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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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die größesten Maler erklärt, welche ihm bekannt gewor-
den; was übrigens ihre Zeitgenossen nicht betheiligt, da Pe-
trarca
durch seine äußere Lage verhindert wurde, alle Fort-
schritte und Leistungen der toscanischen Künstler seiner Zeit zu
sehn und gegenseitig zu vergleichen. Endlich war Simon kein
Nachfolger, sondern ein Zeitgenosse des Giotto; denn er starb
bald nach ihm im Jahre 1344., *) und beschloß sein Leben
sicher nicht in der ersten Blüthe der Jahre, da er zahlreiche
und große Werke vollbracht hat, selbst, wenn ein Theil dessen,
so Vasari ihm beygemessen, wie ich fürchte, von anderer Hand
gemalt seyn sollte.

Indeß hatte Vasari das Leben dieses Künstlers überhaupt
mit besonderer Nachlässigkeit vorgearbeitet; nicht einmal sei-
nen Namen hatte er recht erkundet, was doch nicht so gar
schwierig war, da Simon sich verschiedentlich unter seinen
Werken genannt hat und zudem in den sienesischen Archiven
nicht selten vorkommt. Vielleicht hatte Vasari irgend eine der
Tafeln gesehn, welche Simon mit seinem Gehülfen Lippo di
Memmo
gemeinschaftlich gemalt und bezeichnet hat, die In-
schrift aber nur flüchtig gelesen und nicht an der Stelle auf-
gezeichnet; oder es verleitete ihn die mehrberührte Abschrift
der Bemerkungen des Ghiberti, welche an dieser Stelle zwei-
felhaft ist, **) jene Maler für Brüder, also für Söhne eines

*) S. Della Valle, in der sienesischen Ausgabe des Va-
sari
, To. II. p. 215. Ich habe der Quellen, auf welche er sich
bezieht, nicht habhaft werden können. Doch fand ich im Archiv
der Riformagioni in einem Auszuge des libro nero da 1336. =
1596.
, der Sacristey der Kirche s. Domenico zu Siena, desselben,
auf welches DV. sich bezieht: 1344. Maestro Simone di Martino pit-
tore. 4. Aug.
Also wird jene Angabe im Ganzen richtig seyn.
**) Cod. s. c. fo. 9. a tergo. -- Lavoro con esso (Simone)

die groͤßeſten Maler erklaͤrt, welche ihm bekannt gewor-
den; was uͤbrigens ihre Zeitgenoſſen nicht betheiligt, da Pe-
trarca
durch ſeine aͤußere Lage verhindert wurde, alle Fort-
ſchritte und Leiſtungen der toscaniſchen Kuͤnſtler ſeiner Zeit zu
ſehn und gegenſeitig zu vergleichen. Endlich war Simon kein
Nachfolger, ſondern ein Zeitgenoſſe des Giotto; denn er ſtarb
bald nach ihm im Jahre 1344., *) und beſchloß ſein Leben
ſicher nicht in der erſten Bluͤthe der Jahre, da er zahlreiche
und große Werke vollbracht hat, ſelbſt, wenn ein Theil deſſen,
ſo Vaſari ihm beygemeſſen, wie ich fuͤrchte, von anderer Hand
gemalt ſeyn ſollte.

Indeß hatte Vaſari das Leben dieſes Kuͤnſtlers uͤberhaupt
mit beſonderer Nachlaͤſſigkeit vorgearbeitet; nicht einmal ſei-
nen Namen hatte er recht erkundet, was doch nicht ſo gar
ſchwierig war, da Simon ſich verſchiedentlich unter ſeinen
Werken genannt hat und zudem in den ſieneſiſchen Archiven
nicht ſelten vorkommt. Vielleicht hatte Vaſari irgend eine der
Tafeln geſehn, welche Simon mit ſeinem Gehuͤlfen Lippo di
Memmo
gemeinſchaftlich gemalt und bezeichnet hat, die In-
ſchrift aber nur fluͤchtig geleſen und nicht an der Stelle auf-
gezeichnet; oder es verleitete ihn die mehrberuͤhrte Abſchrift
der Bemerkungen des Ghiberti, welche an dieſer Stelle zwei-
felhaft iſt, **) jene Maler fuͤr Bruͤder, alſo fuͤr Soͤhne eines

*) S. Della Valle, in der ſieneſiſchen Ausgabe des Va-
ſari
, To. II. p. 215. Ich habe der Quellen, auf welche er ſich
bezieht, nicht habhaft werden koͤnnen. Doch fand ich im Archiv
der Riformagioni in einem Auszuge des libro nero da 1336. =
1596.
, der Sacriſtey der Kirche ſ. Domenico zu Siena, deſſelben,
auf welches DV. ſich bezieht: 1344. Maestro Simone di Martino pit-
tore. 4. Aug.
Alſo wird jene Angabe im Ganzen richtig ſeyn.
**) Cod. s. c. fo. 9. a tergo. — Lavorò con esso (Simone)
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[94/0112] die groͤßeſten Maler erklaͤrt, welche ihm bekannt gewor- den; was uͤbrigens ihre Zeitgenoſſen nicht betheiligt, da Pe- trarca durch ſeine aͤußere Lage verhindert wurde, alle Fort- ſchritte und Leiſtungen der toscaniſchen Kuͤnſtler ſeiner Zeit zu ſehn und gegenſeitig zu vergleichen. Endlich war Simon kein Nachfolger, ſondern ein Zeitgenoſſe des Giotto; denn er ſtarb bald nach ihm im Jahre 1344., *) und beſchloß ſein Leben ſicher nicht in der erſten Bluͤthe der Jahre, da er zahlreiche und große Werke vollbracht hat, ſelbſt, wenn ein Theil deſſen, ſo Vaſari ihm beygemeſſen, wie ich fuͤrchte, von anderer Hand gemalt ſeyn ſollte. Indeß hatte Vaſari das Leben dieſes Kuͤnſtlers uͤberhaupt mit beſonderer Nachlaͤſſigkeit vorgearbeitet; nicht einmal ſei- nen Namen hatte er recht erkundet, was doch nicht ſo gar ſchwierig war, da Simon ſich verſchiedentlich unter ſeinen Werken genannt hat und zudem in den ſieneſiſchen Archiven nicht ſelten vorkommt. Vielleicht hatte Vaſari irgend eine der Tafeln geſehn, welche Simon mit ſeinem Gehuͤlfen Lippo di Memmo gemeinſchaftlich gemalt und bezeichnet hat, die In- ſchrift aber nur fluͤchtig geleſen und nicht an der Stelle auf- gezeichnet; oder es verleitete ihn die mehrberuͤhrte Abſchrift der Bemerkungen des Ghiberti, welche an dieſer Stelle zwei- felhaft iſt, **) jene Maler fuͤr Bruͤder, alſo fuͤr Soͤhne eines *) S. Della Valle, in der ſieneſiſchen Ausgabe des Va- ſari, To. II. p. 215. Ich habe der Quellen, auf welche er ſich bezieht, nicht habhaft werden koͤnnen. Doch fand ich im Archiv der Riformagioni in einem Auszuge des libro nero da 1336. = 1596., der Sacriſtey der Kirche ſ. Domenico zu Siena, deſſelben, auf welches DV. ſich bezieht: 1344. Maestro Simone di Martino pit- tore. 4. Aug. Alſo wird jene Angabe im Ganzen richtig ſeyn. **) Cod. s. c. fo. 9. a tergo. — Lavorò con esso (Simone)

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/112>, abgerufen am 28.11.2024.