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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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die römisch-christliche Kunstart in sein Gebiet wieder einzufüh-
ren, oder doch den Glanz zu verjüngen, den sie im fünften
Jahrhundert in den römischen, burgundischen und gothischen
Gebieten Galliens vielleicht noch bewahrt hatte. Gewiß findet
sich nicht, daß seine Vorgänger für den Glanz der Kirche, das
wichtigste Ziel des damaligen, wenn nicht vielleicht jeglichen
Kunstbestrebens, thätig gewirkt hätten. Beide gedachten, wenn
wir ihrem Geschichtschreiber folgen, erst in der Sterbestunde
der Schutzheiligen Frankreichs und ihrer Stätten *); dagegen
findet sich, daß sie Befestigungen angeordnet **), die Belage-
rungskunst verstanden ***); denn überall richtet sich der Sinn,
in Zeiten der Gründung, oder unmittelbar nach gewaltigen
Zerstörungen, zunächst auf das Nothdürftige.

Allerdings zeigt sich, bey steigender Wohlfahrt des Staa-
tes, schon gegen das Ende Pipins die erste Lebensregung je-
nes Kunstbestrebens, welches durch Karl gefördert und weiter
ausgebildet worden. Chrodegang, Bischof von Metz, ein be-
günstigter und reicher Prälat, der als Abgeordneter Rom ge-
sehen, bemühte sich unter dieser Regierung, in seinem Spren-
gel römischen Gesang +), römische Zierde und Anordnung der

*) Fredegar. (ap. Du Chesne To. I.) ad a. 768, und frü-
her beym Tode Karl Martells.
**) Fred. chron. contin. (ib.) ad a. 762 -- 66. (bey Bou-
quet
, recueil, T. V.) "Rex Pipin. castrum, cui nomen est Argento-
nus -- a fundamento miro opere in pristinum statum reparari iussit."
***) Id. ib. "Cum machinis et omni genere armorum circum-
dedit eam vallo; -- fractisque muris cepit urbem etc."
+) Paul Diac. de episc. Mettens. (ap. Bouquet T. c.) --
"Clerum abundanter -- Romana imbutum cantilena, morem atque
ordinem Romanae ecclesiae servare praecepit, quod usque ad id
tempus in Metensi ecclesia factum minime fuit.
I. 14

die roͤmiſch-chriſtliche Kunſtart in ſein Gebiet wieder einzufuͤh-
ren, oder doch den Glanz zu verjuͤngen, den ſie im fuͤnften
Jahrhundert in den roͤmiſchen, burgundiſchen und gothiſchen
Gebieten Galliens vielleicht noch bewahrt hatte. Gewiß findet
ſich nicht, daß ſeine Vorgaͤnger fuͤr den Glanz der Kirche, das
wichtigſte Ziel des damaligen, wenn nicht vielleicht jeglichen
Kunſtbeſtrebens, thaͤtig gewirkt haͤtten. Beide gedachten, wenn
wir ihrem Geſchichtſchreiber folgen, erſt in der Sterbeſtunde
der Schutzheiligen Frankreichs und ihrer Staͤtten *); dagegen
findet ſich, daß ſie Befeſtigungen angeordnet **), die Belage-
rungskunſt verſtanden ***); denn uͤberall richtet ſich der Sinn,
in Zeiten der Gruͤndung, oder unmittelbar nach gewaltigen
Zerſtoͤrungen, zunaͤchſt auf das Nothduͤrftige.

Allerdings zeigt ſich, bey ſteigender Wohlfahrt des Staa-
tes, ſchon gegen das Ende Pipins die erſte Lebensregung je-
nes Kunſtbeſtrebens, welches durch Karl gefoͤrdert und weiter
ausgebildet worden. Chrodegang, Biſchof von Metz, ein be-
guͤnſtigter und reicher Praͤlat, der als Abgeordneter Rom ge-
ſehen, bemuͤhte ſich unter dieſer Regierung, in ſeinem Spren-
gel roͤmiſchen Geſang †), roͤmiſche Zierde und Anordnung der

*) Fredegar. (ap. Du Chesne To. I.) ad a. 768, und fruͤ-
her beym Tode Karl Martells.
**) Fred. chron. contin. (ib.) ad a. 762 — 66. (bey Bou-
quet
, recueil, T. V.) „Rex Pipin. castrum, cui nomen est Argento-
nus — a fundamento miro opere in pristinum statum reparari iussit.“
***) Id. ib. „Cum machinis et omni genere armorum circum-
dedit eam vallo; — fractisque muris cepit urbem etc.“
†) Paul Diac. de episc. Mettens. (ap. Bouquet T. c.) —
„Clerum abundanter — Romana imbutum cantilena, morem atque
ordinem Romanae ecclesiae servare praecepit, quod usque ad id
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[209/0227] die roͤmiſch-chriſtliche Kunſtart in ſein Gebiet wieder einzufuͤh- ren, oder doch den Glanz zu verjuͤngen, den ſie im fuͤnften Jahrhundert in den roͤmiſchen, burgundiſchen und gothiſchen Gebieten Galliens vielleicht noch bewahrt hatte. Gewiß findet ſich nicht, daß ſeine Vorgaͤnger fuͤr den Glanz der Kirche, das wichtigſte Ziel des damaligen, wenn nicht vielleicht jeglichen Kunſtbeſtrebens, thaͤtig gewirkt haͤtten. Beide gedachten, wenn wir ihrem Geſchichtſchreiber folgen, erſt in der Sterbeſtunde der Schutzheiligen Frankreichs und ihrer Staͤtten *); dagegen findet ſich, daß ſie Befeſtigungen angeordnet **), die Belage- rungskunſt verſtanden ***); denn uͤberall richtet ſich der Sinn, in Zeiten der Gruͤndung, oder unmittelbar nach gewaltigen Zerſtoͤrungen, zunaͤchſt auf das Nothduͤrftige. Allerdings zeigt ſich, bey ſteigender Wohlfahrt des Staa- tes, ſchon gegen das Ende Pipins die erſte Lebensregung je- nes Kunſtbeſtrebens, welches durch Karl gefoͤrdert und weiter ausgebildet worden. Chrodegang, Biſchof von Metz, ein be- guͤnſtigter und reicher Praͤlat, der als Abgeordneter Rom ge- ſehen, bemuͤhte ſich unter dieſer Regierung, in ſeinem Spren- gel roͤmiſchen Geſang †), roͤmiſche Zierde und Anordnung der *) Fredegar. (ap. Du Chesne To. I.) ad a. 768, und fruͤ- her beym Tode Karl Martells. **) Fred. chron. contin. (ib.) ad a. 762 — 66. (bey Bou- quet, recueil, T. V.) „Rex Pipin. castrum, cui nomen est Argento- nus — a fundamento miro opere in pristinum statum reparari iussit.“ ***) Id. ib. „Cum machinis et omni genere armorum circum- dedit eam vallo; — fractisque muris cepit urbem etc.“ †) Paul Diac. de episc. Mettens. (ap. Bouquet T. c.) — „Clerum abundanter — Romana imbutum cantilena, morem atque ordinem Romanae ecclesiae servare praecepit, quod usque ad id tempus in Metensi ecclesia factum minime fuit. I. 14

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/227>, abgerufen am 26.11.2024.