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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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erbauet worden *)." Hieraus hätte er folgern können, daß
Vasari überhaupt diese kleinen kunstgeschichtlichen Umstände,
welche er so vertraulich erzählt, als wäre er dabey gewesen,
nur aus der Luft gegriffen habe. Doch obwohl es schon an
sich selbst wenig wahrscheinlich ist, daß Vasari in Dingen,
die ihm schwerlich umständlich bekannt waren, der That nach
die Wahrheit berichte, so wollte doch Lanzi und sein Ge-
fährte ihm in Bezug auf die Person und Handlung willig
glauben; nur in Bezug auf den Ort, nahmen sie an, habe
Vasari sich geirrt; sich selbst aber räumten sie die Fähigkeit
und Befugniß ein, den Ort, den schon Vasari verfehlt, nach
dem bloßen Gefühle aufzufinden. Hätten sie nun doch wenig-
stens die Eigenthümlichkeiten griechischer Manieren und Vor-
stellungen der Kunst gekannt, so würden sie aus malerischen
Analogieen allenfalls haben entscheiden können, ob in irgend
einem Winkel des alten Baues griechische Arbeiten vorhanden
seyn, oder auch nicht. Ueber solche Vorbereitungen waren sie
indeß weit erhaben; sie brachten die Fähigkeit, oder den Wil-
len, griechische Arbeit zu erkennen, von Anbeginn hinzu; und
durch so viel Irrwege der Gedankenfolge, so viel Entschieden-
heit der Absicht, wurden sie dahin verleitet, für griechische
Malerey zu erklären, was nimmer auch nur die entfernteste
Aehnlichkeit mit byzantinischen Kunstarbeiten gezeigt hat.

Auf mancherley Weise hat man demnach sich bemüht,
aus den unbestimmten Andeutungen des Vasari hervorzuwin-
den, was jedesmal gefiel. Einige haben, gleich dem Baldi-

*) Lanzi l. c.; Erra pero (il Vasari) facendogli operare (i
Greci) nella cappella de' Gondi fabbricata insieme con la chiesa
tutta un secolo appresso; e dovea dire in altra cappella sotta la
chiesa etc.

erbauet worden *).“ Hieraus haͤtte er folgern koͤnnen, daß
Vaſari uͤberhaupt dieſe kleinen kunſtgeſchichtlichen Umſtaͤnde,
welche er ſo vertraulich erzaͤhlt, als waͤre er dabey geweſen,
nur aus der Luft gegriffen habe. Doch obwohl es ſchon an
ſich ſelbſt wenig wahrſcheinlich iſt, daß Vaſari in Dingen,
die ihm ſchwerlich umſtaͤndlich bekannt waren, der That nach
die Wahrheit berichte, ſo wollte doch Lanzi und ſein Ge-
faͤhrte ihm in Bezug auf die Perſon und Handlung willig
glauben; nur in Bezug auf den Ort, nahmen ſie an, habe
Vaſari ſich geirrt; ſich ſelbſt aber raͤumten ſie die Faͤhigkeit
und Befugniß ein, den Ort, den ſchon Vaſari verfehlt, nach
dem bloßen Gefuͤhle aufzufinden. Haͤtten ſie nun doch wenig-
ſtens die Eigenthuͤmlichkeiten griechiſcher Manieren und Vor-
ſtellungen der Kunſt gekannt, ſo wuͤrden ſie aus maleriſchen
Analogieen allenfalls haben entſcheiden koͤnnen, ob in irgend
einem Winkel des alten Baues griechiſche Arbeiten vorhanden
ſeyn, oder auch nicht. Ueber ſolche Vorbereitungen waren ſie
indeß weit erhaben; ſie brachten die Faͤhigkeit, oder den Wil-
len, griechiſche Arbeit zu erkennen, von Anbeginn hinzu; und
durch ſo viel Irrwege der Gedankenfolge, ſo viel Entſchieden-
heit der Abſicht, wurden ſie dahin verleitet, fuͤr griechiſche
Malerey zu erklaͤren, was nimmer auch nur die entfernteſte
Aehnlichkeit mit byzantiniſchen Kunſtarbeiten gezeigt hat.

Auf mancherley Weiſe hat man demnach ſich bemuͤht,
aus den unbeſtimmten Andeutungen des Vaſari hervorzuwin-
den, was jedesmal gefiel. Einige haben, gleich dem Baldi-

*) Lanzi l. c.; Erra però (il Vasari) facendogli operare (i
Greci) nella cappella de’ Gondi fabbricata insieme con la chiesa
tutta un secolo appresso; e dovea dire in altra cappella sotta la
chiesa etc.
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[329/0347] erbauet worden *).“ Hieraus haͤtte er folgern koͤnnen, daß Vaſari uͤberhaupt dieſe kleinen kunſtgeſchichtlichen Umſtaͤnde, welche er ſo vertraulich erzaͤhlt, als waͤre er dabey geweſen, nur aus der Luft gegriffen habe. Doch obwohl es ſchon an ſich ſelbſt wenig wahrſcheinlich iſt, daß Vaſari in Dingen, die ihm ſchwerlich umſtaͤndlich bekannt waren, der That nach die Wahrheit berichte, ſo wollte doch Lanzi und ſein Ge- faͤhrte ihm in Bezug auf die Perſon und Handlung willig glauben; nur in Bezug auf den Ort, nahmen ſie an, habe Vaſari ſich geirrt; ſich ſelbſt aber raͤumten ſie die Faͤhigkeit und Befugniß ein, den Ort, den ſchon Vaſari verfehlt, nach dem bloßen Gefuͤhle aufzufinden. Haͤtten ſie nun doch wenig- ſtens die Eigenthuͤmlichkeiten griechiſcher Manieren und Vor- ſtellungen der Kunſt gekannt, ſo wuͤrden ſie aus maleriſchen Analogieen allenfalls haben entſcheiden koͤnnen, ob in irgend einem Winkel des alten Baues griechiſche Arbeiten vorhanden ſeyn, oder auch nicht. Ueber ſolche Vorbereitungen waren ſie indeß weit erhaben; ſie brachten die Faͤhigkeit, oder den Wil- len, griechiſche Arbeit zu erkennen, von Anbeginn hinzu; und durch ſo viel Irrwege der Gedankenfolge, ſo viel Entſchieden- heit der Abſicht, wurden ſie dahin verleitet, fuͤr griechiſche Malerey zu erklaͤren, was nimmer auch nur die entfernteſte Aehnlichkeit mit byzantiniſchen Kunſtarbeiten gezeigt hat. Auf mancherley Weiſe hat man demnach ſich bemuͤht, aus den unbeſtimmten Andeutungen des Vaſari hervorzuwin- den, was jedesmal gefiel. Einige haben, gleich dem Baldi- *) Lanzi l. c.; Erra però (il Vasari) facendogli operare (i Greci) nella cappella de’ Gondi fabbricata insieme con la chiesa tutta un secolo appresso; e dovea dire in altra cappella sotta la chiesa etc.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/347>, abgerufen am 27.11.2024.