Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.35. Wer Altgewöhnliches zum Ungewöhnlich-neuen Durchs Wort verwandeln kann, wird dich durchs Wort erfreuen. Und wer durchs Wort ein Unbekanntes zu verkehren In ein Bekanntes weiß, der weiß dich zu belehren. 36. So breit geworden ist nun Kunst und Wissenschaft, Umfassen könnten sie nur Arme riesenhaft. Man sollte sie der Welt in kurzen Auszug bringen; Doch in die Knospe wer kann Rosen wieder zwingen? Am besten wenigstens gäbst du, statt neuen Lenz, O Dichter, uns von dir sogleich die Quintessenz. Doch nur die Zeit -- o zieh du deinen Flor indessen Kann kochen Rosenöl und Rosenwasser pressen. 35. Wer Altgewoͤhnliches zum Ungewoͤhnlich-neuen Durchs Wort verwandeln kann, wird dich durchs Wort erfreuen. Und wer durchs Wort ein Unbekanntes zu verkehren In ein Bekanntes weiß, der weiß dich zu belehren. 36. So breit geworden iſt nun Kunſt und Wiſſenſchaft, Umfaſſen koͤnnten ſie nur Arme rieſenhaft. Man ſollte ſie der Welt in kurzen Auszug bringen; Doch in die Knoſpe wer kann Roſen wieder zwingen? Am beſten wenigſtens gaͤbſt du, ſtatt neuen Lenz, O Dichter, uns von dir ſogleich die Quinteſſenz. Doch nur die Zeit — o zieh du deinen Flor indeſſen Kann kochen Roſenoͤl und Roſenwaſſer preſſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0262" n="252"/> <div n="2"> <head>35.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Wer Altgewoͤhnliches zum Ungewoͤhnlich-neuen</l><lb/> <l>Durchs Wort verwandeln kann, wird dich durchs Wort erfreuen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und wer durchs Wort ein Unbekanntes zu verkehren</l><lb/> <l>In ein Bekanntes weiß, der weiß dich zu belehren.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>36.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>So breit geworden iſt nun Kunſt und Wiſſenſchaft,</l><lb/> <l>Umfaſſen koͤnnten ſie nur Arme rieſenhaft.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Man ſollte ſie der Welt in kurzen Auszug bringen;</l><lb/> <l>Doch in die Knoſpe wer kann Roſen wieder zwingen?</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Am beſten wenigſtens gaͤbſt du, ſtatt neuen Lenz,</l><lb/> <l>O Dichter, uns von dir ſogleich die Quinteſſenz.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Doch nur die Zeit — o zieh du deinen Flor indeſſen</l><lb/> <l>Kann kochen Roſenoͤl und Roſenwaſſer preſſen.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [252/0262]
35.
Wer Altgewoͤhnliches zum Ungewoͤhnlich-neuen
Durchs Wort verwandeln kann, wird dich durchs Wort erfreuen.
Und wer durchs Wort ein Unbekanntes zu verkehren
In ein Bekanntes weiß, der weiß dich zu belehren.
36.
So breit geworden iſt nun Kunſt und Wiſſenſchaft,
Umfaſſen koͤnnten ſie nur Arme rieſenhaft.
Man ſollte ſie der Welt in kurzen Auszug bringen;
Doch in die Knoſpe wer kann Roſen wieder zwingen?
Am beſten wenigſtens gaͤbſt du, ſtatt neuen Lenz,
O Dichter, uns von dir ſogleich die Quinteſſenz.
Doch nur die Zeit — o zieh du deinen Flor indeſſen
Kann kochen Roſenoͤl und Roſenwaſſer preſſen.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/262>, abgerufen am 05.07.2024. |