Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.21. Zwei Pfähle sah ich stehn, der eine weiß und blau, Der andre gelb und schwarz, unlieblich war die Schau. Die beiden sagen an, daß hier Landgrenze sei; Und sagten sie es nicht, so fiel' es mir nicht bei. Denn unverändert ganz von Ansehn und Geberde Hüben und drüben ist der Himmel wie die Erde. Die Berge laufen im ununterbrochnen Zug, Und seine Wellen schlägt der Fluß, wie er sie schlug. Hin über'n Schlagbaum ziehn die Wolken nach Gefallen, Die Vögel dürfen auch nach Lust darüber wallen; Die hüben Nester baun, und drüben, wenn sie wollen, Ihr Futter holen, ohn' es irgend zu verzollen. Nur Menschen trifft der Plack, daß sie nicht nach Geschmack Einführen dürfen Wein von hier, von dort Taback. 21. Zwei Pfaͤhle ſah ich ſtehn, der eine weiß und blau, Der andre gelb und ſchwarz, unlieblich war die Schau. Die beiden ſagen an, daß hier Landgrenze ſei; Und ſagten ſie es nicht, ſo fiel' es mir nicht bei. Denn unveraͤndert ganz von Anſehn und Geberde Huͤben und druͤben iſt der Himmel wie die Erde. Die Berge laufen im ununterbrochnen Zug, Und ſeine Wellen ſchlaͤgt der Fluß, wie er ſie ſchlug. Hin uͤber'n Schlagbaum ziehn die Wolken nach Gefallen, Die Voͤgel duͤrfen auch nach Luſt daruͤber wallen; Die huͤben Neſter baun, und druͤben, wenn ſie wollen, Ihr Futter holen, ohn' es irgend zu verzollen. Nur Menſchen trifft der Plack, daß ſie nicht nach Geſchmack Einfuͤhren duͤrfen Wein von hier, von dort Taback. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0331" n="321"/> <div n="2"> <head>21.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Zwei Pfaͤhle ſah ich ſtehn, der eine weiß und blau,</l><lb/> <l>Der andre gelb und ſchwarz, unlieblich war die Schau.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Die beiden ſagen an, daß hier Landgrenze ſei;</l><lb/> <l>Und ſagten ſie es nicht, ſo fiel' es mir nicht bei.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Denn unveraͤndert ganz von Anſehn und Geberde</l><lb/> <l>Huͤben und druͤben iſt der Himmel wie die Erde.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Die Berge laufen im ununterbrochnen Zug,</l><lb/> <l>Und ſeine Wellen ſchlaͤgt der Fluß, wie er ſie ſchlug.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Hin uͤber'n Schlagbaum ziehn die Wolken nach Gefallen,</l><lb/> <l>Die Voͤgel duͤrfen auch nach Luſt daruͤber wallen;</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Die huͤben Neſter baun, und druͤben, wenn ſie wollen,</l><lb/> <l>Ihr Futter holen, ohn' es irgend zu verzollen.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Nur Menſchen trifft der Plack, daß ſie nicht nach Geſchmack</l><lb/> <l>Einfuͤhren duͤrfen Wein von hier, von dort Taback.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [321/0331]
21.
Zwei Pfaͤhle ſah ich ſtehn, der eine weiß und blau,
Der andre gelb und ſchwarz, unlieblich war die Schau.
Die beiden ſagen an, daß hier Landgrenze ſei;
Und ſagten ſie es nicht, ſo fiel' es mir nicht bei.
Denn unveraͤndert ganz von Anſehn und Geberde
Huͤben und druͤben iſt der Himmel wie die Erde.
Die Berge laufen im ununterbrochnen Zug,
Und ſeine Wellen ſchlaͤgt der Fluß, wie er ſie ſchlug.
Hin uͤber'n Schlagbaum ziehn die Wolken nach Gefallen,
Die Voͤgel duͤrfen auch nach Luſt daruͤber wallen;
Die huͤben Neſter baun, und druͤben, wenn ſie wollen,
Ihr Futter holen, ohn' es irgend zu verzollen.
Nur Menſchen trifft der Plack, daß ſie nicht nach Geſchmack
Einfuͤhren duͤrfen Wein von hier, von dort Taback.
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