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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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ses Dunstgebilde benennt, offenbar nur den äußerlichsten Ge-
schmack angeht; dieser aber in Kunstwerken nur durch Vor-
theile in der Behandlung des groben Stoffes, aus welchem
der Bildner seine darstellenden Formen bildet, durch welchen
der Maler ihren Schein hervorbringt, befriedigt werden kann:
so dürfte eine halb deutliche Wahrnehmung der günstigen Wir-
kung von solchen Kunstvortheilen der niedrigsten Art, deren
Erörterung uns bald beschäftigen soll, wenigstens mitgewirkt
haben, auch diesem Idealbegriffe Daseyn und Dauer zu geben.

Nehmen wir hinzu, daß in der Sprache des gemeinen
Lebens und in der unglücklichsten, jenem eng verschwisterten, Ro-
manliteratur ein jedes Aeußerste *), oder, wie man vornehmer
sagt, jedes Vollkommnere seiner Art Ideal genannt wird, was
wieder einen anderen Begriff giebt: so werden wir nicht län-
ger anstehen dürfen, dieses fremdartige Wort, auch für ein
höchst verfängliches zu halten. Wirklich ist es nicht unge-
wöhnlich, daß die Kunstgelehrten, da sie, ohne schleppend zu
werden, nicht jedesmal besonders anzeigen können, wie sie
das Wort verstehen wollen, in dem Gewirre der gangbaren
Idealbegriffe sich verwickeln, weshalb dieser Ausdruck in der-

*) Ideal menschlicher Häßlichkeit, bey Oehlenschläger,
Mährchen. 1. Bd. S. 36. -- Auch Winckelmann (Kunstgesch.
B. IV. K. 2. §. 25.) sagt einmal: "doch mit der Erinnerung, daß
etwas idealisch heißen kann, ohne schön zu seyn." -- In einer
trefflichen Schrift (über Reinheit der Tonkunst, Heidelberg 1825.
S. 99.) heißt ein idealisch schöner und edler Jüngling u. s. w.
so viel, als ein ausnehmend schöner; was ich nur als ein
Beyspiel üblichen Wortgebrauches anführe, da der hohe Werth
dieses Buches, welcher auf reiner und edler Auffassung seines
Gegenstandes, der Musik beruht, von diesem gelegentlich ergriffenen
Bilde durchaus unabhängig ist.

ſes Dunſtgebilde benennt, offenbar nur den aͤußerlichſten Ge-
ſchmack angeht; dieſer aber in Kunſtwerken nur durch Vor-
theile in der Behandlung des groben Stoffes, aus welchem
der Bildner ſeine darſtellenden Formen bildet, durch welchen
der Maler ihren Schein hervorbringt, befriedigt werden kann:
ſo duͤrfte eine halb deutliche Wahrnehmung der guͤnſtigen Wir-
kung von ſolchen Kunſtvortheilen der niedrigſten Art, deren
Eroͤrterung uns bald beſchaͤftigen ſoll, wenigſtens mitgewirkt
haben, auch dieſem Idealbegriffe Daſeyn und Dauer zu geben.

Nehmen wir hinzu, daß in der Sprache des gemeinen
Lebens und in der ungluͤcklichſten, jenem eng verſchwiſterten, Ro-
manliteratur ein jedes Aeußerſte *), oder, wie man vornehmer
ſagt, jedes Vollkommnere ſeiner Art Ideal genannt wird, was
wieder einen anderen Begriff giebt: ſo werden wir nicht laͤn-
ger anſtehen duͤrfen, dieſes fremdartige Wort, auch fuͤr ein
hoͤchſt verfaͤngliches zu halten. Wirklich iſt es nicht unge-
woͤhnlich, daß die Kunſtgelehrten, da ſie, ohne ſchleppend zu
werden, nicht jedesmal beſonders anzeigen koͤnnen, wie ſie
das Wort verſtehen wollen, in dem Gewirre der gangbaren
Idealbegriffe ſich verwickeln, weshalb dieſer Ausdruck in der-

*) Ideal menſchlicher Haͤßlichkeit, bey Oehlenſchlaͤger,
Maͤhrchen. 1. Bd. S. 36. — Auch Winckelmann (Kunſtgeſch.
B. IV. K. 2. §. 25.) ſagt einmal: „doch mit der Erinnerung, daß
etwas idealiſch heißen kann, ohne ſchoͤn zu ſeyn.“ — In einer
trefflichen Schrift (uͤber Reinheit der Tonkunſt, Heidelberg 1825.
S. 99.) heißt ein idealiſch ſchoͤner und edler Juͤngling u. ſ. w.
ſo viel, als ein ausnehmend ſchoͤner; was ich nur als ein
Beyſpiel uͤblichen Wortgebrauches anfuͤhre, da der hohe Werth
dieſes Buches, welcher auf reiner und edler Auffaſſung ſeines
Gegenſtandes, der Muſik beruht, von dieſem gelegentlich ergriffenen
Bilde durchaus unabhaͤngig iſt.
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[56/0074] ſes Dunſtgebilde benennt, offenbar nur den aͤußerlichſten Ge- ſchmack angeht; dieſer aber in Kunſtwerken nur durch Vor- theile in der Behandlung des groben Stoffes, aus welchem der Bildner ſeine darſtellenden Formen bildet, durch welchen der Maler ihren Schein hervorbringt, befriedigt werden kann: ſo duͤrfte eine halb deutliche Wahrnehmung der guͤnſtigen Wir- kung von ſolchen Kunſtvortheilen der niedrigſten Art, deren Eroͤrterung uns bald beſchaͤftigen ſoll, wenigſtens mitgewirkt haben, auch dieſem Idealbegriffe Daſeyn und Dauer zu geben. Nehmen wir hinzu, daß in der Sprache des gemeinen Lebens und in der ungluͤcklichſten, jenem eng verſchwiſterten, Ro- manliteratur ein jedes Aeußerſte *), oder, wie man vornehmer ſagt, jedes Vollkommnere ſeiner Art Ideal genannt wird, was wieder einen anderen Begriff giebt: ſo werden wir nicht laͤn- ger anſtehen duͤrfen, dieſes fremdartige Wort, auch fuͤr ein hoͤchſt verfaͤngliches zu halten. Wirklich iſt es nicht unge- woͤhnlich, daß die Kunſtgelehrten, da ſie, ohne ſchleppend zu werden, nicht jedesmal beſonders anzeigen koͤnnen, wie ſie das Wort verſtehen wollen, in dem Gewirre der gangbaren Idealbegriffe ſich verwickeln, weshalb dieſer Ausdruck in der- *) Ideal menſchlicher Haͤßlichkeit, bey Oehlenſchlaͤger, Maͤhrchen. 1. Bd. S. 36. — Auch Winckelmann (Kunſtgeſch. B. IV. K. 2. §. 25.) ſagt einmal: „doch mit der Erinnerung, daß etwas idealiſch heißen kann, ohne ſchoͤn zu ſeyn.“ — In einer trefflichen Schrift (uͤber Reinheit der Tonkunſt, Heidelberg 1825. S. 99.) heißt ein idealiſch ſchoͤner und edler Juͤngling u. ſ. w. ſo viel, als ein ausnehmend ſchoͤner; was ich nur als ein Beyſpiel uͤblichen Wortgebrauches anfuͤhre, da der hohe Werth dieſes Buches, welcher auf reiner und edler Auffaſſung ſeines Gegenſtandes, der Muſik beruht, von dieſem gelegentlich ergriffenen Bilde durchaus unabhaͤngig iſt.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/74>, abgerufen am 25.11.2024.