Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.Allein auch in einer viel neueren Epoche verknüpfte er Figuren mit heruntergebogenen, nicht wagerecht stehenden In wie weit indeß Cimabue, oder Duccio, oder andere Allein auch in einer viel neueren Epoche verknuͤpfte er Figuren mit heruntergebogenen, nicht wagerecht ſtehenden In wie weit indeß Cimabue, oder Duccio, oder andere <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0344" n="326"/> <p>Allein auch in einer viel neueren Epoche verknuͤpfte er<lb/> mancherley halbverſtandene Angaben aͤlterer und neuerer<lb/> Schriftſteller zu einer ganz falſchen Entwickelung. Er ſagt nem-<lb/> lich: „bis auf dieſe Zeit (des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119138883">Cimabue</persName>) hielt ſich die Malerey im<lb/> Geſchmack- und Einſichtsloſen; den Figuren fehlte es an guter<lb/> Stellung und an richtigem Verhaͤltniß; ſie ſtanden auf den Spiz-<lb/> zen der Fuͤße und waren durchhin hager und trocken. Zu Ende aber<lb/> des (dreyzehnten) Jahrhunderts begannen die Maler, ihnen<lb/> mehr Anſehen zu geben, <hi rendition="#g">und die Trockenheit der grie-<lb/> chiſchen Muſaiciſten zu verlaſſen</hi>. — Dieſe Vorzuͤge<lb/> bewirkten, daß man den <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119138883">Cimabue</persName> allgemeinhin als den Wie-<lb/> derherſteller der Malerey betrachtete.“</p><lb/> <p>Figuren mit heruntergebogenen, nicht wagerecht ſtehenden<lb/> Fuͤßen, welche <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/13355189X">Laſtri</persName></hi> wahrſcheinlich aus dem <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vaſari</persName></hi>,<lb/> ſchwerlich aus eigener Wahrnehmung kannte, finden ſich, lange<lb/> nach <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119138883">Cimabue</persName>, noch im funfzehnten Jahrhundert. Ihre Ver-<lb/> draͤngung iſt demnach dem <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119138883">Cimabue</persName> eben ſo wenig beyzulegen,<lb/> als der Vorzug, ſich von der griechiſchen Manier entfernt zu<lb/> haben, da er gerade in dieſer Malart Meiſter war. Indeß<lb/> ſollte der Ruhm, den <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119138883">Cimabue</persName> unter ſeinen Zeitgenoſſen erlangt<lb/> hatte, auf alle Weiſe gerettet werden; als Stifter der neueren<lb/> Kunſt war er nicht laͤnger anzuſehen, nachdem unter den aͤl-<lb/> teren Kuͤnſtlern wenigſtens <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119133164">Guido von Siena</persName> und <persName ref="vocab.getty.edu/ulan/500010959">Giunta von<lb/> Piſa</persName> bekannter geworden; alſo mußte er, da es bey den ma-<lb/> teriellen Kunſtanſichten neuerer Italiener entfernt lag, ſeinen<lb/> Ruhm auf eine gewiſſe Ueberlegenheit und Maͤchtigkeit des<lb/> Geiſtes zu gruͤnden, mindeſtens ein Verbeſſerer aͤußerlicher<lb/> Handhabungen der Kunſt geweſen ſeyn.</p><lb/> <p>In wie weit indeß <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119138883">Cimabue</persName>, oder <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118527711">Duccio</persName>, oder andere<lb/> der ſpaͤteſten Nachahmer griechiſcher Vorbilder, dieſe in aͤuße-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [326/0344]
Allein auch in einer viel neueren Epoche verknuͤpfte er
mancherley halbverſtandene Angaben aͤlterer und neuerer
Schriftſteller zu einer ganz falſchen Entwickelung. Er ſagt nem-
lich: „bis auf dieſe Zeit (des Cimabue) hielt ſich die Malerey im
Geſchmack- und Einſichtsloſen; den Figuren fehlte es an guter
Stellung und an richtigem Verhaͤltniß; ſie ſtanden auf den Spiz-
zen der Fuͤße und waren durchhin hager und trocken. Zu Ende aber
des (dreyzehnten) Jahrhunderts begannen die Maler, ihnen
mehr Anſehen zu geben, und die Trockenheit der grie-
chiſchen Muſaiciſten zu verlaſſen. — Dieſe Vorzuͤge
bewirkten, daß man den Cimabue allgemeinhin als den Wie-
derherſteller der Malerey betrachtete.“
Figuren mit heruntergebogenen, nicht wagerecht ſtehenden
Fuͤßen, welche Laſtri wahrſcheinlich aus dem Vaſari,
ſchwerlich aus eigener Wahrnehmung kannte, finden ſich, lange
nach Cimabue, noch im funfzehnten Jahrhundert. Ihre Ver-
draͤngung iſt demnach dem Cimabue eben ſo wenig beyzulegen,
als der Vorzug, ſich von der griechiſchen Manier entfernt zu
haben, da er gerade in dieſer Malart Meiſter war. Indeß
ſollte der Ruhm, den Cimabue unter ſeinen Zeitgenoſſen erlangt
hatte, auf alle Weiſe gerettet werden; als Stifter der neueren
Kunſt war er nicht laͤnger anzuſehen, nachdem unter den aͤl-
teren Kuͤnſtlern wenigſtens Guido von Siena und Giunta von
Piſa bekannter geworden; alſo mußte er, da es bey den ma-
teriellen Kunſtanſichten neuerer Italiener entfernt lag, ſeinen
Ruhm auf eine gewiſſe Ueberlegenheit und Maͤchtigkeit des
Geiſtes zu gruͤnden, mindeſtens ein Verbeſſerer aͤußerlicher
Handhabungen der Kunſt geweſen ſeyn.
In wie weit indeß Cimabue, oder Duccio, oder andere
der ſpaͤteſten Nachahmer griechiſcher Vorbilder, dieſe in aͤuße-
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