Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.Sie flüstern: Ach, der Bach, der so dich scheint zu laben, Wird wühlend nach und nach den Grund dir untergraben. Wohin du frohergötzt wirfst deine Blüten jetzt, Dahin entsinkest du mit deinem Stamm zuletzt. Darauf der Strauch im Traum mit süßem Lächelduft: Wol blüht des Lebens Baum nur auf des Todes Gruft. Drum lasset wohlgemut der kühlen Flut mich trinken, Bis ich werd' in der Flut ertrinken und versinken. Laßt mich nur blühn, damit, wenn ich hinunter soll, Hinunter ich im Strom noch schwimme rosenvoll. 2. Beglückt ist wer den Weg der Sünde gar nicht kennt, Vom eignen Trieb gelenkt, den Weg des Guten rennt. Doch auch beglückt, wer kennt den Abweg, ihn zu fliehn, Um Andere davon zum Weg zurück zu ziehn. Das ist das schwere Glück des, der für sie geborgen Nicht sein will, sondern auch der Andern Heil besorgen. Sie fluͤſtern: Ach, der Bach, der ſo dich ſcheint zu laben, Wird wuͤhlend nach und nach den Grund dir untergraben. Wohin du frohergoͤtzt wirfſt deine Bluͤten jetzt, Dahin entſinkeſt du mit deinem Stamm zuletzt. Darauf der Strauch im Traum mit ſuͤßem Laͤchelduft: Wol bluͤht des Lebens Baum nur auf des Todes Gruft. Drum laſſet wohlgemut der kuͤhlen Flut mich trinken, Bis ich werd' in der Flut ertrinken und verſinken. Laßt mich nur bluͤhn, damit, wenn ich hinunter ſoll, Hinunter ich im Strom noch ſchwimme roſenvoll. 2. Begluͤckt iſt wer den Weg der Suͤnde gar nicht kennt, Vom eignen Trieb gelenkt, den Weg des Guten rennt. Doch auch begluͤckt, wer kennt den Abweg, ihn zu fliehn, Um Andere davon zum Weg zuruͤck zu ziehn. Das iſt das ſchwere Gluͤck des, der fuͤr ſie geborgen Nicht ſein will, ſondern auch der Andern Heil beſorgen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0190" n="180"/> </l> <lg n="6"> <l>Sie fluͤſtern: Ach, der Bach, der ſo dich ſcheint zu laben,</l><lb/> <l>Wird wuͤhlend nach und nach den Grund dir untergraben.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Wohin du frohergoͤtzt wirfſt deine Bluͤten jetzt,</l><lb/> <l>Dahin entſinkeſt du mit deinem Stamm zuletzt.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Darauf der Strauch im Traum mit ſuͤßem Laͤchelduft:</l><lb/> <l>Wol bluͤht des Lebens Baum nur auf des Todes Gruft.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Drum laſſet wohlgemut der kuͤhlen Flut mich trinken,</l><lb/> <l>Bis ich werd' in der Flut ertrinken und verſinken.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Laßt mich nur bluͤhn, damit, wenn ich hinunter ſoll,</l><lb/> <l>Hinunter ich im Strom noch ſchwimme roſenvoll.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>2.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Begluͤckt iſt wer den Weg der Suͤnde gar nicht kennt,</l><lb/> <l>Vom eignen Trieb gelenkt, den Weg des Guten rennt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Doch auch begluͤckt, wer kennt den Abweg, ihn zu fliehn,</l><lb/> <l>Um Andere davon zum Weg zuruͤck zu ziehn.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Das iſt das ſchwere Gluͤck des, der fuͤr ſie geborgen</l><lb/> <l>Nicht ſein will, ſondern auch der Andern Heil beſorgen.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [180/0190]
Sie fluͤſtern: Ach, der Bach, der ſo dich ſcheint zu laben,
Wird wuͤhlend nach und nach den Grund dir untergraben.
Wohin du frohergoͤtzt wirfſt deine Bluͤten jetzt,
Dahin entſinkeſt du mit deinem Stamm zuletzt.
Darauf der Strauch im Traum mit ſuͤßem Laͤchelduft:
Wol bluͤht des Lebens Baum nur auf des Todes Gruft.
Drum laſſet wohlgemut der kuͤhlen Flut mich trinken,
Bis ich werd' in der Flut ertrinken und verſinken.
Laßt mich nur bluͤhn, damit, wenn ich hinunter ſoll,
Hinunter ich im Strom noch ſchwimme roſenvoll.
2.
Begluͤckt iſt wer den Weg der Suͤnde gar nicht kennt,
Vom eignen Trieb gelenkt, den Weg des Guten rennt.
Doch auch begluͤckt, wer kennt den Abweg, ihn zu fliehn,
Um Andere davon zum Weg zuruͤck zu ziehn.
Das iſt das ſchwere Gluͤck des, der fuͤr ſie geborgen
Nicht ſein will, ſondern auch der Andern Heil beſorgen.
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