ten dürfen, welche Masaccio nach langer Unterbrechung wie- derum in Anregung gebracht und auf einige seiner Nachfolger verpflanzt hat. -- Was Giottino, wenn Vasari uns nicht etwa irre leitet, zu Asisi gemalt hat, ist noch immer in erträg- lichem Stande vorhanden; das Chor indeß, in welchem sein Zeitgenoß Stefano gemalt haben soll, ist gänzlich erneut wor- den; wie ich denn überhaupt von letzterem, den Ghiberti und Vasari loben, nichts Sicheres gesehn, daher mich alles Urtheils enthalte.
Giovanni da Melano.
Dieser bisher nicht genug gewürdigte Künstler war, wie uns Vasari erzählt, der Schüler, oder Geselle des Taddeo Gaddi, dem er wirklich in der Anmuth der Gebehrde und Schönheit des Charakters verwandt ist. Indeß entwickelte er in seinen ausnehmend vollendeten Bildern eine so weit über andere Leistungen seines Zeitalters hinausgehende An- nehmlichkeit der Manier und Ausbildung der Form, daß nur aus dem Vorurtheile für Giotto, zum Theil vielleicht selbst aus der gewerbsmäßigen Richtung der alten toscanischen Ma- ler zu erklären ist, daß er unter seinen Zeitgenossen keine Nach- folge und selbst, wie das Stillschweigen des Ghiberti anzu- deuten scheint, *) nicht einmal die gehörige Anerkennung ge- funden.
Vasari nennt ihn an einer Stelle zu Ende des Lebens des Taddeo Gaddi, Giovanni Milanese, und läßt ihn später
*) Er beschließt (Cod. cit. fo. 8. a. t.) seinen Bericht von den florentinischen Malern mit den Worten: fu nella nostra citta molti altri pittori, che per egregj sarebbon posti; a me non pare porgli fra costoro.
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ten duͤrfen, welche Maſaccio nach langer Unterbrechung wie- derum in Anregung gebracht und auf einige ſeiner Nachfolger verpflanzt hat. — Was Giottino, wenn Vaſari uns nicht etwa irre leitet, zu Aſiſi gemalt hat, iſt noch immer in ertraͤg- lichem Stande vorhanden; das Chor indeß, in welchem ſein Zeitgenoß Stefano gemalt haben ſoll, iſt gaͤnzlich erneut wor- den; wie ich denn uͤberhaupt von letzterem, den Ghiberti und Vaſari loben, nichts Sicheres geſehn, daher mich alles Urtheils enthalte.
Giovanni da Melano.
Dieſer bisher nicht genug gewuͤrdigte Kuͤnſtler war, wie uns Vaſari erzaͤhlt, der Schuͤler, oder Geſelle des Taddeo Gaddi, dem er wirklich in der Anmuth der Gebehrde und Schoͤnheit des Charakters verwandt iſt. Indeß entwickelte er in ſeinen ausnehmend vollendeten Bildern eine ſo weit uͤber andere Leiſtungen ſeines Zeitalters hinausgehende An- nehmlichkeit der Manier und Ausbildung der Form, daß nur aus dem Vorurtheile fuͤr Giotto, zum Theil vielleicht ſelbſt aus der gewerbsmaͤßigen Richtung der alten toscaniſchen Ma- ler zu erklaͤren iſt, daß er unter ſeinen Zeitgenoſſen keine Nach- folge und ſelbſt, wie das Stillſchweigen des Ghiberti anzu- deuten ſcheint, *) nicht einmal die gehoͤrige Anerkennung ge- funden.
Vaſari nennt ihn an einer Stelle zu Ende des Lebens des Taddeo Gaddi, Giovanni Milaneſe, und laͤßt ihn ſpaͤter
*) Er beſchließt (Cod. cit. fo. 8. a. t.) ſeinen Bericht von den florentiniſchen Malern mit den Worten: fu nella nostra città molti altri pittori, che per egregj sarebbon posti; a me non pare porgli fra costoro.
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verpflanzt hat. — Was Giottino, wenn Vaſari uns nicht
etwa irre leitet, zu Aſiſi gemalt hat, iſt noch immer in ertraͤg-
lichem Stande vorhanden; das Chor indeß, in welchem ſein
Zeitgenoß Stefano gemalt haben ſoll, iſt gaͤnzlich erneut wor-
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Vaſari loben, nichts Sicheres geſehn, daher mich alles Urtheils
enthalte.
Giovanni da Melano.
Dieſer bisher nicht genug gewuͤrdigte Kuͤnſtler war, wie
uns Vaſari erzaͤhlt, der Schuͤler, oder Geſelle des Taddeo
Gaddi, dem er wirklich in der Anmuth der Gebehrde und
Schoͤnheit des Charakters verwandt iſt. Indeß entwickelte
er in ſeinen ausnehmend vollendeten Bildern eine ſo weit
uͤber andere Leiſtungen ſeines Zeitalters hinausgehende An-
nehmlichkeit der Manier und Ausbildung der Form, daß nur
aus dem Vorurtheile fuͤr Giotto, zum Theil vielleicht ſelbſt
aus der gewerbsmaͤßigen Richtung der alten toscaniſchen Ma-
ler zu erklaͤren iſt, daß er unter ſeinen Zeitgenoſſen keine Nach-
folge und ſelbſt, wie das Stillſchweigen des Ghiberti anzu-
deuten ſcheint, *) nicht einmal die gehoͤrige Anerkennung ge-
funden.
Vaſari nennt ihn an einer Stelle zu Ende des Lebens
des Taddeo Gaddi, Giovanni Milaneſe, und laͤßt ihn ſpaͤter
*) Er beſchließt (Cod. cit. fo. 8. a. t.) ſeinen Bericht von den
florentiniſchen Malern mit den Worten: fu nella nostra città molti
altri pittori, che per egregj sarebbon posti; a me non pare porgli
fra costoro.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/101>, abgerufen am 01.03.2025.
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