Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.die Schule des Nicolas von Pisa eingedrungen, welcher in sei- un- Ueberschrift: a le spese de l'aco di s. Onofrio. Es galt wohl eine
gothische Thurm-, oder Giebelspitze. -- Hierauf bezügliche allgemei- nere Traditionen, wie selbst vereinzelte Namen erscheinen in den Eingängen und früheren Lebensbeschreibungen des Vasari; auch ge- hört dahin jener Cöllnische Bildhauer bei Ghiberti, welcher seit Ci- cognara häufig besprochen wird. Unter den italienischen Bildnereyen in deutschem Geschmacke giebt es verschiedene, in denen der Aufdruck deutschen Geistes, deut- scher Manier und Formengebung so auffallend ist, daß ich nicht um- hin kann, sie für die Arbeit eines Deutschen zu halten, welcher, gleich den genannten, sich in Italien niedergelassen, oder doch als fahren- der Geselle in diesem Lande gearbeitet hat. -- Dahin gehören zwey höchst ähnliche Madonnenbilder von Marmorstucko, das eine und schönere in der Klosterkirche zu Grottaferrata, in dem Bezirke von Rom, das andere in einer der Tribunen der Kirche san Pietro in Grado in der Nähe von Pisa. Aus demselben Materiale besteht eine verwandte, obwohl geringere Darstellung desselben Gegenstan- des zur Linken des vergitterten Einganges zum Chore des Domes von Lübeck, einer Stadt, deren damaliger Flor gestattete, auch aus weiter Ferne Künstler anzuziehn. -- Schöne, in Helfenbein ausge- führte Nachbildungen jener italienischen Madonnen, sah ich im Jahre 1820. in der Kunsthandlung des Juweliers, H. Beccheroni, am Domplatze zu Florenz. die Schule des Nicolas von Piſa eingedrungen, welcher in ſei- un- Ueberſchrift: a le spese de l’aco di s. Onofrio. Es galt wohl eine
gothiſche Thurm-, oder Giebelſpitze. — Hierauf bezuͤgliche allgemei- nere Traditionen, wie ſelbſt vereinzelte Namen erſcheinen in den Eingaͤngen und fruͤheren Lebensbeſchreibungen des Vaſari; auch ge- hoͤrt dahin jener Coͤllniſche Bildhauer bei Ghiberti, welcher ſeit Ci- cognara haͤufig beſprochen wird. Unter den italieniſchen Bildnereyen in deutſchem Geſchmacke giebt es verſchiedene, in denen der Aufdruck deutſchen Geiſtes, deut- ſcher Manier und Formengebung ſo auffallend iſt, daß ich nicht um- hin kann, ſie fuͤr die Arbeit eines Deutſchen zu halten, welcher, gleich den genannten, ſich in Italien niedergelaſſen, oder doch als fahren- der Geſelle in dieſem Lande gearbeitet hat. — Dahin gehoͤren zwey hoͤchſt aͤhnliche Madonnenbilder von Marmorſtucko, das eine und ſchoͤnere in der Kloſterkirche zu Grottaferrata, in dem Bezirke von Rom, das andere in einer der Tribunen der Kirche ſan Pietro in Grado in der Naͤhe von Piſa. Aus demſelben Materiale beſteht eine verwandte, obwohl geringere Darſtellung deſſelben Gegenſtan- des zur Linken des vergitterten Einganges zum Chore des Domes von Luͤbeck, einer Stadt, deren damaliger Flor geſtattete, auch aus weiter Ferne Kuͤnſtler anzuziehn. — Schoͤne, in Helfenbein ausge- fuͤhrte Nachbildungen jener italieniſchen Madonnen, ſah ich im Jahre 1820. in der Kunſthandlung des Juweliers, H. Beccheroni, am Domplatze zu Florenz. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0162" n="144"/> die Schule des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118742752">Nicolas von Piſa</persName> eingedrungen, welcher in ſei-<lb/> nen fruͤheren Werken, beſonders in der Kanzel der Taufkirche<lb/> zu <placeName>Piſa</placeName>, von ſpaͤt roͤmiſchen Vorbildern ausgegangen war, und<lb/> das Starre der Geſichtsbildungen, das Ausgeladene und Ueber-<lb/> ladene in der Anordnung halberhobener Arbeiten aus jenen<lb/> mit bekanntem Erfolge nachgeahmt hatte. Gewiß zeigt ſich in<lb/> ſeiner anderen, ſpaͤter begonnenen Kanzel im Dome zu <placeName>Siena</placeName>,<lb/> neben ſparſam eingeſtreuten deutſchen, oder, wie man ſagt,<lb/> gothiſchen Verzierungen, manche, obwohl gemilderte Eigen-<lb/> thuͤmlichkeit des deutſchen Relief und Gewandſtyles, aber auch<lb/> <fw place="bottom" type="catch">un-</fw><lb/><note xml:id="fn21f" prev="#fn21i" place="foot" n="**)">Ueberſchrift: <hi rendition="#aq">a le spese de <hi rendition="#g">l’aco</hi> di s. Onofrio.</hi> Es galt wohl eine<lb/> gothiſche Thurm-, oder Giebelſpitze. — Hierauf bezuͤgliche allgemei-<lb/> nere Traditionen, wie ſelbſt vereinzelte Namen erſcheinen in den<lb/> Eingaͤngen und fruͤheren Lebensbeſchreibungen des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vaſari</persName>; auch ge-<lb/> hoͤrt dahin jener Coͤllniſche Bildhauer bei <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118539086">Ghiberti</persName>, welcher ſeit Ci-<lb/> cognara haͤufig beſprochen wird.<lb/> Unter den italieniſchen Bildnereyen in deutſchem Geſchmacke<lb/> giebt es verſchiedene, in denen der Aufdruck deutſchen Geiſtes, deut-<lb/> ſcher Manier und Formengebung ſo auffallend iſt, daß ich nicht um-<lb/> hin kann, ſie fuͤr die Arbeit eines Deutſchen zu halten, welcher, gleich<lb/> den genannten, ſich in <placeName>Italien</placeName> niedergelaſſen, oder doch als fahren-<lb/> der Geſelle in dieſem Lande gearbeitet hat. — Dahin gehoͤren zwey<lb/> hoͤchſt aͤhnliche Madonnenbilder von Marmorſtucko, das eine und<lb/> ſchoͤnere in der Kloſterkirche zu <placeName>Grottaferrata</placeName>, in dem Bezirke von<lb/><placeName>Rom</placeName>, das andere in einer der Tribunen der Kirche ſan Pietro in<lb/><placeName>Grado</placeName> in der Naͤhe von <placeName>Piſa</placeName>. Aus demſelben Materiale beſteht<lb/> eine verwandte, obwohl geringere Darſtellung deſſelben Gegenſtan-<lb/> des zur Linken des vergitterten Einganges zum Chore des Domes<lb/> von Luͤbeck, einer Stadt, deren damaliger Flor geſtattete, auch aus<lb/> weiter Ferne Kuͤnſtler anzuziehn. — Schoͤne, in Helfenbein ausge-<lb/> fuͤhrte Nachbildungen jener italieniſchen Madonnen, ſah ich im<lb/> Jahre 1820. in der Kunſthandlung des Juweliers, <persName ref="nognd">H. Beccheroni</persName>,<lb/> am Domplatze zu <placeName>Florenz</placeName>.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [144/0162]
die Schule des Nicolas von Piſa eingedrungen, welcher in ſei-
nen fruͤheren Werken, beſonders in der Kanzel der Taufkirche
zu Piſa, von ſpaͤt roͤmiſchen Vorbildern ausgegangen war, und
das Starre der Geſichtsbildungen, das Ausgeladene und Ueber-
ladene in der Anordnung halberhobener Arbeiten aus jenen
mit bekanntem Erfolge nachgeahmt hatte. Gewiß zeigt ſich in
ſeiner anderen, ſpaͤter begonnenen Kanzel im Dome zu Siena,
neben ſparſam eingeſtreuten deutſchen, oder, wie man ſagt,
gothiſchen Verzierungen, manche, obwohl gemilderte Eigen-
thuͤmlichkeit des deutſchen Relief und Gewandſtyles, aber auch
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**) Ueberſchrift: a le spese de l’aco di s. Onofrio. Es galt wohl eine
gothiſche Thurm-, oder Giebelſpitze. — Hierauf bezuͤgliche allgemei-
nere Traditionen, wie ſelbſt vereinzelte Namen erſcheinen in den
Eingaͤngen und fruͤheren Lebensbeſchreibungen des Vaſari; auch ge-
hoͤrt dahin jener Coͤllniſche Bildhauer bei Ghiberti, welcher ſeit Ci-
cognara haͤufig beſprochen wird.
Unter den italieniſchen Bildnereyen in deutſchem Geſchmacke
giebt es verſchiedene, in denen der Aufdruck deutſchen Geiſtes, deut-
ſcher Manier und Formengebung ſo auffallend iſt, daß ich nicht um-
hin kann, ſie fuͤr die Arbeit eines Deutſchen zu halten, welcher, gleich
den genannten, ſich in Italien niedergelaſſen, oder doch als fahren-
der Geſelle in dieſem Lande gearbeitet hat. — Dahin gehoͤren zwey
hoͤchſt aͤhnliche Madonnenbilder von Marmorſtucko, das eine und
ſchoͤnere in der Kloſterkirche zu Grottaferrata, in dem Bezirke von
Rom, das andere in einer der Tribunen der Kirche ſan Pietro in
Grado in der Naͤhe von Piſa. Aus demſelben Materiale beſteht
eine verwandte, obwohl geringere Darſtellung deſſelben Gegenſtan-
des zur Linken des vergitterten Einganges zum Chore des Domes
von Luͤbeck, einer Stadt, deren damaliger Flor geſtattete, auch aus
weiter Ferne Kuͤnſtler anzuziehn. — Schoͤne, in Helfenbein ausge-
fuͤhrte Nachbildungen jener italieniſchen Madonnen, ſah ich im
Jahre 1820. in der Kunſthandlung des Juweliers, H. Beccheroni,
am Domplatze zu Florenz.
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