Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.52. Am Tag des Glückes wird ein kühner Sprung dir glücken, Am Tag des Unglücks stürzt ein Fehltritt von der Brücken. Drum meide jeder Frist den Fehltritt! denn du bist Nie sicher, ob dein Unglücks- oder Glückstag ist. Am Unglückstage wirst du desto sichrer wallen, Und auch am Glückstag macht Vorsichtigkeit nicht fallen. 53. Warum verehrst du den? Weil ihn soviel verehren. Das Beispiel ists wodurch einander Thoren lehren. Hier ehrt dich einer erst, und dort ein andrer dann, Und endlich bist du ein verehrungswürdiger Mann. Warum? weiß keiner zwar, doch jeder glaubt gewis, Der andre wiss' es schon, und ihm genüge dis. 52. Am Tag des Gluͤckes wird ein kuͤhner Sprung dir gluͤcken, Am Tag des Ungluͤcks ſtuͤrzt ein Fehltritt von der Bruͤcken. Drum meide jeder Friſt den Fehltritt! denn du biſt Nie ſicher, ob dein Ungluͤcks- oder Gluͤckstag iſt. Am Ungluͤckstage wirſt du deſto ſichrer wallen, Und auch am Gluͤckstag macht Vorſichtigkeit nicht fallen. 53. Warum verehrſt du den? Weil ihn ſoviel verehren. Das Beiſpiel iſts wodurch einander Thoren lehren. Hier ehrt dich einer erſt, und dort ein andrer dann, Und endlich biſt du ein verehrungswuͤrdiger Mann. Warum? weiß keiner zwar, doch jeder glaubt gewis, Der andre wiſſ' es ſchon, und ihm genuͤge dis. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0047" n="37"/> <div n="2"> <head>52.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Am Tag des Gluͤckes wird ein kuͤhner Sprung dir gluͤcken,</l><lb/> <l>Am Tag des Ungluͤcks ſtuͤrzt ein Fehltritt von der Bruͤcken.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Drum meide jeder Friſt den Fehltritt! denn du biſt</l><lb/> <l>Nie ſicher, ob dein Ungluͤcks- oder Gluͤckstag iſt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Am Ungluͤckstage wirſt du deſto ſichrer wallen,</l><lb/> <l>Und auch am Gluͤckstag macht Vorſichtigkeit nicht fallen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>53.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Warum verehrſt du den? Weil ihn ſoviel verehren.</l><lb/> <l>Das Beiſpiel iſts wodurch einander Thoren lehren.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Hier ehrt dich einer erſt, und dort ein andrer dann,</l><lb/> <l>Und endlich biſt du ein verehrungswuͤrdiger Mann.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Warum? weiß keiner zwar, doch jeder glaubt gewis,</l><lb/> <l>Der andre wiſſ' es ſchon, und ihm genuͤge dis.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [37/0047]
52.
Am Tag des Gluͤckes wird ein kuͤhner Sprung dir gluͤcken,
Am Tag des Ungluͤcks ſtuͤrzt ein Fehltritt von der Bruͤcken.
Drum meide jeder Friſt den Fehltritt! denn du biſt
Nie ſicher, ob dein Ungluͤcks- oder Gluͤckstag iſt.
Am Ungluͤckstage wirſt du deſto ſichrer wallen,
Und auch am Gluͤckstag macht Vorſichtigkeit nicht fallen.
53.
Warum verehrſt du den? Weil ihn ſoviel verehren.
Das Beiſpiel iſts wodurch einander Thoren lehren.
Hier ehrt dich einer erſt, und dort ein andrer dann,
Und endlich biſt du ein verehrungswuͤrdiger Mann.
Warum? weiß keiner zwar, doch jeder glaubt gewis,
Der andre wiſſ' es ſchon, und ihm genuͤge dis.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/47>, abgerufen am 05.07.2024. |