Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.nicht einmal Solches zu erreichen steht, was den consequente- *) Winckelmann und s. Ih. S. 277. heißt es von den Ca-
racci: "sie bedienten sich der Natur weislich um ihren Dar- stellungen das Wahrscheinliche, den Formen das Mannich- faltige zu geben." -- Heinr. Meyer Kunstgesch. Abtheil. 1. S. 36. zeigt dort, nach den Worten des Index, s. v. Ideal, wie in den Werken der Zeit des Ueberganges vom hohen zum schönen Style, Idealbegriff und naturgemäße Wahrscheinlich- keit vereinigt worden. Also nur der Wahrscheinlichkeit und der Abwechselung willen (wie in den oben berührten Ausfüllungen nicht einmal Solches zu erreichen ſteht, was den conſequente- *) Winckelmann und ſ. Ih. S. 277. heißt es von den Ca-
racci: „ſie bedienten ſich der Natur weislich um ihren Dar- ſtellungen das Wahrſcheinliche, den Formen das Mannich- faltige zu geben.“ — Heinr. Meyer Kunſtgeſch. Abtheil. 1. S. 36. zeigt dort, nach den Worten des Index, s. v. Ideal, wie in den Werken der Zeit des Ueberganges vom hohen zum ſchoͤnen Style, Idealbegriff und naturgemaͤße Wahrſcheinlich- keit vereinigt worden. Alſo nur der Wahrſcheinlichkeit und der Abwechſelung willen (wie in den oben beruͤhrten Ausfuͤllungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0091" n="73"/> nicht einmal Solches zu erreichen ſteht, was den conſequente-<lb/> ren Manieriſten, oder, wie ſie ſelbſt ſich nennen, Idealiſten<lb/> nicht abzuſprechen iſt, nemlich Einheit des Guſſes. Fuͤr dieſe,<lb/> vermuthe ich, fuͤrchtete <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118509926">Bernini</persName></hi>, als er die Moͤglichkeit be-<lb/> zweifelte, durch mechaniſche Zuſammenſetzung des einzelnen<lb/> Schoͤnen verſchiedener organiſcher Koͤrper uͤbereinſtimmende Ge-<lb/> ſtalten hervorzubringen. Einer kalten, zerlegenden Pruͤfung,<lb/> einem vornehmen Herabſchauen auf die Werke der Natur,<lb/> gleich dem, welches unſere gemaͤßigteren Idealiſten empfehlen,<lb/> wuͤrde nun freylich eine ſolche Verſchmelzung nimmer gelingen<lb/> koͤnnen; wohl aber gelingt es der unbedingten, leidenſchaftli-<lb/> chen Hingebung in den Eindruck des Einzelnen, in dieſem die<lb/> geheimeren Faͤden aufzufinden, welche in den einzelnen Natur-<lb/> geſtalten das Untergeordnete mit dem Herrſchenden, das Be-<lb/> ſondere mit dem Allgemeinen verknuͤpfen. Dem geheimen Zuge<lb/> alſo, welcher fuͤr beſtimmte Kunſtaufgaben Begeiſterte zu die-<lb/> ſen verwandteren Naturformen hinuͤberzieht, werden wir ruhig<lb/> uͤberlaſſen koͤnnen, das erwartete Wunder, das Kunſtwerk, zu<lb/> bewirken. Wo aber Begeiſterung und Liebe fehlt, da wird<lb/> es uͤberhaupt zwecklos ſeyn, im Einzelnen nachzubeſſern und<lb/> Maͤßigung <note xml:id="fn9a" next="#fn9b" place="foot" n="*)"><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118633600">Winckelmann</persName></hi> und ſ. Ih. S. 277. heißt es von den <hi rendition="#g">Ca-<lb/> racci</hi>: „ſie bedienten ſich der Natur <hi rendition="#g">weislich</hi> um ihren Dar-<lb/> ſtellungen das <hi rendition="#g">Wahrſcheinliche</hi>, den Formen das <hi rendition="#g">Mannich-<lb/> faltige</hi> zu geben.“ — <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118733389">Heinr. Meyer</persName></hi> Kunſtgeſch. Abtheil. <hi rendition="#b">1</hi>.<lb/> S. 36. zeigt dort, nach den Worten des Index, <hi rendition="#aq">s. v</hi>. Ideal, wie<lb/> in den Werken der Zeit des Ueberganges vom hohen zum ſchoͤnen<lb/> Style, <hi rendition="#g">Idealbegriff und naturgemaͤße Wahrſcheinlich-<lb/> keit vereinigt worden</hi>. Alſo nur der Wahrſcheinlichkeit und<lb/> der Abwechſelung willen (wie in den oben beruͤhrten Ausfuͤllungen</note> zu empfehlen, moͤge dieſe nun in beſtimmten<lb/> Faͤllen wuͤnſchenswerth ſeyn, oder auch nicht.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0091]
nicht einmal Solches zu erreichen ſteht, was den conſequente-
ren Manieriſten, oder, wie ſie ſelbſt ſich nennen, Idealiſten
nicht abzuſprechen iſt, nemlich Einheit des Guſſes. Fuͤr dieſe,
vermuthe ich, fuͤrchtete Bernini, als er die Moͤglichkeit be-
zweifelte, durch mechaniſche Zuſammenſetzung des einzelnen
Schoͤnen verſchiedener organiſcher Koͤrper uͤbereinſtimmende Ge-
ſtalten hervorzubringen. Einer kalten, zerlegenden Pruͤfung,
einem vornehmen Herabſchauen auf die Werke der Natur,
gleich dem, welches unſere gemaͤßigteren Idealiſten empfehlen,
wuͤrde nun freylich eine ſolche Verſchmelzung nimmer gelingen
koͤnnen; wohl aber gelingt es der unbedingten, leidenſchaftli-
chen Hingebung in den Eindruck des Einzelnen, in dieſem die
geheimeren Faͤden aufzufinden, welche in den einzelnen Natur-
geſtalten das Untergeordnete mit dem Herrſchenden, das Be-
ſondere mit dem Allgemeinen verknuͤpfen. Dem geheimen Zuge
alſo, welcher fuͤr beſtimmte Kunſtaufgaben Begeiſterte zu die-
ſen verwandteren Naturformen hinuͤberzieht, werden wir ruhig
uͤberlaſſen koͤnnen, das erwartete Wunder, das Kunſtwerk, zu
bewirken. Wo aber Begeiſterung und Liebe fehlt, da wird
es uͤberhaupt zwecklos ſeyn, im Einzelnen nachzubeſſern und
Maͤßigung *) zu empfehlen, moͤge dieſe nun in beſtimmten
Faͤllen wuͤnſchenswerth ſeyn, oder auch nicht.
*) Winckelmann und ſ. Ih. S. 277. heißt es von den Ca-
racci: „ſie bedienten ſich der Natur weislich um ihren Dar-
ſtellungen das Wahrſcheinliche, den Formen das Mannich-
faltige zu geben.“ — Heinr. Meyer Kunſtgeſch. Abtheil. 1.
S. 36. zeigt dort, nach den Worten des Index, s. v. Ideal, wie
in den Werken der Zeit des Ueberganges vom hohen zum ſchoͤnen
Style, Idealbegriff und naturgemaͤße Wahrſcheinlich-
keit vereinigt worden. Alſo nur der Wahrſcheinlichkeit und
der Abwechſelung willen (wie in den oben beruͤhrten Ausfuͤllungen
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