daß ihre Ausbeute spärlich, ihre Zuverlässigkeit nicht durchhin bewährt sey. Ist man doch, wie es scheint, nicht einmal über den Namen eines Künstlers einig, der im zwölften (?) Jahr- hundert von Constantinopel nach Venedig gekommen, dort eine Schule eröffnet haben soll; Fiorillo*) nennt ihn Theophi- lus; Zannetti**) dagegen Theophanes.
Ueberhaupt steht zu befürchten, daß wir über die Um- stände der Verpflanzung griechischer Künstler nach Venedig und Pisa, oder in andere Städte Italiens, nicht so leicht zu eini- ger Sicherheit der Kunde gelangen werden. Die italienischen Archive sind eben zu Anfang des dreyzehnten Jahrhunderts meist sehr unvollständig, und schon in der Anlage karg an jenen speziellen Nachrichten, welche seit dem Ende desselben Jahrhunderts sich ins Unendliche vervielfältigen; unter den älteren Chronisten, welche hier aushelfen könnten, fallen we- nige genau mit jener Begebenheit zusammen. Demungeachtet ist es klar, daß eine lebendige Schule und Mittheilung statt- gefunden hat. Die italienischen Malereyen des dreyzehnten Jahrhunderts zeigen nicht bloß den Aufdruck griechischer Vor- bilder, vielmehr auch, wie schon erwähnt worden, die Anwen- dung von Vortheilen und Handgriffen, welche früherhin nur bey den Griechen üblich gewesen. Bereitung aber und Hand- habung färbender Stoffe können nimmer bereits Vollendetem abgelauscht werden; überall geschieht die Fortpflanzung solcher Vortheile durch eine glückliche Vereinigung von Beyspiel und
*) Das.
**)Delle pitture di Venez. 1771. 8. p. 2. -- Beide stützen sich auf: hist. almi Ferrariensis gymn. Ferrara 1735. Auch dieses habe ich nicht zur Hand, überlasse daher anderen, diese Frage zu erledigen.
daß ihre Ausbeute ſpaͤrlich, ihre Zuverlaͤſſigkeit nicht durchhin bewaͤhrt ſey. Iſt man doch, wie es ſcheint, nicht einmal uͤber den Namen eines Kuͤnſtlers einig, der im zwoͤlften (?) Jahr- hundert von Conſtantinopel nach Venedig gekommen, dort eine Schule eroͤffnet haben ſoll; Fiorillo*) nennt ihn Theophi- lus; Zannetti**) dagegen Theophanes.
Ueberhaupt ſteht zu befuͤrchten, daß wir uͤber die Um- ſtaͤnde der Verpflanzung griechiſcher Kuͤnſtler nach Venedig und Piſa, oder in andere Staͤdte Italiens, nicht ſo leicht zu eini- ger Sicherheit der Kunde gelangen werden. Die italieniſchen Archive ſind eben zu Anfang des dreyzehnten Jahrhunderts meiſt ſehr unvollſtaͤndig, und ſchon in der Anlage karg an jenen ſpeziellen Nachrichten, welche ſeit dem Ende deſſelben Jahrhunderts ſich ins Unendliche vervielfaͤltigen; unter den aͤlteren Chroniſten, welche hier aushelfen koͤnnten, fallen we- nige genau mit jener Begebenheit zuſammen. Demungeachtet iſt es klar, daß eine lebendige Schule und Mittheilung ſtatt- gefunden hat. Die italieniſchen Malereyen des dreyzehnten Jahrhunderts zeigen nicht bloß den Aufdruck griechiſcher Vor- bilder, vielmehr auch, wie ſchon erwaͤhnt worden, die Anwen- dung von Vortheilen und Handgriffen, welche fruͤherhin nur bey den Griechen uͤblich geweſen. Bereitung aber und Hand- habung faͤrbender Stoffe koͤnnen nimmer bereits Vollendetem abgelauſcht werden; uͤberall geſchieht die Fortpflanzung ſolcher Vortheile durch eine gluͤckliche Vereinigung von Beyſpiel und
*) Daſ.
**)Delle pitture di Venez. 1771. 8. p. 2. — Beide ſtuͤtzen ſich auf: hist. almi Ferrariensis gymn. Ferrara 1735. Auch dieſes habe ich nicht zur Hand, uͤberlaſſe daher anderen, dieſe Frage zu erledigen.
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daß ihre Ausbeute ſpaͤrlich, ihre Zuverlaͤſſigkeit nicht durchhin
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den Namen eines Kuͤnſtlers einig, der im zwoͤlften (?) Jahr-
hundert von Conſtantinopel nach Venedig gekommen, dort eine
Schule eroͤffnet haben ſoll; Fiorillo *) nennt ihn Theophi-
lus; Zannetti **) dagegen Theophanes.
Ueberhaupt ſteht zu befuͤrchten, daß wir uͤber die Um-
ſtaͤnde der Verpflanzung griechiſcher Kuͤnſtler nach Venedig und
Piſa, oder in andere Staͤdte Italiens, nicht ſo leicht zu eini-
ger Sicherheit der Kunde gelangen werden. Die italieniſchen
Archive ſind eben zu Anfang des dreyzehnten Jahrhunderts
meiſt ſehr unvollſtaͤndig, und ſchon in der Anlage karg an
jenen ſpeziellen Nachrichten, welche ſeit dem Ende deſſelben
Jahrhunderts ſich ins Unendliche vervielfaͤltigen; unter den
aͤlteren Chroniſten, welche hier aushelfen koͤnnten, fallen we-
nige genau mit jener Begebenheit zuſammen. Demungeachtet
iſt es klar, daß eine lebendige Schule und Mittheilung ſtatt-
gefunden hat. Die italieniſchen Malereyen des dreyzehnten
Jahrhunderts zeigen nicht bloß den Aufdruck griechiſcher Vor-
bilder, vielmehr auch, wie ſchon erwaͤhnt worden, die Anwen-
dung von Vortheilen und Handgriffen, welche fruͤherhin nur
bey den Griechen uͤblich geweſen. Bereitung aber und Hand-
habung faͤrbender Stoffe koͤnnen nimmer bereits Vollendetem
abgelauſcht werden; uͤberall geſchieht die Fortpflanzung ſolcher
Vortheile durch eine gluͤckliche Vereinigung von Beyſpiel und
*) Daſ.
**) Delle pitture di Venez. 1771. 8. p. 2. — Beide ſtuͤtzen
ſich auf: hist. almi Ferrariensis gymn. Ferrara 1735. Auch dieſes
habe ich nicht zur Hand, uͤberlaſſe daher anderen, dieſe Frage zu
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/368>, abgerufen am 30.07.2024.
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