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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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Mittelalters tragen, finden sich häufig in den größeren Mu-
seen; verschiedene schon in dem mehrgenannten der Vaticana;
das Kreuz aus dem Domschatze zu Bamberg *) wohl zu
München in der Schatzkammer, welche mir niemals zugänglich
gewesen; andere sind mir an den Deckeln auch lateinischer
Handschriften vorgekommen, vornehmlich, wo der Geschmack
in den getriebenen Arbeiten, welche sie an solchen Stellen zu
umschließen pflegen, dem neugriechischen verwandt war, wie in
dem emmeramischen Evangeliario der kön. Bibliothek zu Mün-
chen
, welches Arnulph dem Stifte verehrt haben soll. Andere
werden sich an anderen Stellen finden; nirgend aber, wie ich
aus den Beyspielen schließe, die mir zu Gesichte gekommen,
dürfte sich darin einige Spur des feinen Kunstgefühles, der
Nettigkeit und Zierlichkeit entdecken lassen, welche die Minia-
turen, die Musive, sogar noch die Schnitzwerke des griechischen
Mittelalters auszuzeichnen pflegt. Besonders roh ist oder war
die Zeichnung der kleinen Figuren an den Thoren S. Pauls,
die vielleicht im letzten Brande untergegangen sind, oder schon
früher in der Wiederherstellung, welche man beabsichtete, als
ich Italien verließ. Die Köpfe waren durch Schmelzarbeit
ausgefüllt, welche, wenn wir sie nach einigen Stellen, an de-
nen sie hängen geblieben, beurtheilen dürfen, durchhin roh
und verflossen gewesen, wie an den übrigen mir bekannten
Kunstarbeiten dieser Art, Zeit und Gegend. Obwohl diese
Köpfe schon an sich selbst sehr in die Länge gezogen waren,
so mochten doch überall zehn bis dreyzehn Kopflängen auf die

*) S. v. Murr, Beschreibung von Bamberg; oder die Bol-
landisten, vita S. Henrici, wo sogar eine Abbildung, so gut sie
ausgefallen.

Mittelalters tragen, finden ſich haͤufig in den groͤßeren Mu-
ſeen; verſchiedene ſchon in dem mehrgenannten der Vaticana;
das Kreuz aus dem Domſchatze zu Bamberg *) wohl zu
Muͤnchen in der Schatzkammer, welche mir niemals zugaͤnglich
geweſen; andere ſind mir an den Deckeln auch lateiniſcher
Handſchriften vorgekommen, vornehmlich, wo der Geſchmack
in den getriebenen Arbeiten, welche ſie an ſolchen Stellen zu
umſchließen pflegen, dem neugriechiſchen verwandt war, wie in
dem emmeramiſchen Evangeliario der koͤn. Bibliothek zu Muͤn-
chen
, welches Arnulph dem Stifte verehrt haben ſoll. Andere
werden ſich an anderen Stellen finden; nirgend aber, wie ich
aus den Beyſpielen ſchließe, die mir zu Geſichte gekommen,
duͤrfte ſich darin einige Spur des feinen Kunſtgefuͤhles, der
Nettigkeit und Zierlichkeit entdecken laſſen, welche die Minia-
turen, die Muſive, ſogar noch die Schnitzwerke des griechiſchen
Mittelalters auszuzeichnen pflegt. Beſonders roh iſt oder war
die Zeichnung der kleinen Figuren an den Thoren S. Pauls,
die vielleicht im letzten Brande untergegangen ſind, oder ſchon
fruͤher in der Wiederherſtellung, welche man beabſichtete, als
ich Italien verließ. Die Koͤpfe waren durch Schmelzarbeit
ausgefuͤllt, welche, wenn wir ſie nach einigen Stellen, an de-
nen ſie haͤngen geblieben, beurtheilen duͤrfen, durchhin roh
und verfloſſen geweſen, wie an den uͤbrigen mir bekannten
Kunſtarbeiten dieſer Art, Zeit und Gegend. Obwohl dieſe
Koͤpfe ſchon an ſich ſelbſt ſehr in die Laͤnge gezogen waren,
ſo mochten doch uͤberall zehn bis dreyzehn Kopflaͤngen auf die

*) S. v. Murr, Beſchreibung von Bamberg; oder die Bol-
landiſten, vita S. Henrici, wo ſogar eine Abbildung, ſo gut ſie
ausgefallen.
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[303/0321] Mittelalters tragen, finden ſich haͤufig in den groͤßeren Mu- ſeen; verſchiedene ſchon in dem mehrgenannten der Vaticana; das Kreuz aus dem Domſchatze zu Bamberg *) wohl zu Muͤnchen in der Schatzkammer, welche mir niemals zugaͤnglich geweſen; andere ſind mir an den Deckeln auch lateiniſcher Handſchriften vorgekommen, vornehmlich, wo der Geſchmack in den getriebenen Arbeiten, welche ſie an ſolchen Stellen zu umſchließen pflegen, dem neugriechiſchen verwandt war, wie in dem emmeramiſchen Evangeliario der koͤn. Bibliothek zu Muͤn- chen, welches Arnulph dem Stifte verehrt haben ſoll. Andere werden ſich an anderen Stellen finden; nirgend aber, wie ich aus den Beyſpielen ſchließe, die mir zu Geſichte gekommen, duͤrfte ſich darin einige Spur des feinen Kunſtgefuͤhles, der Nettigkeit und Zierlichkeit entdecken laſſen, welche die Minia- turen, die Muſive, ſogar noch die Schnitzwerke des griechiſchen Mittelalters auszuzeichnen pflegt. Beſonders roh iſt oder war die Zeichnung der kleinen Figuren an den Thoren S. Pauls, die vielleicht im letzten Brande untergegangen ſind, oder ſchon fruͤher in der Wiederherſtellung, welche man beabſichtete, als ich Italien verließ. Die Koͤpfe waren durch Schmelzarbeit ausgefuͤllt, welche, wenn wir ſie nach einigen Stellen, an de- nen ſie haͤngen geblieben, beurtheilen duͤrfen, durchhin roh und verfloſſen geweſen, wie an den uͤbrigen mir bekannten Kunſtarbeiten dieſer Art, Zeit und Gegend. Obwohl dieſe Koͤpfe ſchon an ſich ſelbſt ſehr in die Laͤnge gezogen waren, ſo mochten doch uͤberall zehn bis dreyzehn Kopflaͤngen auf die *) S. v. Murr, Beſchreibung von Bamberg; oder die Bol- landiſten, vita S. Henrici, wo ſogar eine Abbildung, ſo gut ſie ausgefallen.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/321>, abgerufen am 25.11.2024.