Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.79. Zur Hülle diene dir das Kleid, wol auch zum Schmucke, Nie zur Behinderung der Glieder, noch zum Drucke. So nütze dir zum Schutz das Wissen, auch zum Putz; Nur Wissen, das den Geist beschweret, ist nichts nutz. 80. Dem unbeschriebnen Blatt des Geistes in dem Kinde Schreib unbedächtig nicht zu viel ein zu geschwinde. Zwar wird nie voll das Blatt, stets neu zu überschreiben, Doch keine Schrift so fest wird als die erste bleiben. Ja keine Kunst vermag sie völlig wegzuwischen; Was man auch drüber schreibt, sie schimmert durch dazwischen. Und manchen Forscher freuts, den Neues wenig freut, Wenn rathend er die halb sichtbare Schrift erneut. Du selber mögest einst, wann spätre Schriften schwinden, Erloschne Kinderzüg' im Herzen wieder finden. 79. Zur Huͤlle diene dir das Kleid, wol auch zum Schmucke, Nie zur Behinderung der Glieder, noch zum Drucke. So nuͤtze dir zum Schutz das Wiſſen, auch zum Putz; Nur Wiſſen, das den Geiſt beſchweret, iſt nichts nutz. 80. Dem unbeſchriebnen Blatt des Geiſtes in dem Kinde Schreib unbedaͤchtig nicht zu viel ein zu geſchwinde. Zwar wird nie voll das Blatt, ſtets neu zu uͤberſchreiben, Doch keine Schrift ſo feſt wird als die erſte bleiben. Ja keine Kunſt vermag ſie voͤllig wegzuwiſchen; Was man auch druͤber ſchreibt, ſie ſchimmert durch dazwiſchen. Und manchen Forſcher freuts, den Neues wenig freut, Wenn rathend er die halb ſichtbare Schrift erneut. Du ſelber moͤgeſt einſt, wann ſpaͤtre Schriften ſchwinden, Erloſchne Kinderzuͤg' im Herzen wieder finden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0187" n="177"/> <div n="2"> <head>79.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Zur Huͤlle diene dir das Kleid, wol auch zum Schmucke,</l><lb/> <l>Nie zur Behinderung der Glieder, noch zum Drucke.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>So nuͤtze dir zum Schutz das Wiſſen, auch zum Putz;</l><lb/> <l>Nur Wiſſen, das den Geiſt beſchweret, iſt nichts nutz.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>80.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Dem unbeſchriebnen Blatt des Geiſtes in dem Kinde</l><lb/> <l>Schreib unbedaͤchtig nicht zu viel ein zu geſchwinde.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Zwar wird nie voll das Blatt, ſtets neu zu uͤberſchreiben,</l><lb/> <l>Doch keine Schrift ſo feſt wird als die erſte bleiben.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ja keine Kunſt vermag ſie voͤllig wegzuwiſchen;</l><lb/> <l>Was man auch druͤber ſchreibt, ſie ſchimmert durch dazwiſchen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Und manchen Forſcher freuts, den Neues wenig freut,</l><lb/> <l>Wenn rathend er die halb ſichtbare Schrift erneut.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Du ſelber moͤgeſt einſt, wann ſpaͤtre Schriften ſchwinden,</l><lb/> <l>Erloſchne Kinderzuͤg' im Herzen wieder finden.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [177/0187]
79.
Zur Huͤlle diene dir das Kleid, wol auch zum Schmucke,
Nie zur Behinderung der Glieder, noch zum Drucke.
So nuͤtze dir zum Schutz das Wiſſen, auch zum Putz;
Nur Wiſſen, das den Geiſt beſchweret, iſt nichts nutz.
80.
Dem unbeſchriebnen Blatt des Geiſtes in dem Kinde
Schreib unbedaͤchtig nicht zu viel ein zu geſchwinde.
Zwar wird nie voll das Blatt, ſtets neu zu uͤberſchreiben,
Doch keine Schrift ſo feſt wird als die erſte bleiben.
Ja keine Kunſt vermag ſie voͤllig wegzuwiſchen;
Was man auch druͤber ſchreibt, ſie ſchimmert durch dazwiſchen.
Und manchen Forſcher freuts, den Neues wenig freut,
Wenn rathend er die halb ſichtbare Schrift erneut.
Du ſelber moͤgeſt einſt, wann ſpaͤtre Schriften ſchwinden,
Erloſchne Kinderzuͤg' im Herzen wieder finden.
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