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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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cher Zeichen daran erinnern können, scheint nicht minder durch
die Andachtsbilder alter, wie neuerer Zeiten bestätigt zu wer-
den. Die älteren hölzernen Götzen, deren Schauer Pausa-
nias
empfand, die schwarzen Madonnen, in denen vornehm-
lich in barbarischen Ländern der Christenheit, die unmittelbare
Gegenwart des Göttlichen geglaubt und verehrt wird, sind und
waren jederzeit nichts weniger, als wirkliche und ausgebildete
Kunstwerke. Dagegen scheint die antike Kunst, in eben dem
Maße, als sie an Leben und Ausbildung gewonnen, im Mensch-
lichen und Erreichbaren sich verbreitet, auch jene Schauer des
polytheistischen Aberglaubens verscheucht zu haben, deren Ver-
lust so viel politische Moralisten des Alterthumes beklagen.
Und wenn diese Wahrnehmungen auf der einen Seite die Ver-
muthung anregen, daß Götzenthum und Polytheismus überall
aus willkührlichen Bildzeichen entstanden sey, deren Sinn ent-
weder im Laufe der Zeit sich verloren, oder der Menge stets
unverständlich geblieben; so führen sie auf der anderen zur
Ueberzeugung: daß ächte, nach den Gesetzen und Verwandt-
schaften des allgemeinen Naturlebens Sittliches und Geisti-
ges versinnlichende Kunst, weder den christlichen, noch überhaupt
allen rein deistischen Religionsansichten jemals Gefahr brin-
gen könne *). Im Gegentheil wird die höchste Ausbildung
der inneren Verhältnisse des sittlichen und religiösen Lebens,
welche wenigstens der nähere Zweck aller Religion ist, vor-

*) Wie ein strenger Christ, Hr. Tholuck, in Neanders
Denkwürd. aus der Geschichte des Christenthumes Bd. I. 1823.
S. 74. ff., vornehmlich S. 81. f. zu fürchten scheint, dessen tief-
begründete Einwendungen gegen bildliche Darstellung menschlicher
Vorstellungen vom Göttlichen mir übrigens in obiger Betrachtung
vorgeleuchtet haben.

cher Zeichen daran erinnern koͤnnen, ſcheint nicht minder durch
die Andachtsbilder alter, wie neuerer Zeiten beſtaͤtigt zu wer-
den. Die aͤlteren hoͤlzernen Goͤtzen, deren Schauer Pauſa-
nias
empfand, die ſchwarzen Madonnen, in denen vornehm-
lich in barbariſchen Laͤndern der Chriſtenheit, die unmittelbare
Gegenwart des Goͤttlichen geglaubt und verehrt wird, ſind und
waren jederzeit nichts weniger, als wirkliche und ausgebildete
Kunſtwerke. Dagegen ſcheint die antike Kunſt, in eben dem
Maße, als ſie an Leben und Ausbildung gewonnen, im Menſch-
lichen und Erreichbaren ſich verbreitet, auch jene Schauer des
polytheiſtiſchen Aberglaubens verſcheucht zu haben, deren Ver-
luſt ſo viel politiſche Moraliſten des Alterthumes beklagen.
Und wenn dieſe Wahrnehmungen auf der einen Seite die Ver-
muthung anregen, daß Goͤtzenthum und Polytheismus uͤberall
aus willkuͤhrlichen Bildzeichen entſtanden ſey, deren Sinn ent-
weder im Laufe der Zeit ſich verloren, oder der Menge ſtets
unverſtaͤndlich geblieben; ſo fuͤhren ſie auf der anderen zur
Ueberzeugung: daß aͤchte, nach den Geſetzen und Verwandt-
ſchaften des allgemeinen Naturlebens Sittliches und Geiſti-
ges verſinnlichende Kunſt, weder den chriſtlichen, noch uͤberhaupt
allen rein deiſtiſchen Religionsanſichten jemals Gefahr brin-
gen koͤnne *). Im Gegentheil wird die hoͤchſte Ausbildung
der inneren Verhaͤltniſſe des ſittlichen und religioͤſen Lebens,
welche wenigſtens der naͤhere Zweck aller Religion iſt, vor-

*) Wie ein ſtrenger Chriſt, Hr. Tholuck, in Neanders
Denkwuͤrd. aus der Geſchichte des Chriſtenthumes Bd. I. 1823.
S. 74. ff., vornehmlich S. 81. f. zu fuͤrchten ſcheint, deſſen tief-
begruͤndete Einwendungen gegen bildliche Darſtellung menſchlicher
Vorſtellungen vom Goͤttlichen mir uͤbrigens in obiger Betrachtung
vorgeleuchtet haben.
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[125/0143] cher Zeichen daran erinnern koͤnnen, ſcheint nicht minder durch die Andachtsbilder alter, wie neuerer Zeiten beſtaͤtigt zu wer- den. Die aͤlteren hoͤlzernen Goͤtzen, deren Schauer Pauſa- nias empfand, die ſchwarzen Madonnen, in denen vornehm- lich in barbariſchen Laͤndern der Chriſtenheit, die unmittelbare Gegenwart des Goͤttlichen geglaubt und verehrt wird, ſind und waren jederzeit nichts weniger, als wirkliche und ausgebildete Kunſtwerke. Dagegen ſcheint die antike Kunſt, in eben dem Maße, als ſie an Leben und Ausbildung gewonnen, im Menſch- lichen und Erreichbaren ſich verbreitet, auch jene Schauer des polytheiſtiſchen Aberglaubens verſcheucht zu haben, deren Ver- luſt ſo viel politiſche Moraliſten des Alterthumes beklagen. Und wenn dieſe Wahrnehmungen auf der einen Seite die Ver- muthung anregen, daß Goͤtzenthum und Polytheismus uͤberall aus willkuͤhrlichen Bildzeichen entſtanden ſey, deren Sinn ent- weder im Laufe der Zeit ſich verloren, oder der Menge ſtets unverſtaͤndlich geblieben; ſo fuͤhren ſie auf der anderen zur Ueberzeugung: daß aͤchte, nach den Geſetzen und Verwandt- ſchaften des allgemeinen Naturlebens Sittliches und Geiſti- ges verſinnlichende Kunſt, weder den chriſtlichen, noch uͤberhaupt allen rein deiſtiſchen Religionsanſichten jemals Gefahr brin- gen koͤnne *). Im Gegentheil wird die hoͤchſte Ausbildung der inneren Verhaͤltniſſe des ſittlichen und religioͤſen Lebens, welche wenigſtens der naͤhere Zweck aller Religion iſt, vor- *) Wie ein ſtrenger Chriſt, Hr. Tholuck, in Neanders Denkwuͤrd. aus der Geſchichte des Chriſtenthumes Bd. I. 1823. S. 74. ff., vornehmlich S. 81. f. zu fuͤrchten ſcheint, deſſen tief- begruͤndete Einwendungen gegen bildliche Darſtellung menſchlicher Vorſtellungen vom Goͤttlichen mir uͤbrigens in obiger Betrachtung vorgeleuchtet haben.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/143>, abgerufen am 25.11.2024.