Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.Zuletzt umfragend nun kommt er zum Bethaus hin; Der Fürst der Gläubigen, so hört er, schläft darin. Und schlafen sieht er ihn am Boden in der Ecke, Und wundert sich, daß ihn kein goldner Himmel decke. Was ist das für ein Fürst, spricht er in hehrem Muth, Der ohne Menschenhut im Gotteshause ruht? Doch Omar wachet auf, und zeigt in seinem Blicke Das seiner Macht von Gott vertraute Weltgeschicke. 173. In allen Zonen hat geblüht und blüht noch jetzt Ein Allgemeines, nur mit Oertlichem versetzt. Die Menschen sind getheilt in Volks- und Glaubenszunft, Doch ihr Gemeinsames ist menschliche Vernunft. Je mehr vom Zwang der Zunft sich die Vernunft befreit,
Je weitres Feld gewinnt die reine Menschlichkeit. Zuletzt umfragend nun kommt er zum Bethaus hin; Der Fuͤrſt der Glaͤubigen, ſo hoͤrt er, ſchlaͤft darin. Und ſchlafen ſieht er ihn am Boden in der Ecke, Und wundert ſich, daß ihn kein goldner Himmel decke. Was iſt das fuͤr ein Fuͤrſt, ſpricht er in hehrem Muth, Der ohne Menſchenhut im Gotteshauſe ruht? Doch Omar wachet auf, und zeigt in ſeinem Blicke Das ſeiner Macht von Gott vertraute Weltgeſchicke. 173. In allen Zonen hat gebluͤht und bluͤht noch jetzt Ein Allgemeines, nur mit Oertlichem verſetzt. Die Menſchen ſind getheilt in Volks- und Glaubenszunft, Doch ihr Gemeinſames iſt menſchliche Vernunft. Je mehr vom Zwang der Zunft ſich die Vernunft befreit,
Je weitres Feld gewinnt die reine Menſchlichkeit. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0260" n="250"/> <lg n="9"> <l>Zuletzt umfragend nun kommt er zum Bethaus hin;</l><lb/> <l>Der Fuͤrſt der Glaͤubigen, ſo hoͤrt er, ſchlaͤft darin.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Und ſchlafen ſieht er ihn am Boden in der Ecke,</l><lb/> <l>Und wundert ſich, daß ihn kein goldner Himmel decke.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Was iſt das fuͤr ein Fuͤrſt, ſpricht er in hehrem Muth,</l><lb/> <l>Der ohne Menſchenhut im Gotteshauſe ruht?</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Doch Omar wachet auf, und zeigt in ſeinem Blicke</l><lb/> <l>Das ſeiner Macht von Gott vertraute Weltgeſchicke.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>173.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>In allen Zonen hat gebluͤht und bluͤht noch jetzt</l><lb/> <l>Ein Allgemeines, nur mit Oertlichem verſetzt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Die Menſchen ſind getheilt in Volks- und Glaubenszunft,</l><lb/> <l>Doch ihr Gemeinſames iſt menſchliche Vernunft.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Je mehr vom Zwang der Zunft ſich die Vernunft befreit,</l><lb/> <l>Je weitres Feld gewinnt die reine Menſchlichkeit.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [250/0260]
Zuletzt umfragend nun kommt er zum Bethaus hin;
Der Fuͤrſt der Glaͤubigen, ſo hoͤrt er, ſchlaͤft darin.
Und ſchlafen ſieht er ihn am Boden in der Ecke,
Und wundert ſich, daß ihn kein goldner Himmel decke.
Was iſt das fuͤr ein Fuͤrſt, ſpricht er in hehrem Muth,
Der ohne Menſchenhut im Gotteshauſe ruht?
Doch Omar wachet auf, und zeigt in ſeinem Blicke
Das ſeiner Macht von Gott vertraute Weltgeſchicke.
173.
In allen Zonen hat gebluͤht und bluͤht noch jetzt
Ein Allgemeines, nur mit Oertlichem verſetzt.
Die Menſchen ſind getheilt in Volks- und Glaubenszunft,
Doch ihr Gemeinſames iſt menſchliche Vernunft.
Je mehr vom Zwang der Zunft ſich die Vernunft befreit,
Je weitres Feld gewinnt die reine Menſchlichkeit.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |