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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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nucci, auf ihm fortgebauet, als wenn er in so entlegenen
Dingen als Quelle zu betrachten wäre; andere haben seine
Angaben durchaus verworfen, wie Muratori; noch andere
endlich haben die Ankunft von Griechen, nicht etwa in Vene-
dig
und Pisa und anderen Seestädten Italiens, sondern eben
jene noch zweifelhafte *) zu Florenz ihm unbedingt einge-
räumt **), hingegen, einer grillenhaften Nationaleitelkeit zu

*) Ein einziger Schriftsteller, Richa, delle chiese di Firenze,
T. VI. Introduc. p. XLI.
behauptet, den griechisch lautenden Namen
Apollonius unter den Musivarbeitern aufgefunden zu haben, welche
in der Johanniskirche zu Florenz arbeiteten. Doch begleitet er seine
Angabe weder mit einer umständlichen Citation des ohnehin verleg-
ten Archives, noch mit dem Jahre, in dem er angestellt und be-
zahlt worden. Und da er auch sonst, wie ich an anderen Stellen
zeigen werde, Archive citirt, die er nicht selbst durchgesehen; so
werden wir ihm auch nicht so übereilt einen vollen Glauben ein-
räumen dürfen.
**) Lastri giebt, osservatore Fior. T. V. p. 61 sq., eine
zweyte Uebersicht der mittleren Kunstgeschichte, welche beschließt:
"Comunque siasi di tal questione, egli e pero certo, che la repu-
blica (Fiorentina) penso a chiamar de' Maestri di quest arte dalla
Grecia o piuttosto da quei luoghi d'Italia, dove gia essi l'esercita-
vano, affine di rimetterla in grido. Scolare di questi fu Cimabue,
e la sua maniera alquanto secca la dimostra abbastanza."

Das Archiv, delle riformagioni; zu Florenz blieb mir jederzeit
unzugänglich; der Archivar, Brunetti, ist selbst Schriftsteller. Also
hätte ich auf keine Weise auf das Berufungsdecret jener Griechen
stoßen können, wenn solches etwa vorhanden wäre. Uebrigens be-
zweifle ich, daß Lastri ein solches gesehen habe, einmal, weil er
es nicht näher nachweist, da es doch, wenn beurkundet, in der
Frage, welche er untersucht, den Ausschlag gegeben hätte; dann,
weil er nicht wußte, ob diese Griechen aus Griechenland, oder aus
irgend einer italienischen Stadt berufen worden. Wenn je ein sol-
ches Berufungsdecret vorhanden war, so mußte der Ort genannt
seyn, von woher man die fremden Arbeiter berief; Namen der

nucci, auf ihm fortgebauet, als wenn er in ſo entlegenen
Dingen als Quelle zu betrachten waͤre; andere haben ſeine
Angaben durchaus verworfen, wie Muratori; noch andere
endlich haben die Ankunft von Griechen, nicht etwa in Vene-
dig
und Piſa und anderen Seeſtaͤdten Italiens, ſondern eben
jene noch zweifelhafte *) zu Florenz ihm unbedingt einge-
raͤumt **), hingegen, einer grillenhaften Nationaleitelkeit zu

*) Ein einziger Schriftſteller, Richa, delle chiese di Firenze,
T. VI. Introduc. p. XLI.
behauptet, den griechiſch lautenden Namen
Apollonius unter den Muſivarbeitern aufgefunden zu haben, welche
in der Johanniskirche zu Florenz arbeiteten. Doch begleitet er ſeine
Angabe weder mit einer umſtaͤndlichen Citation des ohnehin verleg-
ten Archives, noch mit dem Jahre, in dem er angeſtellt und be-
zahlt worden. Und da er auch ſonſt, wie ich an anderen Stellen
zeigen werde, Archive citirt, die er nicht ſelbſt durchgeſehen; ſo
werden wir ihm auch nicht ſo uͤbereilt einen vollen Glauben ein-
raͤumen duͤrfen.
**) Laſtri giebt, osservatore Fior. T. V. p. 61 sq., eine
zweyte Ueberſicht der mittleren Kunſtgeſchichte, welche beſchließt:
„Comunque siasi di tal questione, egli é però certo, che la repu-
blica (Fiorentina) pensò a chiamar de’ Maestri di quest arte dalla
Grecia o piuttosto da quei luoghi d’Italia, dove già essi l’esercita-
vano, affine di rimetterla in grido. Scolare di questi fu Cimabue,
e la sua maniera alquanto secca la dimostra abbastanza.“

Das Archiv, delle riformagioni; zu Florenz blieb mir jederzeit
unzugaͤnglich; der Archivar, Brunetti, iſt ſelbſt Schriftſteller. Alſo
haͤtte ich auf keine Weiſe auf das Berufungsdecret jener Griechen
ſtoßen koͤnnen, wenn ſolches etwa vorhanden waͤre. Uebrigens be-
zweifle ich, daß Laſtri ein ſolches geſehen habe, einmal, weil er
es nicht naͤher nachweiſt, da es doch, wenn beurkundet, in der
Frage, welche er unterſucht, den Ausſchlag gegeben haͤtte; dann,
weil er nicht wußte, ob dieſe Griechen aus Griechenland, oder aus
irgend einer italieniſchen Stadt berufen worden. Wenn je ein ſol-
ches Berufungsdecret vorhanden war, ſo mußte der Ort genannt
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[330/0348] nucci, auf ihm fortgebauet, als wenn er in ſo entlegenen Dingen als Quelle zu betrachten waͤre; andere haben ſeine Angaben durchaus verworfen, wie Muratori; noch andere endlich haben die Ankunft von Griechen, nicht etwa in Vene- dig und Piſa und anderen Seeſtaͤdten Italiens, ſondern eben jene noch zweifelhafte *) zu Florenz ihm unbedingt einge- raͤumt **), hingegen, einer grillenhaften Nationaleitelkeit zu *) Ein einziger Schriftſteller, Richa, delle chiese di Firenze, T. VI. Introduc. p. XLI. behauptet, den griechiſch lautenden Namen Apollonius unter den Muſivarbeitern aufgefunden zu haben, welche in der Johanniskirche zu Florenz arbeiteten. Doch begleitet er ſeine Angabe weder mit einer umſtaͤndlichen Citation des ohnehin verleg- ten Archives, noch mit dem Jahre, in dem er angeſtellt und be- zahlt worden. Und da er auch ſonſt, wie ich an anderen Stellen zeigen werde, Archive citirt, die er nicht ſelbſt durchgeſehen; ſo werden wir ihm auch nicht ſo uͤbereilt einen vollen Glauben ein- raͤumen duͤrfen. **) Laſtri giebt, osservatore Fior. T. V. p. 61 sq., eine zweyte Ueberſicht der mittleren Kunſtgeſchichte, welche beſchließt: „Comunque siasi di tal questione, egli é però certo, che la repu- blica (Fiorentina) pensò a chiamar de’ Maestri di quest arte dalla Grecia o piuttosto da quei luoghi d’Italia, dove già essi l’esercita- vano, affine di rimetterla in grido. Scolare di questi fu Cimabue, e la sua maniera alquanto secca la dimostra abbastanza.“ Das Archiv, delle riformagioni; zu Florenz blieb mir jederzeit unzugaͤnglich; der Archivar, Brunetti, iſt ſelbſt Schriftſteller. Alſo haͤtte ich auf keine Weiſe auf das Berufungsdecret jener Griechen ſtoßen koͤnnen, wenn ſolches etwa vorhanden waͤre. Uebrigens be- zweifle ich, daß Laſtri ein ſolches geſehen habe, einmal, weil er es nicht naͤher nachweiſt, da es doch, wenn beurkundet, in der Frage, welche er unterſucht, den Ausſchlag gegeben haͤtte; dann, weil er nicht wußte, ob dieſe Griechen aus Griechenland, oder aus irgend einer italieniſchen Stadt berufen worden. Wenn je ein ſol- ches Berufungsdecret vorhanden war, ſo mußte der Ort genannt ſeyn, von woher man die fremden Arbeiter berief; Namen der

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/348>, abgerufen am 23.11.2024.