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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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werden hoffentlich bald einige Künstler oder Kunstfreunde ver-
anlassen, ein so wichtiges Werk mit Geschmack und Genauig-
keit in den Druck zu geben, ehe es, wie so viele andere zu
Rom und Ravenna, durch Vernachlässigung untergeht.

Es scheint demnach, daß die Künstler, denen wir die
Erfindung und erste Gestaltung so viel trefflicher Vorstellungen
zu danken haben, im Ganzen angesehen, zwar der Gewandt-
heit und des einsichtsvollen Gebrauches der nöthigsten Kunst-
mittel, doch keinesweges des Geistes oder des Gefühles ent-
behrten. Versetzen wir uns nur in jene Zeiten zurück, wo
Tod und Verwüstung und schlechte Staatseinrichtungen zusam-
menwirkten *), jenen Schatz von Geistesbildung zu zerstören,
den vom äußersten Orient bis in den Westen hundert Völker
mehr als ein Jahrtausend lang gesammelt und gemehrt hat-
ten. Wer unter so grausamen Verhältnissen nicht gänzlich ver-
sank, wer noch damals Neues zu denken, der Nachwelt neue
Bahnen vorzuzeichnen fähig war, in dem wohnte sicher kein
schwacher, kein gemeiner Geist. Doch bevor wir den günstig-
sten Zeitpunct dieser gleichmäßig aufstrebenden und versinkenden
Kunstepoche verlassen, dürfte es noch in Frage kommen, wel-
chem Volke, welcher Gegend des Alterthumes so unverzagte
Gemüther entsprossen waren.

Erwägen wir, daß unter den kunstbegabten Griechen viele
sehr früh, vielleicht schon aus Gründen ihrer eigenen Philoso-
phie, der christlichen Ansicht geneigt waren, so wird uns die

*) S. Ammian über die Verwaltung unter Valentinian und
über den Einbruch der Gothen in Thracien und in die angrenzen-
den Provinzen. Diese Ereignisse waren indeß nur das Vorspiel je-
nes allgemeinen Verderbens, welches erst im fünften und sechsten
Jahrhundert eintrat.
I. 12

werden hoffentlich bald einige Kuͤnſtler oder Kunſtfreunde ver-
anlaſſen, ein ſo wichtiges Werk mit Geſchmack und Genauig-
keit in den Druck zu geben, ehe es, wie ſo viele andere zu
Rom und Ravenna, durch Vernachlaͤſſigung untergeht.

Es ſcheint demnach, daß die Kuͤnſtler, denen wir die
Erfindung und erſte Geſtaltung ſo viel trefflicher Vorſtellungen
zu danken haben, im Ganzen angeſehen, zwar der Gewandt-
heit und des einſichtsvollen Gebrauches der noͤthigſten Kunſt-
mittel, doch keinesweges des Geiſtes oder des Gefuͤhles ent-
behrten. Verſetzen wir uns nur in jene Zeiten zuruͤck, wo
Tod und Verwuͤſtung und ſchlechte Staatseinrichtungen zuſam-
menwirkten *), jenen Schatz von Geiſtesbildung zu zerſtoͤren,
den vom aͤußerſten Orient bis in den Weſten hundert Voͤlker
mehr als ein Jahrtauſend lang geſammelt und gemehrt hat-
ten. Wer unter ſo grauſamen Verhaͤltniſſen nicht gaͤnzlich ver-
ſank, wer noch damals Neues zu denken, der Nachwelt neue
Bahnen vorzuzeichnen faͤhig war, in dem wohnte ſicher kein
ſchwacher, kein gemeiner Geiſt. Doch bevor wir den guͤnſtig-
ſten Zeitpunct dieſer gleichmaͤßig aufſtrebenden und verſinkenden
Kunſtepoche verlaſſen, duͤrfte es noch in Frage kommen, wel-
chem Volke, welcher Gegend des Alterthumes ſo unverzagte
Gemuͤther entſproſſen waren.

Erwaͤgen wir, daß unter den kunſtbegabten Griechen viele
ſehr fruͤh, vielleicht ſchon aus Gruͤnden ihrer eigenen Philoſo-
phie, der chriſtlichen Anſicht geneigt waren, ſo wird uns die

*) S. Ammian uͤber die Verwaltung unter Valentinian und
uͤber den Einbruch der Gothen in Thracien und in die angrenzen-
den Provinzen. Dieſe Ereigniſſe waren indeß nur das Vorſpiel je-
nes allgemeinen Verderbens, welches erſt im fuͤnften und ſechsten
Jahrhundert eintrat.
I. 12
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[177/0195] werden hoffentlich bald einige Kuͤnſtler oder Kunſtfreunde ver- anlaſſen, ein ſo wichtiges Werk mit Geſchmack und Genauig- keit in den Druck zu geben, ehe es, wie ſo viele andere zu Rom und Ravenna, durch Vernachlaͤſſigung untergeht. Es ſcheint demnach, daß die Kuͤnſtler, denen wir die Erfindung und erſte Geſtaltung ſo viel trefflicher Vorſtellungen zu danken haben, im Ganzen angeſehen, zwar der Gewandt- heit und des einſichtsvollen Gebrauches der noͤthigſten Kunſt- mittel, doch keinesweges des Geiſtes oder des Gefuͤhles ent- behrten. Verſetzen wir uns nur in jene Zeiten zuruͤck, wo Tod und Verwuͤſtung und ſchlechte Staatseinrichtungen zuſam- menwirkten *), jenen Schatz von Geiſtesbildung zu zerſtoͤren, den vom aͤußerſten Orient bis in den Weſten hundert Voͤlker mehr als ein Jahrtauſend lang geſammelt und gemehrt hat- ten. Wer unter ſo grauſamen Verhaͤltniſſen nicht gaͤnzlich ver- ſank, wer noch damals Neues zu denken, der Nachwelt neue Bahnen vorzuzeichnen faͤhig war, in dem wohnte ſicher kein ſchwacher, kein gemeiner Geiſt. Doch bevor wir den guͤnſtig- ſten Zeitpunct dieſer gleichmaͤßig aufſtrebenden und verſinkenden Kunſtepoche verlaſſen, duͤrfte es noch in Frage kommen, wel- chem Volke, welcher Gegend des Alterthumes ſo unverzagte Gemuͤther entſproſſen waren. Erwaͤgen wir, daß unter den kunſtbegabten Griechen viele ſehr fruͤh, vielleicht ſchon aus Gruͤnden ihrer eigenen Philoſo- phie, der chriſtlichen Anſicht geneigt waren, ſo wird uns die *) S. Ammian uͤber die Verwaltung unter Valentinian und uͤber den Einbruch der Gothen in Thracien und in die angrenzen- den Provinzen. Dieſe Ereigniſſe waren indeß nur das Vorſpiel je- nes allgemeinen Verderbens, welches erſt im fuͤnften und ſechsten Jahrhundert eintrat. I. 12

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/195>, abgerufen am 22.11.2024.