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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

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Wer besser sei zum Feind zu haben als zum Freunde?
Der, scheulos vor dem Freund, sich nur vorm Feinde scheu'nde.
Der dem Gewognen in den Weg tritt als Verwegner,
Und aus dem Weg, wo ihm entgegen tritt ein Gegner.
Der kühn den Löwen spielt in seinem Jagdreviere,
Und schmeichlerisch den Fuchs im Kreis vornehmer Thiere.
Der stärkst' in gutem Rath, zu guter That der schwächste,
Der, wenn sein Nachbar ruft, sagt: ich bin mir der nächste.
Ruft er den Nachbar einst, vergelt' ihm der die List,
Und sage: hilf dir selbst, weil du dein Nächster bist.

27.
Du schäme dich vor Gott und dir in deinen Zellen,
Wie in Gesellschaft du dich schämest vor Gesellen.
Der unverschämte sagt: da Gott es sieht in mir;
Scheut' ich dich mehr als ihn, um es zu bergen dir?
Doch der beschämte sagt: da Gott in mir es schaut,
Und es verzeiht, sei dir's auch zum Verzeihn vertraut.

Rückert, Lehrgedicht V. 2
Wer beſſer ſei zum Feind zu haben als zum Freunde?
Der, ſcheulos vor dem Freund, ſich nur vorm Feinde ſcheu'nde.
Der dem Gewognen in den Weg tritt als Verwegner,
Und aus dem Weg, wo ihm entgegen tritt ein Gegner.
Der kuͤhn den Loͤwen ſpielt in ſeinem Jagdreviere,
Und ſchmeichleriſch den Fuchs im Kreis vornehmer Thiere.
Der ſtaͤrkſt' in gutem Rath, zu guter That der ſchwaͤchſte,
Der, wenn ſein Nachbar ruft, ſagt: ich bin mir der naͤchſte.
Ruft er den Nachbar einſt, vergelt' ihm der die Liſt,
Und ſage: hilf dir ſelbſt, weil du dein Naͤchſter biſt.

27.
Du ſchaͤme dich vor Gott und dir in deinen Zellen,
Wie in Geſellſchaft du dich ſchaͤmeſt vor Geſellen.
Der unverſchaͤmte ſagt: da Gott es ſieht in mir;
Scheut' ich dich mehr als ihn, um es zu bergen dir?
Doch der beſchaͤmte ſagt: da Gott in mir es ſchaut,
Und es verzeiht, ſei dir's auch zum Verzeihn vertraut.

Ruͤckert, Lehrgedicht V. 2
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[25/0035] Wer beſſer ſei zum Feind zu haben als zum Freunde? Der, ſcheulos vor dem Freund, ſich nur vorm Feinde ſcheu'nde. Der dem Gewognen in den Weg tritt als Verwegner, Und aus dem Weg, wo ihm entgegen tritt ein Gegner. Der kuͤhn den Loͤwen ſpielt in ſeinem Jagdreviere, Und ſchmeichleriſch den Fuchs im Kreis vornehmer Thiere. Der ſtaͤrkſt' in gutem Rath, zu guter That der ſchwaͤchſte, Der, wenn ſein Nachbar ruft, ſagt: ich bin mir der naͤchſte. Ruft er den Nachbar einſt, vergelt' ihm der die Liſt, Und ſage: hilf dir ſelbſt, weil du dein Naͤchſter biſt. 27. Du ſchaͤme dich vor Gott und dir in deinen Zellen, Wie in Geſellſchaft du dich ſchaͤmeſt vor Geſellen. Der unverſchaͤmte ſagt: da Gott es ſieht in mir; Scheut' ich dich mehr als ihn, um es zu bergen dir? Doch der beſchaͤmte ſagt: da Gott in mir es ſchaut, Und es verzeiht, ſei dir's auch zum Verzeihn vertraut. Ruͤckert, Lehrgedicht V. 2

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/35>, abgerufen am 21.11.2024.