Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
18.
Der Sturm der Menschenwelt bewegt dich wenig nur,
Vielmehr verstört dich noch das Schwanken der Natur.
Als kümmerte dich gar vom Menschen nicht das Beste,
Wenn nur der Schöpfung Gang dir bliebe stät und feste.
Doch wie du still dich kannst bei Schicksalswechsel fassen,
So mußt du endlich auch die Wetterlaunen lassen;
Und merken, daß am Band der Ordnung eine Hand
Hält Menschenwankelmut und Wetterunbestand.
Und wie zur Weltgeschicht' Unheil und Völkerplage,
So zum Kalender auch gehören schlechte Tage.
Drum wirke, dichte nur am angefangnen weiter,
Wenn trüb der Himmel ist, bis er wird wieder heiter.
Der Frosch allein verstummt bei kühler Nacht im Sumpf;
Die Nachtigall singt fort, wenn auch ein wenig dumpf.

18.
Der Sturm der Menſchenwelt bewegt dich wenig nur,
Vielmehr verſtoͤrt dich noch das Schwanken der Natur.
Als kuͤmmerte dich gar vom Menſchen nicht das Beſte,
Wenn nur der Schoͤpfung Gang dir bliebe ſtaͤt und feſte.
Doch wie du ſtill dich kannſt bei Schickſalswechſel faſſen,
So mußt du endlich auch die Wetterlaunen laſſen;
Und merken, daß am Band der Ordnung eine Hand
Haͤlt Menſchenwankelmut und Wetterunbeſtand.
Und wie zur Weltgeſchicht' Unheil und Voͤlkerplage,
So zum Kalender auch gehoͤren ſchlechte Tage.
Drum wirke, dichte nur am angefangnen weiter,
Wenn truͤb der Himmel iſt, bis er wird wieder heiter.
Der Froſch allein verſtummt bei kuͤhler Nacht im Sumpf;
Die Nachtigall ſingt fort, wenn auch ein wenig dumpf.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0136" n="126"/>
        <div n="2">
          <head>18.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Der Sturm der Men&#x017F;chenwelt bewegt dich wenig nur,</l><lb/>
              <l>Vielmehr ver&#x017F;to&#x0364;rt dich noch das Schwanken der Natur.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Als ku&#x0364;mmerte dich gar vom Men&#x017F;chen nicht das Be&#x017F;te,</l><lb/>
              <l>Wenn nur der Scho&#x0364;pfung Gang dir bliebe &#x017F;ta&#x0364;t und fe&#x017F;te.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Doch wie du &#x017F;till dich kann&#x017F;t bei Schick&#x017F;alswech&#x017F;el fa&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>So mußt du endlich auch die Wetterlaunen la&#x017F;&#x017F;en;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Und merken, daß am Band der Ordnung eine Hand</l><lb/>
              <l>Ha&#x0364;lt Men&#x017F;chenwankelmut und Wetterunbe&#x017F;tand.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Und wie zur Weltge&#x017F;chicht' Unheil und Vo&#x0364;lkerplage,</l><lb/>
              <l>So zum Kalender auch geho&#x0364;ren &#x017F;chlechte Tage.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Drum wirke, dichte nur am angefangnen weiter,</l><lb/>
              <l>Wenn tru&#x0364;b der Himmel i&#x017F;t, bis er wird wieder heiter.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Der Fro&#x017F;ch allein ver&#x017F;tummt bei ku&#x0364;hler Nacht im Sumpf;</l><lb/>
              <l>Die Nachtigall &#x017F;ingt fort, wenn auch ein wenig dumpf.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0136] 18. Der Sturm der Menſchenwelt bewegt dich wenig nur, Vielmehr verſtoͤrt dich noch das Schwanken der Natur. Als kuͤmmerte dich gar vom Menſchen nicht das Beſte, Wenn nur der Schoͤpfung Gang dir bliebe ſtaͤt und feſte. Doch wie du ſtill dich kannſt bei Schickſalswechſel faſſen, So mußt du endlich auch die Wetterlaunen laſſen; Und merken, daß am Band der Ordnung eine Hand Haͤlt Menſchenwankelmut und Wetterunbeſtand. Und wie zur Weltgeſchicht' Unheil und Voͤlkerplage, So zum Kalender auch gehoͤren ſchlechte Tage. Drum wirke, dichte nur am angefangnen weiter, Wenn truͤb der Himmel iſt, bis er wird wieder heiter. Der Froſch allein verſtummt bei kuͤhler Nacht im Sumpf; Die Nachtigall ſingt fort, wenn auch ein wenig dumpf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/136
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/136>, abgerufen am 23.11.2024.