-
geordnet ſeyn, welche nicht fruͤher, als im Jahre 1425. mit
der juͤngeren Geſellſchaft des Bigallo ſich verſchmolzen hat.
Doch weßhalb ſollte das Andenken der Stiftung jener erſten
Geſellſchaft fuͤr die ſpaͤtere, vereinigte, ſo allen Werth verlo-
ren haben, daß man unumgaͤnglich annehmen muͤßte, ſie habe
nichts anordnen koͤnnen, was auf jene Bezug hat? — Ließ

Fortſetzung der Berechnung mit dem Maler in obigem libro 23. fo.
cit.
und fo. 192. 193. 195. 199. — Bemerken wir, daß der Vaters-
name haͤufiger, Chelini, geſchrieben wird; wahrſcheinlich iſt er
aus Michelino abgekuͤrzt worden. — Im Archiv della gen. Biccherna
di Siena
fand ich, B. 121. anno 1319. 31. Dec. Item — Chelino
Choletti operario comunis Senarum etc.
*) Delle chiese di Fir. To. cit. p. 289. §. XVII.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0188" n="170"/>
          <p>Obwohl nun &#x017F;o viel Gru&#x0364;nde vorhanden &#x017F;ind, die&#x017F;es nicht<lb/>
unbetra&#x0364;chtliche Guthaben auf die ganze, nicht &#x017F;ehr ausgedehnte<lb/>
Vor&#x017F;eite des Hau&#x017F;es zu, beziehn, &#x017F;o hat dennoch bey den<lb/>
florentini&#x017F;chen Topographen &#x017F;eit la&#x0364;ngerer Zeit das Vorurtheil<lb/>
&#x017F;ich fe&#x017F;tge&#x017F;etzt, daß die oberen Abtheilungen der Mauer &#x017F;chon<lb/>
ungleich fru&#x0364;her gemalt &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/100323677">Richa</persName> <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Delle chiese di <placeName>Fir.</placeName> To. cit. p. 289. §. XVII.</hi></note> hat die&#x017F;e, in<lb/>
den Zwi&#x017F;chenra&#x0364;umen der Fen&#x017F;ter des oberen Stockes ange-<lb/>
brachten Gema&#x0364;lde, ohne &#x017F;eine Gru&#x0364;nde anzugeben, dem <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118716077">Tad-<lb/>
deo di Gaddo</persName> beygeme&#x017F;&#x017F;en; er folgt hierin nicht einmal dem<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Va&#x017F;ari</persName>. Andere, be&#x017F;onders Lami, verlegen die&#x017F;elben Male-<lb/>
reyen in das dreyzehnte Jahrhundert, was &#x017F;chon in An&#x017F;ehung<lb/>
der Manier, in welcher &#x017F;ie ausgefu&#x0364;hrt worden, auf keine<lb/>
Wei&#x017F;e einzura&#x0364;umen i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Die florentini&#x017F;chen Topographen &#x017F;cheinen davon auszu-<lb/>
gehn, daß der Gegen&#x017F;tand jener oberen Wandgema&#x0364;lde des Bi-<lb/>
gallo (Begebenheiten aus der Legende des Hl. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118593323">Petrus</persName> Martyr)<lb/>
nothwendig von der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft der Mi&#x017F;ericordia mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en an-<lb/>
geordnet &#x017F;eyn, welche nicht fru&#x0364;her, als im Jahre 1425. mit<lb/>
der ju&#x0364;ngeren Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft des Bigallo &#x017F;ich ver&#x017F;chmolzen hat.<lb/>
Doch weßhalb &#x017F;ollte das Andenken der Stiftung jener er&#x017F;ten<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft fu&#x0364;r die &#x017F;pa&#x0364;tere, vereinigte, &#x017F;o allen Werth verlo-<lb/>
ren haben, daß man unumga&#x0364;nglich annehmen mu&#x0364;ßte, &#x017F;ie habe<lb/>
nichts anordnen ko&#x0364;nnen, was auf jene Bezug hat? &#x2014; Ließ<lb/><note xml:id="fn23f" prev="#fn23i" place="foot" n="***)">Fort&#x017F;etzung der Berechnung mit dem Maler in obigem <hi rendition="#aq">libro 23. fo.<lb/>
cit.</hi> und <hi rendition="#aq">fo. 192. 193. 195. 199.</hi> &#x2014; Bemerken wir, daß der Vaters-<lb/>
name ha&#x0364;ufiger, <hi rendition="#g"><persName ref="vocab.getty.edu/ulan/500331116">Chelini</persName></hi>, ge&#x017F;chrieben wird; wahr&#x017F;cheinlich i&#x017F;t er<lb/>
aus <hi rendition="#aq">Michelino</hi> abgeku&#x0364;rzt worden. &#x2014; Im Archiv <hi rendition="#aq">della gen. Biccherna<lb/>
di <placeName>Siena</placeName></hi> fand ich, <hi rendition="#aq">B. 121. anno 1319. 31. Dec. Item &#x2014; <hi rendition="#g"><persName ref="vocab.getty.edu/ulan/500331116">Chelino</persName></hi><lb/>
Choletti operario comunis <placeName>Senarum</placeName> etc.</hi></note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0188] Obwohl nun ſo viel Gruͤnde vorhanden ſind, dieſes nicht unbetraͤchtliche Guthaben auf die ganze, nicht ſehr ausgedehnte Vorſeite des Hauſes zu, beziehn, ſo hat dennoch bey den florentiniſchen Topographen ſeit laͤngerer Zeit das Vorurtheil ſich feſtgeſetzt, daß die oberen Abtheilungen der Mauer ſchon ungleich fruͤher gemalt ſeyn muͤſſen. Richa *) hat dieſe, in den Zwiſchenraͤumen der Fenſter des oberen Stockes ange- brachten Gemaͤlde, ohne ſeine Gruͤnde anzugeben, dem Tad- deo di Gaddo beygemeſſen; er folgt hierin nicht einmal dem Vaſari. Andere, beſonders Lami, verlegen dieſelben Male- reyen in das dreyzehnte Jahrhundert, was ſchon in Anſehung der Manier, in welcher ſie ausgefuͤhrt worden, auf keine Weiſe einzuraͤumen iſt. Die florentiniſchen Topographen ſcheinen davon auszu- gehn, daß der Gegenſtand jener oberen Wandgemaͤlde des Bi- gallo (Begebenheiten aus der Legende des Hl. Petrus Martyr) nothwendig von der Geſellſchaft der Miſericordia muͤſſen an- geordnet ſeyn, welche nicht fruͤher, als im Jahre 1425. mit der juͤngeren Geſellſchaft des Bigallo ſich verſchmolzen hat. Doch weßhalb ſollte das Andenken der Stiftung jener erſten Geſellſchaft fuͤr die ſpaͤtere, vereinigte, ſo allen Werth verlo- ren haben, daß man unumgaͤnglich annehmen muͤßte, ſie habe nichts anordnen koͤnnen, was auf jene Bezug hat? — Ließ ***) *) Delle chiese di Fir. To. cit. p. 289. §. XVII. ***) Fortſetzung der Berechnung mit dem Maler in obigem libro 23. fo. cit. und fo. 192. 193. 195. 199. — Bemerken wir, daß der Vaters- name haͤufiger, Chelini, geſchrieben wird; wahrſcheinlich iſt er aus Michelino abgekuͤrzt worden. — Im Archiv della gen. Biccherna di Siena fand ich, B. 121. anno 1319. 31. Dec. Item — Chelino Choletti operario comunis Senarum etc.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/188
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/188>, abgerufen am 27.11.2024.