Was du nicht lieben kannst, mußt du darum nicht hassen; Erklären wird es sich, entschuldigen sich lassen.
Das Alter hats gethan, der Jugend Feuer dämpfend; Der äußre Stand, mit Zwang den innern Schwung bekämpfend;
Ein schwacher Augenblick, Homers, des Alten, Nicken. Wie? bist du sicher selbst vor schwachen Augenblicken?
Bist sicher, daß nicht Stand und Umstand dich bedinge, Auch dir des Alters Frost ans innre Leben dringe?
Drum, nicht fehlloser, halt' auch einen Fehl zu gut! Aus Eigenliebe thuts, wer nicht aus Lieb' es thut.
Sich selbst entwürdigt, wer ehrwürdiges vernichtet, Der Menschheit Stolz und Lust mit Lust unmenschlich richtet.
55.
Was du nicht lieben kannſt, mußt du darum nicht haſſen; Erklaͤren wird es ſich, entſchuldigen ſich laſſen.
Das Alter hats gethan, der Jugend Feuer daͤmpfend; Der aͤußre Stand, mit Zwang den innern Schwung bekaͤmpfend;
Ein ſchwacher Augenblick, Homers, des Alten, Nicken. Wie? biſt du ſicher ſelbſt vor ſchwachen Augenblicken?
Biſt ſicher, daß nicht Stand und Umſtand dich bedinge, Auch dir des Alters Froſt ans innre Leben dringe?
Drum, nicht fehlloſer, halt' auch einen Fehl zu gut! Aus Eigenliebe thuts, wer nicht aus Lieb' es thut.
Sich ſelbſt entwuͤrdigt, wer ehrwuͤrdiges vernichtet, Der Menſchheit Stolz und Luſt mit Luſt unmenſchlich richtet.
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55.
Was du nicht lieben kannſt, mußt du darum nicht haſſen;
Erklaͤren wird es ſich, entſchuldigen ſich laſſen.
Das Alter hats gethan, der Jugend Feuer daͤmpfend;
Der aͤußre Stand, mit Zwang den innern Schwung bekaͤmpfend;
Ein ſchwacher Augenblick, Homers, des Alten, Nicken.
Wie? biſt du ſicher ſelbſt vor ſchwachen Augenblicken?
Biſt ſicher, daß nicht Stand und Umſtand dich bedinge,
Auch dir des Alters Froſt ans innre Leben dringe?
Drum, nicht fehlloſer, halt' auch einen Fehl zu gut!
Aus Eigenliebe thuts, wer nicht aus Lieb' es thut.
Sich ſelbſt entwuͤrdigt, wer ehrwuͤrdiges vernichtet,
Der Menſchheit Stolz und Luſt mit Luſt unmenſchlich richtet.
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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/276>, abgerufen am 16.02.2025.
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