Pfui dem Geschlechte, dem der Zorn ins Angesicht Nicht steigt, wenn kleiner Sinn Hohn großen Todten spricht.
An Manen glaubt ihr nicht, sonst würden sie euch mahnen; Und Ahnen ehrt ihr nicht, sonst würdet ihr dies ahnen.
Der Geist, der unter euch viel Geister hat gezeugt, Der Geist, der euern Geist laut vor der Welt bezeugt;
Von jedem Hudler laßt ihr dessen Namen hudeln, Von jedem Sudler frech sein Ehrenmaal besudeln.
Den Namen, den ich nie ohn' Ehrfurcht nenne, Göthe, Beschmitzt, und Niemand wehrts, mit edlem Gift die Kröte,
Die sich noch rühmt, weil sie den Lebenden beschmitzt Schon habe, dürfe sie's auch thun am Todten itzt.
Rückert, Lehrgedicht VI. 12
54.
Pfui dem Geſchlechte, dem der Zorn ins Angeſicht Nicht ſteigt, wenn kleiner Sinn Hohn großen Todten ſpricht.
An Manen glaubt ihr nicht, ſonſt wuͤrden ſie euch mahnen; Und Ahnen ehrt ihr nicht, ſonſt wuͤrdet ihr dies ahnen.
Der Geiſt, der unter euch viel Geiſter hat gezeugt, Der Geiſt, der euern Geiſt laut vor der Welt bezeugt;
Von jedem Hudler laßt ihr deſſen Namen hudeln, Von jedem Sudler frech ſein Ehrenmaal beſudeln.
Den Namen, den ich nie ohn' Ehrfurcht nenne, Goͤthe, Beſchmitzt, und Niemand wehrts, mit edlem Gift die Kroͤte,
Die ſich noch ruͤhmt, weil ſie den Lebenden beſchmitzt Schon habe, duͤrfe ſie's auch thun am Todten itzt.
Ruͤckert, Lehrgedicht VI. 12
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0275"n="265"/><divn="2"><head>54.</head><lb/><lgtype="poem"><l/><lgn="1"><l>Pfui dem Geſchlechte, dem der Zorn ins Angeſicht</l><lb/><l>Nicht ſteigt, wenn kleiner Sinn Hohn großen Todten ſpricht.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>An Manen glaubt ihr nicht, ſonſt wuͤrden ſie euch mahnen;</l><lb/><l>Und Ahnen ehrt ihr nicht, ſonſt wuͤrdet ihr dies ahnen.</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Der Geiſt, der unter euch viel Geiſter hat gezeugt,</l><lb/><l>Der Geiſt, der euern Geiſt laut vor der Welt bezeugt;</l></lg><lb/><lgn="4"><l>Von jedem Hudler laßt ihr deſſen Namen hudeln,</l><lb/><l>Von jedem Sudler frech ſein Ehrenmaal beſudeln.</l></lg><lb/><lgn="5"><l>Den Namen, den ich nie ohn' Ehrfurcht nenne, Goͤthe,</l><lb/><l>Beſchmitzt, und Niemand wehrts, mit edlem Gift die Kroͤte,</l></lg><lb/><lgn="6"><l>Die ſich noch ruͤhmt, weil ſie den Lebenden beſchmitzt</l><lb/><l>Schon habe, duͤrfe ſie's auch thun am Todten itzt.</l></lg><lb/><l/></lg></div><milestonerendition="#hr"unit="section"/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Ruͤckert</hi>, Lehrgedicht VI. 12</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[265/0275]
54.
Pfui dem Geſchlechte, dem der Zorn ins Angeſicht
Nicht ſteigt, wenn kleiner Sinn Hohn großen Todten ſpricht.
An Manen glaubt ihr nicht, ſonſt wuͤrden ſie euch mahnen;
Und Ahnen ehrt ihr nicht, ſonſt wuͤrdet ihr dies ahnen.
Der Geiſt, der unter euch viel Geiſter hat gezeugt,
Der Geiſt, der euern Geiſt laut vor der Welt bezeugt;
Von jedem Hudler laßt ihr deſſen Namen hudeln,
Von jedem Sudler frech ſein Ehrenmaal beſudeln.
Den Namen, den ich nie ohn' Ehrfurcht nenne, Goͤthe,
Beſchmitzt, und Niemand wehrts, mit edlem Gift die Kroͤte,
Die ſich noch ruͤhmt, weil ſie den Lebenden beſchmitzt
Schon habe, duͤrfe ſie's auch thun am Todten itzt.
Ruͤckert, Lehrgedicht VI. 12
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/275>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.