dem Musiv an der Vorseite der Kirche S. Miniato a Monte sichtbar ist, der mehrgedachten Benedictinerabtey außerhalb der Mauern jener Stadt. Ueber das Alter dieser Arbeit giebt es keine sichere Urkunde, wenn nicht etwa hinter dem vorra- genden Gesimse eine Inschrift verborgen wäre, welches, von unten angesehen, den Saum des Bildes etwas verdeckt. Nach allen Analogieen kann es auf keine Weise der äußeren Beklei- dung der Vorseite gleichzeitig seyn, da diese im eilften Jahr- hundert beschafft, worden, als die italienische Malerey aller Sicherheit der Umrisse entbehrte. Auf der anderen Seite wer- den wir nicht wohl annehmen können, daß solches später, als in den ersten Decennien des dreyzehnten Jahrhunderts ange- fertigt worden. Denn anderer, schon beleuchteter Beyspiele nicht zu gedenken, enthält die Tribune derselben Kirche ein zweytes geräumiges, in griechischem Geschmack und in griechi- scher Technik (in kleineren, netter eingefügten Glasstiften) aus- geführtes Musiv, unter welchem in theils erloschenen Charak- teren auf dem dunkeln Marmor des Frieses Folgendes aufge- zeichnet und noch zu lesen ist: ANO DNI MCCXCVII. TEPORE PP ....... .... EST ... OPVS Das erste hingegen, an der Vorseite der Kirche, in welchem Christus, auf noch einfachem, nicht byzantinisch mit Blätter- schmuck und Vergliederungen überladenem Throne, neben ihm, etwas kleiner, S. Minias und die Jungfrau, ist in dicken, etwas rundlichen und grobgefügten Glasstücken zusammenge- setzt. In der allgemeinsten Angabe der Gesichtszüge sind sie der Vermagerung, in welche die griechische Bildnerey sehr früh, die Malerey etwas später verfallen war, durchaus entgegenge- setzt, und entsprechen bey weitem mehr der volleren Auffassung
dem Muſiv an der Vorſeite der Kirche S. Miniato a Monte ſichtbar iſt, der mehrgedachten Benedictinerabtey außerhalb der Mauern jener Stadt. Ueber das Alter dieſer Arbeit giebt es keine ſichere Urkunde, wenn nicht etwa hinter dem vorra- genden Geſimſe eine Inſchrift verborgen waͤre, welches, von unten angeſehen, den Saum des Bildes etwas verdeckt. Nach allen Analogieen kann es auf keine Weiſe der aͤußeren Beklei- dung der Vorſeite gleichzeitig ſeyn, da dieſe im eilften Jahr- hundert beſchafft, worden, als die italieniſche Malerey aller Sicherheit der Umriſſe entbehrte. Auf der anderen Seite wer- den wir nicht wohl annehmen koͤnnen, daß ſolches ſpaͤter, als in den erſten Decennien des dreyzehnten Jahrhunderts ange- fertigt worden. Denn anderer, ſchon beleuchteter Beyſpiele nicht zu gedenken, enthaͤlt die Tribune derſelben Kirche ein zweytes geraͤumiges, in griechiſchem Geſchmack und in griechi- ſcher Technik (in kleineren, netter eingefuͤgten Glasſtiften) aus- gefuͤhrtes Muſiv, unter welchem in theils erloſchenen Charak- teren auf dem dunkeln Marmor des Frieſes Folgendes aufge- zeichnet und noch zu leſen iſt: AN̅O DNI MCCXCVII. TE̅PORE PP ....... .... EST … OPVS Das erſte hingegen, an der Vorſeite der Kirche, in welchem Chriſtus, auf noch einfachem, nicht byzantiniſch mit Blaͤtter- ſchmuck und Vergliederungen uͤberladenem Throne, neben ihm, etwas kleiner, S. Minias und die Jungfrau, iſt in dicken, etwas rundlichen und grobgefuͤgten Glasſtuͤcken zuſammenge- ſetzt. In der allgemeinſten Angabe der Geſichtszuͤge ſind ſie der Vermagerung, in welche die griechiſche Bildnerey ſehr fruͤh, die Malerey etwas ſpaͤter verfallen war, durchaus entgegenge- ſetzt, und entſprechen bey weitem mehr der volleren Auffaſſung
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dem Muſiv an der Vorſeite der Kirche S. Miniato a Monte
ſichtbar iſt, der mehrgedachten Benedictinerabtey außerhalb
der Mauern jener Stadt. Ueber das Alter dieſer Arbeit giebt
es keine ſichere Urkunde, wenn nicht etwa hinter dem vorra-
genden Geſimſe eine Inſchrift verborgen waͤre, welches, von
unten angeſehen, den Saum des Bildes etwas verdeckt. Nach
allen Analogieen kann es auf keine Weiſe der aͤußeren Beklei-
dung der Vorſeite gleichzeitig ſeyn, da dieſe im eilften Jahr-
hundert beſchafft, worden, als die italieniſche Malerey aller
Sicherheit der Umriſſe entbehrte. Auf der anderen Seite wer-
den wir nicht wohl annehmen koͤnnen, daß ſolches ſpaͤter, als
in den erſten Decennien des dreyzehnten Jahrhunderts ange-
fertigt worden. Denn anderer, ſchon beleuchteter Beyſpiele
nicht zu gedenken, enthaͤlt die Tribune derſelben Kirche ein
zweytes geraͤumiges, in griechiſchem Geſchmack und in griechi-
ſcher Technik (in kleineren, netter eingefuͤgten Glasſtiften) aus-
gefuͤhrtes Muſiv, unter welchem in theils erloſchenen Charak-
teren auf dem dunkeln Marmor des Frieſes Folgendes aufge-
zeichnet und noch zu leſen iſt:
AN̅O DNI MCCXCVII. TE̅PORE PP .......
.... EST … OPVS
Das erſte hingegen, an der Vorſeite der Kirche, in welchem
Chriſtus, auf noch einfachem, nicht byzantiniſch mit Blaͤtter-
ſchmuck und Vergliederungen uͤberladenem Throne, neben ihm,
etwas kleiner, S. Minias und die Jungfrau, iſt in dicken,
etwas rundlichen und grobgefuͤgten Glasſtuͤcken zuſammenge-
ſetzt. In der allgemeinſten Angabe der Geſichtszuͤge ſind ſie
der Vermagerung, in welche die griechiſche Bildnerey ſehr fruͤh,
die Malerey etwas ſpaͤter verfallen war, durchaus entgegenge-
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/372>, abgerufen am 23.11.2024.
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