Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.177. Es ist nicht immer noth, (der Meister hats gesprochen) Daß Wahres werd' ein Leib, ein Leib mit Fleisch und Knochen. Wenn geistig in der Luft es schwebt, genügt es schon, Wie, Herzen stimmend, sanft und ernst, ein Glockenton. 178. Es ist ein wahres Wort: der Künstler wird geboren; Doch jede Wahrheit wird Irrthum im Mund der Thoren. Geboren wird mit ihm der Kunsttrieb, nicht die Kunst; Die Bildung ist sein Werk, die Anlag' Himmelsgunst. Geboren zur Vernunft, ist auch nicht gleich vernünftig Der Mensch, doch wenn er fein dazu thut, wird ers künftig. 177. Es iſt nicht immer noth, (der Meiſter hats geſprochen) Daß Wahres werd' ein Leib, ein Leib mit Fleiſch und Knochen. Wenn geiſtig in der Luft es ſchwebt, genuͤgt es ſchon, Wie, Herzen ſtimmend, ſanft und ernſt, ein Glockenton. 178. Es iſt ein wahres Wort: der Kuͤnſtler wird geboren; Doch jede Wahrheit wird Irrthum im Mund der Thoren. Geboren wird mit ihm der Kunſttrieb, nicht die Kunſt; Die Bildung iſt ſein Werk, die Anlag' Himmelsgunſt. Geboren zur Vernunft, iſt auch nicht gleich vernuͤnftig Der Menſch, doch wenn er fein dazu thut, wird ers kuͤnftig. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0264" n="254"/> <div n="2"> <head>177.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Es iſt nicht immer noth, (der Meiſter hats geſprochen)</l><lb/> <l>Daß Wahres werd' ein Leib, ein Leib mit Fleiſch und Knochen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wenn geiſtig in der Luft es ſchwebt, genuͤgt es ſchon,</l><lb/> <l>Wie, Herzen ſtimmend, ſanft und ernſt, ein Glockenton.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>178.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Es iſt ein wahres Wort: der Kuͤnſtler wird geboren;</l><lb/> <l>Doch jede Wahrheit wird Irrthum im Mund der Thoren.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Geboren wird mit ihm der Kunſttrieb, nicht die Kunſt;</l><lb/> <l>Die Bildung iſt ſein Werk, die Anlag' Himmelsgunſt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Geboren zur Vernunft, iſt auch nicht gleich vernuͤnftig</l><lb/> <l>Der Menſch, doch wenn er fein dazu thut, wird ers kuͤnftig.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [254/0264]
177.
Es iſt nicht immer noth, (der Meiſter hats geſprochen)
Daß Wahres werd' ein Leib, ein Leib mit Fleiſch und Knochen.
Wenn geiſtig in der Luft es ſchwebt, genuͤgt es ſchon,
Wie, Herzen ſtimmend, ſanft und ernſt, ein Glockenton.
178.
Es iſt ein wahres Wort: der Kuͤnſtler wird geboren;
Doch jede Wahrheit wird Irrthum im Mund der Thoren.
Geboren wird mit ihm der Kunſttrieb, nicht die Kunſt;
Die Bildung iſt ſein Werk, die Anlag' Himmelsgunſt.
Geboren zur Vernunft, iſt auch nicht gleich vernuͤnftig
Der Menſch, doch wenn er fein dazu thut, wird ers kuͤnftig.
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