Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.Nicht Neid noch Eifersucht, nicht Haß noch Zwietracht fand In einem Herzen Raum, das sich voll Glück empfand. Sie waren alle gleich, und sahn mit Wohlgefallen In fremdem Glück ihr Bild, und liebten sich in allen. Um Güter war kein Streit, sie waren allgemein, Nicht Ich und Du entzweit, und gleichviel Mein und Dein. In sich verständlich klar, empfunden, nicht erdacht, Im Liebestausch von Welt und Sinn hervorgebracht, Verständnis ihrer selbst, Verständnis der Natur, War ihrer Sprache Schall, ein Loblied Gottes nur. So war ihr Leben, doch ihr Tod war schöner noch, Durch den die Blüt' am Baum des Lebens aufgieng hoch. Von höherm Daseyn nicht ein mattes dunkles Ahnen, Es waren klar geschaut lichtaufgethane Bahnen; Kein Schweben zwischen Furcht und Glauben, Wahn und Hoffen, Die sel'ge Zukunft lag dem Geist zum Eintritt offen. Nicht Neid noch Eiferſucht, nicht Haß noch Zwietracht fand In einem Herzen Raum, das ſich voll Gluͤck empfand. Sie waren alle gleich, und ſahn mit Wohlgefallen In fremdem Gluͤck ihr Bild, und liebten ſich in allen. Um Guͤter war kein Streit, ſie waren allgemein, Nicht Ich und Du entzweit, und gleichviel Mein und Dein. In ſich verſtaͤndlich klar, empfunden, nicht erdacht, Im Liebestauſch von Welt und Sinn hervorgebracht, Verſtaͤndnis ihrer ſelbſt, Verſtaͤndnis der Natur, War ihrer Sprache Schall, ein Loblied Gottes nur. So war ihr Leben, doch ihr Tod war ſchoͤner noch, Durch den die Bluͤt' am Baum des Lebens aufgieng hoch. Von hoͤherm Daſeyn nicht ein mattes dunkles Ahnen, Es waren klar geſchaut lichtaufgethane Bahnen; Kein Schweben zwiſchen Furcht und Glauben, Wahn und Hoffen, Die ſel'ge Zukunft lag dem Geiſt zum Eintritt offen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0217" n="207"/> </l> <lg n="8"> <l>Nicht Neid noch Eiferſucht, nicht Haß noch Zwietracht fand</l><lb/> <l>In einem Herzen Raum, das ſich voll Gluͤck empfand.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Sie waren alle gleich, und ſahn mit Wohlgefallen</l><lb/> <l>In fremdem Gluͤck ihr Bild, und liebten ſich in allen.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Um Guͤter war kein Streit, ſie waren allgemein,</l><lb/> <l>Nicht Ich und Du entzweit, und gleichviel Mein und Dein.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>In ſich verſtaͤndlich klar, empfunden, nicht erdacht,</l><lb/> <l>Im Liebestauſch von Welt und Sinn hervorgebracht,</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Verſtaͤndnis ihrer ſelbſt, Verſtaͤndnis der Natur,</l><lb/> <l>War ihrer Sprache Schall, ein Loblied Gottes nur.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>So war ihr Leben, doch ihr Tod war ſchoͤner noch,</l><lb/> <l>Durch den die Bluͤt' am Baum des Lebens aufgieng hoch.</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>Von hoͤherm Daſeyn nicht ein mattes dunkles Ahnen,</l><lb/> <l>Es waren klar geſchaut lichtaufgethane Bahnen;</l> </lg><lb/> <lg n="15"> <l>Kein Schweben zwiſchen Furcht und Glauben, Wahn und Hoffen,</l><lb/> <l>Die ſel'ge Zukunft lag dem Geiſt zum Eintritt offen.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [207/0217]
Nicht Neid noch Eiferſucht, nicht Haß noch Zwietracht fand
In einem Herzen Raum, das ſich voll Gluͤck empfand.
Sie waren alle gleich, und ſahn mit Wohlgefallen
In fremdem Gluͤck ihr Bild, und liebten ſich in allen.
Um Guͤter war kein Streit, ſie waren allgemein,
Nicht Ich und Du entzweit, und gleichviel Mein und Dein.
In ſich verſtaͤndlich klar, empfunden, nicht erdacht,
Im Liebestauſch von Welt und Sinn hervorgebracht,
Verſtaͤndnis ihrer ſelbſt, Verſtaͤndnis der Natur,
War ihrer Sprache Schall, ein Loblied Gottes nur.
So war ihr Leben, doch ihr Tod war ſchoͤner noch,
Durch den die Bluͤt' am Baum des Lebens aufgieng hoch.
Von hoͤherm Daſeyn nicht ein mattes dunkles Ahnen,
Es waren klar geſchaut lichtaufgethane Bahnen;
Kein Schweben zwiſchen Furcht und Glauben, Wahn und Hoffen,
Die ſel'ge Zukunft lag dem Geiſt zum Eintritt offen.
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