Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.Und wie den Ueberfluß Uebergenuß verschlingt, Und wie der Ueberdruß aus Ueberfluß entspringt? Wie Drang zu Ueberdrang, Schwung wird zu Ueberschwang, Und schnell zum Bösen ist des Besten Uebergang? Leicht stumpf wird überfein, leicht thöricht überklug, Weil stets ein Gegentheil ins andre überschlug. Schön sei nicht überschön, und hold nicht überhold! Denn Uebergoldung ist im Werth nicht über Gold. Um wirklich gut zu sein, sei selbst nicht übergut; Und wenn der Muth ist dein, werd' er nicht Uebermuth. Denn jeder Trieb verdirbt, wann er wird übertrieben: Auch überschätzen sollst du nichts noch überlieben. Bei Ueberlegung nur darfst du was über-legen; Denn Ueberlegenheit entspringt aus Ueberlegen. Die Ueberlegung doch ist unnütz auch, worüber? Mein Söhnchen, über das, was einmal ist vorüber. Und wie den Ueberfluß Uebergenuß verſchlingt, Und wie der Ueberdruß aus Ueberfluß entſpringt? Wie Drang zu Ueberdrang, Schwung wird zu Ueberſchwang, Und ſchnell zum Boͤſen iſt des Beſten Uebergang? Leicht ſtumpf wird uͤberfein, leicht thoͤricht uͤberklug, Weil ſtets ein Gegentheil ins andre uͤberſchlug. Schoͤn ſei nicht uͤberſchoͤn, und hold nicht uͤberhold! Denn Uebergoldung iſt im Werth nicht uͤber Gold. Um wirklich gut zu ſein, ſei ſelbſt nicht uͤbergut; Und wenn der Muth iſt dein, werd' er nicht Uebermuth. Denn jeder Trieb verdirbt, wann er wird uͤbertrieben: Auch uͤberſchaͤtzen ſollſt du nichts noch uͤberlieben. Bei Ueberlegung nur darfſt du was uͤber-legen; Denn Ueberlegenheit entſpringt aus Ueberlegen. Die Ueberlegung doch iſt unnuͤtz auch, woruͤber? Mein Soͤhnchen, uͤber das, was einmal iſt voruͤber. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0060" n="50"/> <lg n="4"> <l>Und wie den Ueberfluß Uebergenuß verſchlingt,</l><lb/> <l>Und wie der Ueberdruß aus Ueberfluß entſpringt?</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Wie Drang zu Ueberdrang, Schwung wird zu Ueberſchwang,</l><lb/> <l>Und ſchnell zum Boͤſen iſt des Beſten Uebergang?</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Leicht ſtumpf wird uͤberfein, leicht thoͤricht uͤberklug,</l><lb/> <l>Weil ſtets ein Gegentheil ins andre uͤberſchlug.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Schoͤn ſei nicht uͤberſchoͤn, und hold nicht uͤberhold!</l><lb/> <l>Denn Uebergoldung iſt im Werth nicht uͤber Gold.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Um wirklich gut zu ſein, ſei ſelbſt nicht uͤbergut;</l><lb/> <l>Und wenn der Muth iſt dein, werd' er nicht Uebermuth.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Denn jeder Trieb verdirbt, wann er wird uͤbertrieben:</l><lb/> <l>Auch uͤberſchaͤtzen ſollſt du nichts noch uͤberlieben.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Bei Ueberlegung nur darfſt du was uͤber-legen;</l><lb/> <l>Denn Ueberlegenheit entſpringt aus Ueberlegen.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Die Ueberlegung doch iſt unnuͤtz auch, woruͤber?</l><lb/> <l>Mein Soͤhnchen, uͤber das, was einmal iſt voruͤber.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [50/0060]
Und wie den Ueberfluß Uebergenuß verſchlingt,
Und wie der Ueberdruß aus Ueberfluß entſpringt?
Wie Drang zu Ueberdrang, Schwung wird zu Ueberſchwang,
Und ſchnell zum Boͤſen iſt des Beſten Uebergang?
Leicht ſtumpf wird uͤberfein, leicht thoͤricht uͤberklug,
Weil ſtets ein Gegentheil ins andre uͤberſchlug.
Schoͤn ſei nicht uͤberſchoͤn, und hold nicht uͤberhold!
Denn Uebergoldung iſt im Werth nicht uͤber Gold.
Um wirklich gut zu ſein, ſei ſelbſt nicht uͤbergut;
Und wenn der Muth iſt dein, werd' er nicht Uebermuth.
Denn jeder Trieb verdirbt, wann er wird uͤbertrieben:
Auch uͤberſchaͤtzen ſollſt du nichts noch uͤberlieben.
Bei Ueberlegung nur darfſt du was uͤber-legen;
Denn Ueberlegenheit entſpringt aus Ueberlegen.
Die Ueberlegung doch iſt unnuͤtz auch, woruͤber?
Mein Soͤhnchen, uͤber das, was einmal iſt voruͤber.
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