Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.55. Hold ist nur die Natur, wo sie die Huld bezwang, Wo sie der Menschengeist mit Liebeshauch durchdrang. Hier aber seh' ich sie noch unbezwungen frei, Und fühle, daß sie so nicht meine Freundin sei. 56. Wo nicht als Ackersmann, als Fischer oder Jäger Der Mensch sich nähren kann, wird er der Künste Pfleger. Er drechselt, boßelt, schnitzt, macht Flöt' und Flötenuhr, Und reiche Kunst entspringt aus dürftiger Natur. 57. Die Kunst -- das können wir in Kunstgeschichten lesen -- Bescheidnes Handwerk ist sie im Beginn gewesen. Nun kehrt die Kunst, die sich so vornehm macht und breit, Zum Handwerk wieder, doch nicht zur Bescheidenheit. 55. Hold iſt nur die Natur, wo ſie die Huld bezwang, Wo ſie der Menſchengeiſt mit Liebeshauch durchdrang. Hier aber ſeh' ich ſie noch unbezwungen frei, Und fuͤhle, daß ſie ſo nicht meine Freundin ſei. 56. Wo nicht als Ackersmann, als Fiſcher oder Jaͤger Der Menſch ſich naͤhren kann, wird er der Kuͤnſte Pfleger. Er drechſelt, boßelt, ſchnitzt, macht Floͤt' und Floͤtenuhr, Und reiche Kunſt entſpringt aus duͤrftiger Natur. 57. Die Kunſt — das koͤnnen wir in Kunſtgeſchichten leſen — Beſcheidnes Handwerk iſt ſie im Beginn geweſen. Nun kehrt die Kunſt, die ſich ſo vornehm macht und breit, Zum Handwerk wieder, doch nicht zur Beſcheidenheit. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0350" n="340"/> <div n="2"> <head>55.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Hold iſt nur die Natur, wo ſie die Huld bezwang,</l><lb/> <l>Wo ſie der Menſchengeiſt mit Liebeshauch durchdrang.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Hier aber ſeh' ich ſie noch unbezwungen frei,</l><lb/> <l>Und fuͤhle, daß ſie ſo nicht meine Freundin ſei.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>56.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wo nicht als Ackersmann, als Fiſcher oder Jaͤger</l><lb/> <l>Der Menſch ſich naͤhren kann, wird er der Kuͤnſte Pfleger.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Er drechſelt, boßelt, ſchnitzt, macht Floͤt' und Floͤtenuhr,</l><lb/> <l>Und reiche Kunſt entſpringt aus duͤrftiger Natur.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>57.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die Kunſt — das koͤnnen wir in Kunſtgeſchichten leſen —</l><lb/> <l>Beſcheidnes Handwerk iſt ſie im Beginn geweſen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Nun kehrt die Kunſt, die ſich ſo vornehm macht und breit,</l><lb/> <l>Zum Handwerk wieder, doch nicht zur Beſcheidenheit.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [340/0350]
55.
Hold iſt nur die Natur, wo ſie die Huld bezwang,
Wo ſie der Menſchengeiſt mit Liebeshauch durchdrang.
Hier aber ſeh' ich ſie noch unbezwungen frei,
Und fuͤhle, daß ſie ſo nicht meine Freundin ſei.
56.
Wo nicht als Ackersmann, als Fiſcher oder Jaͤger
Der Menſch ſich naͤhren kann, wird er der Kuͤnſte Pfleger.
Er drechſelt, boßelt, ſchnitzt, macht Floͤt' und Floͤtenuhr,
Und reiche Kunſt entſpringt aus duͤrftiger Natur.
57.
Die Kunſt — das koͤnnen wir in Kunſtgeſchichten leſen —
Beſcheidnes Handwerk iſt ſie im Beginn geweſen.
Nun kehrt die Kunſt, die ſich ſo vornehm macht und breit,
Zum Handwerk wieder, doch nicht zur Beſcheidenheit.
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