Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.11. Ich dachte nun erst warm im Alter dich zu pflegen, Und muß statt aller Pfleg' ins kalte Grab dich legen. Die Zinsen dacht' ich erst der Schuld dir abzutragen Der Sohnesdankbarkeit, statt dich ins Grab zu tragen. Gott nimmt den Willen für die That; nicht mir beschieden War's, dir zu schaffen Ruh; er schuf dir Ruh und Frieden. 12. Oft zu verspotten scheint das Schicksal unsern Plan, Doch wir verspotten es, es ist uns unterthan. Mit Liebe dacht' ich dein an einem stillen Abend, Den Lebensabend malt' ich dir so still und labend. Du solltest leben, bis ich meinen Sohn vermählte, Und ein Urenkel noch ein Mährchen dir erzählte. Das sollte trösten dich für jeglichen Verlust, Und blüh'n seh'n solltest du noch einmal deine Lust. 11. Ich dachte nun erſt warm im Alter dich zu pflegen, Und muß ſtatt aller Pfleg' ins kalte Grab dich legen. Die Zinſen dacht' ich erſt der Schuld dir abzutragen Der Sohnesdankbarkeit, ſtatt dich ins Grab zu tragen. Gott nimmt den Willen fuͤr die That; nicht mir beſchieden War's, dir zu ſchaffen Ruh; er ſchuf dir Ruh und Frieden. 12. Oft zu verſpotten ſcheint das Schickſal unſern Plan, Doch wir verſpotten es, es iſt uns unterthan. Mit Liebe dacht' ich dein an einem ſtillen Abend, Den Lebensabend malt' ich dir ſo ſtill und labend. Du ſollteſt leben, bis ich meinen Sohn vermaͤhlte, Und ein Urenkel noch ein Maͤhrchen dir erzaͤhlte. Das ſollte troͤſten dich fuͤr jeglichen Verluſt, Und bluͤh'n ſeh'n ſollteſt du noch einmal deine Luſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0284" n="274"/> <div n="2"> <head>11.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ich dachte nun erſt warm im Alter dich zu pflegen,</l><lb/> <l>Und muß ſtatt aller Pfleg' ins kalte Grab dich legen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Die Zinſen dacht' ich erſt der Schuld dir abzutragen</l><lb/> <l>Der Sohnesdankbarkeit, ſtatt dich ins Grab zu tragen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Gott nimmt den Willen fuͤr die That; nicht mir beſchieden</l><lb/> <l>War's, dir zu ſchaffen Ruh; er ſchuf dir Ruh und Frieden.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>12.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Oft zu verſpotten ſcheint das Schickſal unſern Plan,</l><lb/> <l>Doch wir verſpotten es, es iſt uns unterthan.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Mit Liebe dacht' ich dein an einem ſtillen Abend,</l><lb/> <l>Den Lebensabend malt' ich dir ſo ſtill und labend.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Du ſollteſt leben, bis ich meinen Sohn vermaͤhlte,</l><lb/> <l>Und ein Urenkel noch ein Maͤhrchen dir erzaͤhlte.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Das ſollte troͤſten dich fuͤr jeglichen Verluſt,</l><lb/> <l>Und bluͤh'n ſeh'n ſollteſt du noch einmal deine Luſt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [274/0284]
11.
Ich dachte nun erſt warm im Alter dich zu pflegen,
Und muß ſtatt aller Pfleg' ins kalte Grab dich legen.
Die Zinſen dacht' ich erſt der Schuld dir abzutragen
Der Sohnesdankbarkeit, ſtatt dich ins Grab zu tragen.
Gott nimmt den Willen fuͤr die That; nicht mir beſchieden
War's, dir zu ſchaffen Ruh; er ſchuf dir Ruh und Frieden.
12.
Oft zu verſpotten ſcheint das Schickſal unſern Plan,
Doch wir verſpotten es, es iſt uns unterthan.
Mit Liebe dacht' ich dein an einem ſtillen Abend,
Den Lebensabend malt' ich dir ſo ſtill und labend.
Du ſollteſt leben, bis ich meinen Sohn vermaͤhlte,
Und ein Urenkel noch ein Maͤhrchen dir erzaͤhlte.
Das ſollte troͤſten dich fuͤr jeglichen Verluſt,
Und bluͤh'n ſeh'n ſollteſt du noch einmal deine Luſt.
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